Porsche Taycan: Höher, schneller, weiter
Der Taycan war schon bisher ein beeindruckendes Elektroauto. Aber Porsche ist ehrgeizig und wollte es nicht dabei belassen.
Als Porsche erstmals mit einem rein elektrischen Auto auf dem Markt erschien, war das kein Sportwagen, sondern eine Limousine. Porsche sieht das freilich anders und nennt den Taycan Sportwagen. Wie dem auch sei, das Ding war von Anfang an viertürig, stattliche fünf Meter lang und 2,3 Tonnen schwer. Es ähnelte dem Panamera.
auto touring urteilte damals (2020) im Test: "Fahrdynamisch bewegt sich der Taycan auf gewohnt hohem Porsche-Niveau, lediglich das hohe Gewicht lässt sich nicht immer verheimlichen."
Der damals getestete Taycan Turbo S bot eine Spitzenleistung von bis zu 560 kW (entspricht 761 PS) und ein höchstes Drehmoment von mehr als 1.000 Newtonmeter.
2024 nun, fast 150.000 ausgelieferte Taycan später (davon 867 in Österreich), steht der Nachfolger am Start – keine Neuentwicklung, aber ein in allen Belangen stark überarbeitetes Modell. Wie bisher ist der Taycan als Limousine, Sport Turismo und Cross Turismo erhältlich.
Was ist neu?
Kevin Giek, bei Porsche für die Baureihe verantwortlich, betont, dass mehr als die Hälfte der Entwicklungskosten für die jüngste Überarbeitung in die Verbesserung von Performance und Energieeffizienz geflossen sind. Nur 16% ins Design, deswegen sieht der neue Taycan auf den ersten Blick nicht viel anders aus als der alte.
Die Reichweite soll um rund 35% gesteigert worden sein, die Höchstleistung stieg beim Grundmodell von 240 auf 300 kW (408 PS), beim Turbo S von 560 auf 570 kW (775 PS), im Extremfall sogar bis 700 kW (952 PS). Und leichter wurde der Taycan – das Topmodell um 15 Kilo. Antriebsstrang und Hochvolt-Batterie sind ebenso neu wie der Hinterachsmotor und das Fahrwerk.
Giek: "Eine komplett überarbeitete Lade-Technologie ermöglicht uns nun Ladeströme bis 400 Ampere. Die Ladeleistung steigt damit um 50 kW und liegt damit im Peak bei 320 kW. Die Ladezeit von 10% auf 80% SOC reduziert sich auf nur noch 18 Minuten. Bei einer Außentemperatur von 15°C bedeutet dies sogar eine Halbierung der Ladezeit gegenüber heute. In 10 Minuten lassen sich damit bis zu 315 km nachladen. Außerdem startet der Ladevorgang jetzt deutlich früher als bisher."
Außerdem hat Porsche dem Taycan neue Kotflügel, eine neue Frontschürze und neue, flachere Scheinwerfer spendiert, um "das klare und puristische Design vom Taycan weiter zu schärfen", wie Marin Nebe, Manager Body System, erklärt.
Die Scheinwerfer sind flacher geworden und enthalten (in den HD-Matrix-Lichtern der Turbo-Taycans) 32.000 Pixel, die individuell angesteuert werden können – das bringt bis zu 600 Meter Sichtweite bei völliger Dunkelheit, ohne den Gegenverkehr zu blenden, und kann einen "Lichtteppich" erzeugen, um dem Fahrer, der Fahrerin exakt die Spur zu zeigen, der er oder sie folgen soll – insbesondere in Baustellenbereichen.
Taycan von A bis L
Antrieb
Beginnen wir mit der Negativbeschleunigung: Die Rekuperationsleistung beim Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten wurde erhöht und liegt nun bei bis zu 400 kW. Aber auch die positive Beschleunigung wurde verbessert, dafür steht die Zahl 2,4: So viele Sekunden braucht der Taycan Turbo S von 0 auf 100 km/h.
Der neue E-Motor an der Hinterachse des Allradlers bietet 80 kW mehr Leistung und 40 Nm mehr Drehmoment bei 10 Kilo weniger Gewicht. Eine Taste im Lenkrad ermöglicht die Push-to-Pass-Funktion, bekannt aus der Formel E: Für zehn Sekunden stehen bis zu 70 kW mehr Motorleistung zur Verfügung, sie kann also auf Knopfdruck von normalerweise 570 auf 640 kW (870 PS) erhöht werden – etwa bei Überholmanövern, die man eigentlich besser bleiben lassen sollte.
Wird beim Losfahren aus dem Stand der Launch Control Overboost aktiviert, stehen kurzfristig sogar 700 kW zur Verfügung. Wozu es gut sein soll, in knapp zweieinhalb Sekunden aus dem Stand Tempo 100 zu erreichen, verrät Porsche nicht.
Fahrwerk
Das Allradsystem wurde überarbeitet und auch am Rollwiderstand der Rad-Reifen-Kombination wurde gearbeitet. Neu ist die Option Porsche Active Ride, ein elektronisch gesteuertes Fahrwerk mit je einer Motor-Pumpen-Einheit an Vorder- und Hinterachse. Wen Querkräfte stören, der kann den Taycan anweisen, sich in Kurven zu legen wie ein Motorrad, um der Neigung der Karosserie nach außen entgegenzuwirken. Eine sogenannte Helikopterfunktion überkompensiert Nickbewegungen des Wagens beim starken Beschleunigen und starken Abbremsen, sodass weder das Heck noch der Vorderwagen "eintauchen".
Die Active Skyhook genannte Funktion hält den Wagenkörper generell so weit wie möglich unbeeinflusst von allen Fahrwerks-Anregungen. Und wenn man den Türgriff angreift, kann der ganze Taycan sich in einer halben Sekunde um 55 mm anheben, um so das Einsteigen zu erleichtern.
Lademanagement
"Der neue Taycan lädt von 10 auf 80 Prozent in 80 Minuten – knapp vier Minuten weniger als der Vorgänger", sagt Sarah Razavi, zuständig für das Energie- und Ladesystem im Taycan. "Das Schöne ist: Wir laden nicht nur schneller, wir starten auch den Ladevorgang schneller. Dank neuem Onboard-Charger können wir an der Schnellladesäule 17 Sekunden einsparen, bis der Ladevorgang startet. Weiter 315 km laden wir in nur 10 Minuten Ladezeit nach. Das sind stolze 90 km mehr als in der aktuellen Serie."
Anhand eines Beispiels erläutert sie die Vorzüge des verbesserten Systems: "Nehmen wir an, Sie und Ihr bester Freund fahren über das Wochenende nach Barcelona. Ihr Freund fährt im aktuellen Serien-Taycan, Sie den neuen Taycan. Bis nach Barcelona sind es von Stuttgart aus knapp 1.300 km. Ihr Freund mit dem aktuellen Taycan wird knapp fünf Ladestopps brauchen, bis er in Barcelona ankommt. Dank der gesteigerten Reichweite brauchen Sie nur drei Ladestopps und sind knapp 40 Minuten vor Ihrem Freund im Hotel." Gut, als Testfahrt ist das vorstellbar, als konkretes Fallbeispiel aus der Praxis eher nicht. Jedenfalls zeigt es, was Detailarbeit im Lademanagement bringt – und das macht ja nicht nur Porsche, sondern jeder Hersteller moderner Elektroautos.
Bei der Schnellladestrategie auf längeren Fahrten wird Taycan-Fahrenden vom eingebauten Charging Planner geholfen. Zusammen mit der Online-Routenplanung berechnet er empfohlene Ladestopps und konditioniert die Batterie auf die optimale Temperatur zum Zeitpunkt der Ankunft bei der Ladesäule.