Langsamer als der Schall
Der Ford Mustang Mach 1 ist ein Angeber und nicht mehr zeitgemäß.
Peter Pisecker über einen amerikanischen Sportwagen alter Schule.
Ernst Mach war schon seit 53 Jahren tot, als Ford einem Auto seinen Namen gab. Mach 1 nannte die Company eine Fastback-Variante der dritten Mustang-Generation mit wahlweise 5,8-, 6,4- oder Siebenliter-V8-Motor. Damit sollte wohl die enorme Geschwindigkeit signalisiert werden, die diese Sportversion erzielte: Atemberaubende 120 Meilen pro Stunde sind überliefert (193 km/h).
Ernst Mach (1838–1916) war ein österreichischer Physiker, nach ihm ist die Mach-Zahl benannt. Diese ist nicht gleichzusetzen mit der absoluten Geschwindigkeit des Schalls – eine solche existiert nicht –, sondern beschreibt die Geschwindigkeit (z.B. eines Körpers) im Verhältnis zur Schallgeschwindigkeit eines diesen Körper umgebenden Stoffes, etwa der Luft. Bei minus 50 Grad Lufttemperatur ist Mach 1 gleich 1080 km/h, bei plus 20 Grad 1235 km/h.
Hubraum statt Wohnraum
Ford hat also 1969 ganz schön aufgeschnitten, von der Schallgeschwindigkeit war der Mustang Mach 1 damals weit entfernt und blieb es auch. Er war auch nie der stärkste Mustang – seine Motorleistung blieb im Laufe der verschiedenen Generationen stets der jener Varianten unterlegen, die den Namen Shelby tragen durften. Der Texaner Carroll Shelby war treibende Kraft hinter dem Le-Mans-Siegerauto Ford GT40, sein Name stand jahrzehntelang für Mustangs, die mit zusätzlichen PS aufgepumpt waren.
Mustang Mach 1 also, Modelljahr 2024. Die Farbe heißt Fighter Jet Grey und steht ihm gut, besonders mit dem breiten mattschwarzen Streifen auf der Motorhaube und den orangefarbenen Akzenten. Das Auto ist ein 2+2-Sitzer – theoretisch könnte jemand hinten sitzen, wenn man nur hineinkäme: Das Vorbeugen und Vorrücken der Vordersitze ist so schwierig und mühsam, dass man’s besser bleiben lässt; nicht einmal Jacken oder kleine Sackerln sind leicht nach hinten zu schupfen und noch schwerer wieder zu bergen.
Was zählt, ist der Motor: alte Schule. Ein großer V8 mit 5 Liter Hubraum und einer Leistung von 460 PS. Ja, korrekt: Zeitgemäß ist das in der Ära der Klimaerwärmung nicht mehr, wir müssen auch einen Durchschnittsverbrauch von 10,3 Liter Benzin je 100 km im Testzeitraum gestehen, schafften es aber teilweise wenigstens, auf 8,6 Liter runterzukommen.
Im Wandel der Zeit
Im Übrigen ist der Mustang Mach 1 weniger ein Sportwagen als ein großer, de facto zweisitziger Tourer, also Reiseauto, mit überraschend geräumigem Kofferraum – jedenfalls für zwei Personen. Sein bevorzugtes Revier sind lange Autobahnfahrten mit eingespanntem sechsten Gang, knapp über Leerlaufdrehzahl, oder gut ausgebaute Landstraßen. Wird’s allzu eng und kurvig, werden Größe und Breite des Fahrzeugs spürbar, die Lenkung ist zwar angenehm leichtgängig und präzise, aber nicht extrem direkt übersetzt.
Nicht zu vergessen: Der Mustang Mach 1 hat ein manuelles Getriebe, dessen Gangwechsel einigermaßen schwergängig von der Hand gehen, auch die Kupplung ist nicht für zartes Drauftreten konzipiert. Eine Zeitlang unterhaltsam ist der automatische Gasstoß beim Runterschalten, der Zwischengas simulieren soll. Er lässt sich nicht ausschalten und wird irgendwann als überflüssig empfunden.
Die Bezeichnung Mach 1 hielt sich auch über die 1970er-Jahre, als der Mustang drastisch "downgesized" wurde und sich als Mustang II nicht mehr gut verkaufte. 1979 verschwand der Name Mach 1 mit dem so genannten "Foxbody-Mustang" aus der Modellreihe und wurde erst 2003 wieder eingeführt.
Als Ford 2016 den Mustang erstmals offiziell nach Österreich importierte (Sattelt die Pferde – in dieser Geschichte findet sich auch die komplette Mustang-Historie), gab es zwar keinen Mach 1, aber als Trost zwei Jahre später den Mustang Bullitt (Bullitt – 50 Jahre später).
Für Irritation sorgte Ford 2019 mit seiner Entscheidung, das damals neu vorgestellte Elektro-SUV ebenfalls Mustang zu nennen, allerdings nicht Mach 1, sondern Mach-E (L.A. – Auto Show). Bei Mustang-Fans kam das eher nicht so gut an, spontan verbreiteten sich die Hashtags #NotAMustang and #StopCallingItAMustang auf Twitter. Die Notwendigkeit ausgerechnet dieser Namensgebung ist auch heute, Jahre später, nicht ganz nachzuvollziehen. Allerdings hielt das die auto touring-Redaktion nicht davon ab, die Unterschiede zwischen Mach 1 (V8-Motor) und Mach-E (Elektroantrieb) in einer eigenen Story herauszuarbeiten: Neu auf der Koppel