Günstig und klein wird nicht mehr sein

Die Teuerung schlägt in allen Lebensbereichen zu. Beim Autokauf ist das besonders schmerzhaft. Zusätzlich verschwinden viele günstige Modellreihen vom Markt. Warum ist das so?

Ein neues Auto um 10.000 Euro ist mittlerweile Geschichte – zumindest wenn es ein Neuwagen sein soll. Hohe bis exorbitante Preissteigerungen in den günstigen Klassen oder sogar die Einstellung ganzer Modellreihen sind mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme.

VW up! und die Technikbrüder Škoda Citigo sowie Seat Mii: Produktion beendet. Ebenso Peugeot 108 und der baugleiche Citroën C1. Folgen werden auch Topseller von Ford wie der Fiesta und 2025 der kompakte Focus.

Zusätzlich ist das Feilschen um hohe Rabatte de facto unmöglich geworden. Ein Nachlass auf den Neuwagen-Listen­preis, wie er bis vor einigen Jahren noch öfters gewährt wurde, ist mittlerweile Schnee von gestern.

Aus Sicht der Hersteller logisch: Warum sollten sie beim Preis nachlassen, wenn sie sowieso Schwierigkeiten haben, genügend Autos zu produzieren und auszuliefern.

Immer teurer

Die Gründe dieser Entwicklung sind vielfältig: Gestiegene Produktionskosten, teure Energie und Rohstoffe schlagen vor allem bei günstigen Modellen überproportional zu Buche und machen sie immer weniger profitabel. Auch neue verpflichtende Assistenzsysteme wie Notbremssysteme, Spurhalteassistenten oder Tempolimiterkennung sorgen für empfindlich höhere Kosten.

Insgesamt neun neue Systeme müssen seit vergangenem Jahr bei neu typisierten Modellen an Bord sein, ab Juli 2024 sind sie Pflicht bei allen Neuwagen. Bei günstigen Autos fällt der Mehrpreis dafür verhältnismäßig stärker ins Gewicht als bei teureren.

Hohe Entwicklungskosten

Bei Hyundai Österreich sieht man das teilweise kritisch. Geschäftsführer Roland Punzengruber: "Zu hohe Entwicklungskosten aufgrund der überbordenden Regularien der EU bei überschaubaren Absatzzahlen führen zu wenig interessanten Umsatzrenditen."

Ähnlich sieht das auch Alexander Struckl, Chef von Kia Austria. "Die – zu einem Gutteil auch gesetzlich erzwungenen – Innovationen treffen kleine, günstige und bislang tendenziell eher mager ausgestattete Modelle härter als die Mittel- und Oberklasse. Auch die Elektrifizierung macht die Autos generell nicht billiger."

Nicht zu unterschätzen sind auch die seit der Pandemie begrenzten Schiffskapazitäten und die damit einhergehenden Frachtkosten. René Wagner, bei der Denzel Autoimport GmbH Geschäftsführer von Mitsubishi: "Da es sich dabei um Fixkosten pro Fahrzeug handelt, ist die Preiserhöhung bei günstigen Neuwagen prozentuell gesehen natürlich am stärksten spürbar."

Die stark gestiegenen Preise für Energie und Rohstoffe beeinflussen die Produktionskosten enorm.

Heimo Egger,
Geschäftsführer Mazda Österreich

Strom für alle

Den Trend zu teuren E-Autos sieht ÖAMTC-Mitglied Britta Cernelic, Besitzerin eines betagten Škoda Fabia, kritisch: "Ich sehe nicht, wie E-Autos auf absehbare Zeit für die breite Masse erschwinglich werden sollen."

Ihre Bitte an die Hersteller: "Lasst uns ein paar solide günstige Kleinwagen, mit denen wir mobil bleiben können."

Das wird aber schwierig: Derzeit befindet sich die zukünftige Abgasnorm Euro 7 in Verhandlung. Diese wird weitere eklatante Verschärfungen bringen, die zu weiteren Preissteigerungen führen werden.

Der Umstieg auf ein Elektro-Auto ist für viele Menschen leider kaum bezahlbar.

Britta Cernelic,
Werbetexterin

Gebrauchte Alternative

Beim Autokauf zu einem Gebrauchten statt einem fabriksneuen Autos zu greifen macht mittlerweile auch keinen Spaß mehr. Der Gebrauchtwagenpreis-Index der Plattform AutoScout24 weist für Österreich in den beiden letzten Jahren exorbitante Preissteigerungen aus. Kostete der durchschnittliche Gebrauchtwagen im November 2020 noch 20.900 Euro, kletterte der Preis im Februar 2023 auf 28.600 Euro – eine Steigerung von 37 Prozent.

Die Gründe dafür: Mit den Lieferschwierigkeiten bei Neuwagen durch die weltweiten Lockdowns (Stichwort ­fehlende Teile für die Produktion) stieg die Nach­frage für Gebrauchte sprunghaft an. Auch das fast gänzliche Verschwinden von Rabatten beim Neuwagenkauf heizte die Gebraucht­wagenpreise zusätzlich an.

Aktuell geht die Tendenz zwar wieder leicht nach unten. "Die Preise befinden sich dennoch auf einem sehr hohen Niveau. Auch wenn die Preise weiter fallen, ist nicht davon auszugehen, dass sie das Vorkrisenniveau in absehbarer Zeit wieder erreichen werden", konstatiert Nikolaus Menches, Geschäftsführer von AutoScout24 Österreich.

Die Preissteigerung bei den Gebrauchten

Euro 7: Neuwagenpreise werden weiter steigen

Schärfere Abgasnorm. Im November 2022 legte die EU-Kommission ihren Vorschlag zur neuen Abgasnorm Euro 7 vor, die mit Stand heute am 1. Juli 2025 in Kraft treten soll. Auf den ersten Blick halten sich die Verschärfungen zu Euro 6 im Rahmen. So werden die Emissions-Grenzwerte für alle Antriebsarten an den niedrigsten Euro-6-Wert angeglichen.

Auf den zweiten Blick aber sind die Verschärfungen gravierend, sagt ÖAMTC-Cheftechniker Thomas Hametner. So sinkt der Durchmesser der zu messenden Feinstaubpartikel von 23 auf 10 Nanometer. "Das kommt beinahe einer Halbierung des Grenzwerts gleich", so Hametner.

Bis jetzt mussten die Emissionen am Rollenprüfstand und bei einer RDE (Real Driving Emissions)-Messfahrt eingehalten werden. Zukünftig wird nicht mehr nach vorbestimmten RDE-Regeln geprüft, sondern beliebig. Es gilt "any-driving". Ein hoher Autobahnanteil mit "Sägezahn"-Fahrprofil ist genauso möglich wie Kurzstrecken. Kopfzerbrechen bereiten auch die erweiterten Prüfbedingungen.

Künftig können Autos bis 160 km/h, 1.800 Meter Seehöhe oder –10°C Außentemperatur geprüft werden. Kommt eine dieser Bedingungen zur Anwendung, gilt ein (geringer) Toleranzfaktor von 1,6.

"Bedeutet: Alle Autos werden künftig so entwickelt, dass sie vollbepackt, mit Anhänger und bei –10°C die Großglockner Hochalpenstraße hinauf alle Werte einhalten, selbst wenn das Auto nie einen Berg sieht", zeigt sich Hametner erstaunt. "Damit das gelingt, wird jeder Pkw ein 48-Volt-Mild­hybridsystem und größere Katalysatoren benötigen."

Schaltgetriebe wird es auch keine mehr geben, um verbrauchsinten­sives Fahrverhalten bei den Tests zu verhindern. VW-Technik-Vorstand Thomas Schmall über Euro 7: "Für die unteren Klassen ist das eine 'major challenge'." Mehr Technik, höhere Kosten.

Um wie viel, hängt davon ab, wen man fragt. VW rechnet mit Kostensteigerungen von bis zu 3.000 Euro pro Pkw, die EU-Kommission lediglich mit 90 bis 150 Euro. Für Hametner "völlig illusorisch".