E_SUVs_VTest_er057.jpg Erich Reismann
© Erich Reismann
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Januar 2020

High Society

Bei den elektrischen SUV war Tesla lange Zeit allein auf weiter Flur. Mittlerweile gibt es ordentlich Konkurrenz. Nach Jaguar steigen nun auch Audi und Mercedes in den Ring. 

Die Elektrifizierung hat in den oberen Fahrzeug-Segmenten begonnen. Dort, wo ein paar Tausend Euro mehr beim potenziellen Käufer keine große Rolle spielen. Der Elektro-Pionier Tesla hat vor vier Jahren mit seinem Model X, einem SUV mit spektakulären Flügeltüren, großes Aufsehen erregt. Vor zwei Jahren startete Jaguar seine sportliche Interpretation eines Allrad-SUV, den I-Pace. Und seit Kurzem sind Audi e-tron und Mercedes-Benz EQC die neuesten Vertreter auf dem Spielfeld der vollelektrischen SUV.

Alle Kandidaten im Vergleichstest haben zwei E-Motoren (jeweils an der Vorder- und Hinterachse) und damit Allrad-Antrieb, zumindest 294 kW Leistung (das waren einmal 400 PS) und Akkus mit Kapazitäten zwischen 80 und 100 Kilowattstunden. Damit erübrigt sich beinahe die Frage nach der Beschleunigung ("ausreichend"), nicht aber nach der Reichweite – speziell im Winter. Da trifft es sich gut, dass wir Verbrauch und Reich­weite bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt getestet haben.

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E-Autos sind teuer. So kostet der günstigste Testkandidat, der Mercedes, ab 75.500 Euro. Nimmt man aber ein vergleichbares Modell, etwa den Mercedes GLC, mit einem starken Dieselmotor und ebenfalls Allradantrieb, re­lativiert sich der Preis. Das Niveau zwischen E-Autos und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor hat sich in der Oberklasse bereits angeglichen, zumal die elektrischen SUV schon in der Basisvariante gut ausgestattet sind. So sind hochwertige Navigationssysteme bei jedem Testkandidaten serienmäßig an Bord. Das ist vor allem hinsichtlich der Routenberechnung samt der dafür notwendigen Ladestopps bei E-Autos sinnvoll.

Der Vergleichstest im Video:

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Jaguar I-Pace

Eindeutig der sportlichste Kandidat: viel Spaß auf der Straße, wenig Freude beim Laden.

4 Sport-SUV, tolle Bremsen, hoher Verbrauch, schwache Ladeleistung.

Die Formel E in diesem Vergleichstest ist eindeutig der Jaguar. Beschleunigung, Straßenlage, Bremsen – das Kapitel "Fahren & Sicherheit" gewinnt der I-Pace mit großem Abstand. Er ist der Kürzeste, trotzdem bietet er auch auf den Rücksitzen ausreichend Fußraum. Lediglich die Kopffreiheit ist etwas eingeschränkt. Die vergleichsweise harten Sitze behagen nicht jedem, bieten aber ordentlichen Seitenhalt. Bedienung: etwas kniffelig. So sind etwa die ­Klima-Drehregler in der Mittelkonsole jeweils zum Drücken, Drehen und Ziehen. Die Bildschirme gefallen mit hoher Auflösung und gutem Kontrast, neigen ­allerdings etwas zum Spiegeln.

Der 90-kWh-Akku ermöglicht eine Reichweite von knapp über 300 km, das ergibt den höchsten Verbrauch im Vergleichstest mit 31,4 kWh/100 km (bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt). Größtes Manko auf längeren Strecken ist die geringe Ladeleistung: Theoretisch sollte der Jaguar beim Schnellladen bis zu 100 kW aufnehmen, schaffte in unserer Testsituation (siehe Grafik weiter unten – "Im Test: Schnellladen von 50% auf 100%") aber nur maximal 45 kW. Das zieht Ladestopps in die Länge. Auch das Laden mit Typ 2 – etwa mit einer Wallbox in einer Garage – ist auf 7,2 kW beschränkt, und das auf nur einer Stromphase (von drei möglichen). Positiv: Service für drei Jahre im Kaufpreis inkludiert.

Tesla Model X

Bei der Reichweite und mit dem Tesla-eigenen Ladenetz noch immer der Gradmesser.

3 Gute Reichweite, spektakuläre Flügeltüren, beim Laden enttäuschend.

Einfach machen – das ist das Motto des kalifornischen E-Auto-Herstellers. So hat Tesla sein eigenes Supercharger-Ladenetz aufgebaut, in Europa an mehr als 500 Standorten. Und die Erstbesitzer eines Model X laden dort gratis. Mittlerweile gibt es auch für CCS-Schnelllader einen passenden Adapter.

Im Test konnte der Tesla mit der größten Reichweite (377 km) überzeugen. Überraschenderweise war die Ladeleistung am Schnelllader nur durchschnittlich. Positiv: An einer Typ-2-Wallbox kann der Tesla an drei Phasen bis zu 16,5 kW Leistung aufnehmen, damit lässt sich auch ein komplett leerer 100-kWh-Akku in akzeptabler Zeit aufladen.

Noch immer spektakulär sind die hinteren Flügeltüren. Allerdings: Beim Öffnen im Regen ergießt sich ein Wasserschwall auf die Sitze – mehr als nur ärgerlich. Das Platzangebot ist üppig und der Tesla lässt sich auch als Sechs- oder Siebensitzer konfigurieren. Sogar dann bleibt noch einiges an Kofferraum übrig, zumal sich auch unter der vorderen "Motor"-­Haube noch ein zusätzlicher Stauraum (187 Liter Volumen) befindet. 

Fahrdynamisch ist das Model X aufgrund seiner Abmessungen, des Gewichts und seiner Abstimmung eher auf der gemütlichen Seite. Erste Wahl ist der Tesla, wenn hohe Anhängelast gefragt ist: Bis zu 2.250 Kilogramm dürfen an den Haken.

Mercedes-Benz EQC

Keiner ist handlicher, keiner ist komfortabler. Andere fahren aber weiter und bieten mehr Platz.

2 Kommod, handlich, tolle Sitze, geringe Reichweite, kleine Batterie, sehr leise.

Einen Versuch hat Mercedes schon hinter sich: Bereits 2014 präsentierten die Stuttgarter auf Basis der B-Klasse einen biederen Gegenentwurf zum eigenständigen BMW i3. Drei Jahre später war wegen Erfolglosigkeit Schluss. Der i3 ist heute noch ein Topseller.

Jetzt also der EQC, das erste vom Papier weg als Elektroauto konzipierte Modell von Mercedes, eng verwandt mit dem GLS. Optisch hat er zwar das eine oder andere von diesem geerbt, ein ­typischer Mercedes schaut dennoch anders aus. Nicht so im Innenraum. Da ist vieles, wie man es kennt und schätzt: ein großer, übersichtlicher und einfach bedienbarer Touchscreen, griffgünstig platzierte Tasten und Hebel sowie eine hervorragend agierende Sprachsteuerung. Ebenso kommod: die langstreckentauglichen, vielfach verstellbaren und bequemen Sitze. Innen haben vier Insassen zwar genügend Platz, insgesamt geht’s im EQC aber enger zu als in den anderen drei SUV. 

Die 300 kW starken E-Motoren haben ordentlich Schmalz, vor allem das mächtige Drehmoment beeindruckt. An den grandiosen Abrollkomfort des EQC kommt bestenfalls der Audi heran. Weniger hell strahlt der Stern beim Verbrauch, knapp 31 kWh/100 km sind nicht berauschend. Die geringste Kapazität der Batterie bedeutet im EQC auch die geringste Reichweite mit weniger als 300 Kilometern.

Audi e-tron

Er fällt auf. Nicht nur mit seiner opulenten Optik. Auch sonst hat der e-tron einiges zu bieten.  

1 Viel Platz, feiner Komfort, brauchbare Reichweite, kurze Garantie.

Wer in den e-tron einsteigt, wird keineswegs in eine neue Zeit katapultiert. Warum? Weil fast alles wie in jedem anderen Audi ausschaut. Heißt: kantiges Design, große Touchscreen-Displays, volldigitale Anzeigen. Neu gestylt ist lediglich der optisch zwar klobige, aber gut bedienbare Automatik-Wählhebel. Auch von außen ist der wuchtige Stromer kaum von seinen SUV-Brüdern Q5 oder Q7 zu unterscheiden. Fans der Marke wird das kaum stören.

Die mächtigen Fahrzeug-Dimensionen schlagen sich erfreulicherweise auch beim Platzangebot im Innenraum nieder. Nur der Tesla bietet seinen Insassen ein ähnlich luftiges Raumgefühl, vor allem hinten reist man im e-tron überaus bequem. Das trifft auch auf die großzügig dimensionierten und langstreckentauglichen Sitze zu. Unverständlicherweise fehlt es dem e-tron aber an brauchbaren Ablagen.

2,6 Tonnen Eigengewicht! Das klingt heftig. Ist es auch, relativiert sich aber beim Fahren. Der e-tron ist ausgesprochen agil und fast so komfortabel wie der Mercedes EQC. Der E-Antrieb sorgt für tolle Fahrleistungen, der Verbrauch von 28,6 kWh/100 km ist gemeinsam mit dem Tesla der niedrigste im Vergleich – trotz der herrschenden Temperaturen von rund vier Grad Celsius beim Test. Toll: die mit 135 kW beste Ladeleistung im Test.

Ladeleistung, Stromaufnahme, Ladedauer im Vergleich

Grafik ohne Text.jpg Andreas Hnat © Andreas Hnat
Je höher die Ladeleistung (also die mögliche Stromaufnahme des E-Autos), desto schneller ist der Akku wieder voll. Die Ladeleistung hängt von vielen Komponenten ab, vor allem von Außen- und Akku-Temperatur.
Bei unserem exemplarischen Test waren die Fahrzeuge vor dem Laden zumindest 30 Kilometer mit Autobahn­tempo unterwegs, bevor sie bei einem Akku-Stand von 50 Prozent an einer 150-kW-Schnellladesäule auf 100 Prozent aufgeladen wurden.
Mit Abstand die höchste Ladeleistung konnte der Audi aufnehmen (135 kW – Werksangabe bis zu 150 kW), der Mercedes liegt an zweiter Stelle (84 kW – Werksangabe bis zu 110 kW). Überrascht hat uns der geringe Wert des Tesla (70 kW – Werksangabe 150 kW) – auch eine Vergleichs­ladung an einem Tesla Supercharger ergab das gleiche Bild. Mit maximal 45 Kilowatt konnte der Jaguar die geringste Leistung aufnehmen, obwohl er theoretisch bis zu 100 kW schaffen sollte.

Unser Fazit

Angekommen. In der Luxus-SUV-Klasse sind die E-Autos bereits angekommen. Preislich ist zu konventionellen Autos fast kein Unterschied mehr.

Der Jaguar ist der absolut Fahr-Aktivste, fällt aber beim Laden zurück. Der Tesla ist noch immer der Reichweitenkönig und punktet mit dem eigenen Supercharger-Netz, das für Model-X-Erstbesitzer noch dazu gratis ist. Außerdem: Im Preis sind beinahe alle erdenklichen Ausstattungen inkludiert. Der Mercedes punktet mit hervorragendem Fahrkomfort und Handling, hat aber die geringste Reichweite.
In der Summe aller Eigenschaften setzt sich der Audi an die Spitze. Reichweite und vor allem die sehr guten Ladeleistungen machen auch lange Strecken zur einfachen Aufgabe. Kleiner Makel: die schlechteste Serienausstattung im Vergleichsfeld.  

So, und eines wollen wir Ihnen zum Abschluss auch nicht vorenthalten. Manchmal muss es wirklich Spass machen, bei Tesla als Programmierer zu arbeiten. Aber sehen Sie selbst – das Model X im "Holiday Christmas Mode":

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