Lange Zeit hatten sie mit ihrem Image als Handwerker-Autos zu kämpfen. Schon die Wortkreation "Kombi", also die Kombination von Pkw und Lieferwagen, zeigt den Ursprung dieser Karosserie-Form. Bis in die 1980er-Jahre wurden mit dem Begriff Kombi in erster Linie Leitern, Werkzeug und Farbkübel verbunden. Während in den herkömmlichen Stufenheck-Limousinen die Rücksitzbank fix eingebaut war, konnte man diese in Kombis schon von Anfang an flach umlegen und so den Kofferraum flexibel an die aktuellen Transportbedürfnisse anpassen. Ein Feature, das erst Jahrzehnte später auch bei Limousinen auftauchte.
Kombis im Kommen
SUV, die Verkaufsrenner, haben zwar die Nase vorne, aber auch die vernünftigen Kombis liegen im Trend – und finden immer mehr Käufer.
Ab den 1990er-Jahren erfolgte der Imagewandel: Premium-Hersteller erfanden den Lifestyle-Kombi. Nicht mehr ein möglichst großes Ladevolumen, sondern der sportliche Chic und eine Coupé-hafte Seitenlinie mit abfallender Dachlinie stand im Vordergrund. Ein klassischer Vertreter dieser Gattung war etwa der Alfa 156 Sportwagon. Mit 360 Litern Volumen bot der Kofferraum nicht viel mehr Platz als ein Kompaktauto, aber ein Golf-Bag passte rein. "Lifestyle" heißt gleichzeitig auch: deutlich höhere Preise als bei den vergleichbaren Limousinen. Als Beispiel der aktuelle Audi A4: Da kostet der als Avant bezeichnete Kombi um 2.100 bis 2.300 Euro mehr als die Limousine.
Im Jahr 2000 hatten die Kombis bei den Neuwagen-Verkäufen einen stabilen Marktanteil von mehr als 15 Prozent erreicht. Doch dann betraten die Sport Utility Vehicles die Bühne, heute besser bekannt unter der Abkürzung SUV, und diese Klasse mischte die Karten auf dem Neuwagenmarkt komplett neu. Ausgangspunkt waren Geländewagen, aber ohne Getriebeuntersetzung oder Differentialsperren, die nur für schweres Gelände notwendig sind. Hohe Sitzposition, damit verbunden leichteres Einsteigen und ein subjektiv besseres Sicherheitsgefühl werden immer wieder als Kaufargument für SUV genannt.
Mittlerweile gibt es viele SUV nicht einmal mehr mit Allrad-Antrieb. Und dort, wo er erhältlich ist, greifen die Käufer zum günstigeren Frontantrieb. Allrad ist eben oft gar nicht nötig, das Einsatzspektrum unterscheidet sich vielfach gar nicht mehr von dem herkömmlicher Autos.
Die jüngsten Neuerscheinungen:
Der SUV-Boom bescherte den Kombis kurzfristig eine Delle in der Verkaufsstatistik, die mittlerweile aber wieder ausgemerzt ist. Seit 2013 steigt der Kombianteil wieder und liegt derzeit bei rund 18 Prozent, die SUV schaffen schon über 25 Prozent. Dieser hohe Anteil geht vor allem auf Kosten von Kompakt- und Mini-Vans (wie VW Touran oder Ford Galaxy). Nicht ohne Grund wird der Nachfolger des Zafira von Opel in die SUV-Sektion gerückt.
Aber speziell in der Mittelklasse sind Kombis derzeit ein Renner. Wie oft sieht man etwa einen Škoda Octavia als Limousine? Eher selten. Neun von zehn verkauften Octavia sind Kombis. Fast genauso hoch liegt der Avant-Anteil beim Audi A4.
Kombi für den Rest der Welt? Wer glaubt, Kombis sind weltweit beliebt, liegt übrigens falsch. In den USA gelten sie als spießig, die US-Amerikaner greifen lieber zu ihren Pick-ups. Die liegen regelmäßig auf den ersten drei Plätzen der Verkaufsstatistik. Pick-ups, aber nach amerikanischer Machart: bis zu 6,5 Meter lang und zwei Meter breit, der "amerikanische Golf" eben.
Auch in China, dem weltgrößten Automarkt, bringen Kombis keinen Fuß auf den Boden. Was hier beliebt ist: Limousinen mit langem Radstand.
Kombis für Europa. Die wahren Kombi-Regionen sind Mittel- und Nord-Europa. Nicht ohne Grund ist etwa Volvo in diesem Segment seit jeher stark. In den nächsten Monaten werden neue Modelle dem "Kombinationskraftwagen" weiter Aufwind bescheren (siehe Bildergalerie). Renault erwartet sich beim Talisman einen Grandtour-Anteil von 60 Prozent, vergleichbar mit dem Vorgänger Laguna. Kia bringt den Optima erstmals als Kombi und setzt große Hoffnungen in den Sportswagon. Als Limousine tat sich der Optima in seiner Klasse gegen die deutschen Hersteller ziemlich schwer. Der Kombi soll die Verkaufszahlen deutlich erhöhen, auch weil er als Plug-in-Hybrid erhältlich sein wird.
Übrigens: Wer bei der Kaufentscheidung zwischen Kombi und SUV schwankt, kann als Kompromiss zu einem hochgestellten, beplankten Kombi greifen. Bei Audi heißt das dann "Allroad", bei Škoda "Scout", beliebt sind auch die "Cross Country"-Versionen von Volvo. Opel nennt das Konzept beim Insignia "Country Tourer" und auch der Astra Sports Tourer wird in Zukunft rustikal geschminkt. Wer über den Auftritt solch rustikaler Modelle im Wander-Look die Nase rümpft, wird nicht einmal mehr von Mercedes verschont. Vom neuen T-Modell der E-Klasse kursieren schon die ersten Erlkönig-Fotos im Netz. Hochgestellt, schwarze Kunststoffverbreiterungen an den Radhäusern und immer mit Allrad-Antrieb ausgestattet wird die E-Klasse "All Terrain" manchem SUV sogar im Gelände die lange Nase zeigen.
Der Klassenkampf: SUV gegen Kombi
Wer bietet was? In der Beliebtheit der Österreicher folgen nach der Kompakt-Klasse (etwa VW Golf, Ford Focus, …) auf Platz zwei die SUV. Als Dritte auf dem Stockerl: die Kombis. Die klassische Stufenheck-Limousine, die Anfang der 1990er-Jahre noch einen Marktanteil von 40 Prozent hatte, dümpelt mittlerweile bei nur mehr fünf Prozent dahin. Was machen SUV und Kombis jeweils so beliebt?
- Für viele Käufer zählt die höhere Sitzposition als SUV-Kaufargument. Eine Höhe von bis zu 20 Zentimeter über dem Niveau eines Kombis und ein größerer Türausschnitt sorgen für ein bequemes Einsteigen (nicht nur für ältere Fahrer ein Argument) und eine bessere Übersicht.
- Dafür sind Kombis in der Regel die fahrdynamischeren Fahrzeuge. Der niedrigere Schwerpunkt sorgt für mehr Stabilität in Kurven, niedrigeres Gewicht für bessere Fahrleistungen.
- Auch beim Kraftstoffverbrauch haben Kombis die Nase vorne. Höheres Gewicht und mehr Luftwiderstand haben zwangsweise einen Mehrverbrauch der SUV zur Folge. Im auto touring-Test brauchte ein VW Tiguan mit 110 PS-Diesel 6,3 l Diesel für 100 km. Für sich gesehen ein guter Wert, aber der gleich motorisierte Golf Variant kam mit 0,9 Liter weniger aus.
- Beim Platz im Kofferraum punkten die Kombis ebenso. Bei vergleichbaren Modellen kann man bei den Kombis um einiges mehr an Transportgut unterbringen.
- Die Fähigkeiten im Gelände waren vor einigen Jahren noch vielfach ein Kaufargument für SUV. Mittlerweile haben viele Modelle (vor allem unter den Kompakten) nicht einmal mehr Allradantrieb. Geht es wirklich um den oftmaligen Einsatz auf verschneiten Bergstraßen, gibt es immer mehr Kombis auch mit vier angetriebenen Rädern
Spießig oder nicht – egal!
Kommentar von Christian Stich
Alle reden vom SUV, immer mehr wollen ein SUV, immer mehr kaufen ein SUV. Jeder vierte Neuwagen ist mittlerweile so ein Sports Utility Vehicle. Tendenz steigend. So richtig verstehen kann ich es nicht. Muss ich auch nicht. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Und das ist gut so. Ich oute mich ganz ungeniert als Kombi-Fan. Ich mag diese Typen mit Ecken und Kanten viel lieber als die optisch oftmals rundgelutschten Blechkleider der SUV. Platz hat ein Kombi in den meisten Fällen auch viel mehr. Ich mag es zum Beispiel, mein Fahrrad als Ganzes im Kofferraum verstauen zu können. Ohne vorher das Vorderrad lästig abmontieren zu müssen. Außerdem muss ich es nicht so hoch heben. Vom Fahren will ich gar nicht reden. Zugegeben: Moderne SUV lassen sich heute im Vergleich zu früher durchaus fahrdynamisch bewegen. Den spürbar höheren Schwerpunkt können sie aber dennoch nicht leugnen. Kombis sind einfach agiler und sportlicher im Handling. Basta. Vielleicht überzeugt mich ein SUV, wenn ich älter werde. Und ich dann sowieso nicht mehr so gut ein- und aussteigen kann.
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