eAuto Reichweite_073_ER_CMS.jpg Erich Reismann

Zwei Renault Megane E-Tech Electric, zwei Fahrer, zwei Strategien: Einer fährt möglichst sparsam mit höchstens 100 km/h, der andere schöpft die maximal erlaubten 130 km/h aus. 

© Erich Reismann

Zwei Renault Megane E-Tech Electric, zwei Fahrer, zwei Strategien: Einer fährt möglichst sparsam mit höchstens 100 km/h, der andere schöpft die maximal erlaubten 130 km/h aus. 

© Erich Reismann
April 2023

Schnell ermittelt

Welche Strategie ist bei E-Autos auf der Langstrecke besser: gemütlich oder flott, weniger oder mehr Ladestopps? Wir haben es getestet.

Im Strassenbild sind E-Autos mittlerweile keine Sensation mehr – im ersten Quartal des heurigen Jahres waren bereits 18 Prozent aller neu zugelassenen Pkw rein elektrisch angetrieben und sind damit den Diesel-Autos (20 Prozent) schon knapp auf den Fersen.

Mit ihren Reichweiten von 300 bis 400 Kilometer sind moderne E-Autos absolut alltagstauglich – auf Langstrecken aber doch etwas kniffelig. Denn während man mit einem Diesel mit einer Tankfüllung bis zu 1.000 Kilometer und mehr fahren kann, muss man sich beim E-Auto etwa bei einer Urlaubsreise schon einiges an Gedanken machen.

Grundsätzlich: Wie lege ich es an? Eher flott und damit mit höherem Verbrauch und mehr Ladestopps? Oder gemütlich sparsam und somit mit kürzeren Aufenthalten an den Ladesäulen?

Wir wollen es genau wissen und machen den Test: Mit zwei identischen Renault Megane E-Tech nehmen wir eine Autobahn-Strecke von 650 Kilometer in Angriff. (Hier geht’s zum großen E-Auto-Vergleichstest von Mai 2022, den der Renault gewonnen hat.)

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1 Start der Vergleichsfahrt ist in der ÖAMTC-Zentrale in Wien. Rund 650 Kilometer liegen vor den E-Autos.  © Erich Reismann

2 Ein Duell ist es natürlich nicht – aber ein friedlicher Wettkampf darf es schon sein. Günter (links) fährt die Strategie "Tempo 130", Christian "Tempo 100". © Erich Reismann

3 Das Testobjekt: zwei technisch idente Renault Megane E-Tech Electric. © Erich Reismann

Zwei Autos, zwei Fahrer, zwei Strategien

Der Start erfolgt mit vollen Akkus (Kapazität 60 kWh), die Außentemperatur liegt nur knapp über dem Gefrierpunkt. Die Strategie für Christian: nicht schneller als Tempo 100, wenige Ladestopps. Die Strategie für Günter: Tempo 130, aber öfteres Anfahren von Ladesäulen.

Wer hat am Ende die Nase vorn bei der Gesamtzeit (Fahren und ­Laden), beim Verbrauch und somit auch bei den Kosten?

Natürlich haben wir uns vorab über die Schnellladesäulen auf der gewählten Strecke von Wien in Richtung Salzburg kundig gemacht. Das optimale Ladefenster, bei dem eine möglichst hohe Ladeleistung erzielt werden kann, liegt zwischen 20 Prozent (oder tiefer) und 80 Prozent. Darüber fällt die Ladeleistung schon eklatant ab.

eAuto Reichweite_Ladekurve_Rau_CMS.jpg Grafik: Andi Kaleta © Grafik: Andi Kaleta

Hilfreiche Funktion des Navigationssystems im Renault Megane E-Tech: Nach der Adresseingabe (etwa die nächste geplante ­Ladestation) sieht man den prognostizierten Akku-Stand bei der Zielankunft in Prozent.

Damit zeigt sich bald, dass der geplante Ladestopp in Eberstalzell nach gut 240 km mit Tempo 130 nicht erreichbar ist – eine Zwischenladung nach 150 km wird notwendig. Mit 22 Prozent Akkustand ist die dabei erreichte maximale Ladeleistung (79 kW) nicht berauschend. Nach 39 Minuten Laden (36 kWh) geht es weiter nach Eberstalzell.

An das Fahren mit 100 muss man sich gewöhnen. Speziell beim E-Auto macht es sich aber bezahlt. 

Christian Stich, Redakteur

Was zu erwarten war: Als Günter in Eberstalzell ankommt, trinkt Christian schon seinen Pausenkaffee, während sein Megane bereits längere Zeit an der Ladesäule hängt. Seine weitere Taktik: Auf 100 % laden, um wieder die höchstmögliche Reichweite zu bekommen.

Bei Günters Renault verlängert ein Ladeabbruch bei 51 % die Standzeit unnötig. Grund: unbekannt.

Man merke: Ist man beim Laden nicht direkt am Fahrzeug (etwa weil man sich im danebenliegenden Schnellimbiss einen Kaffee gönnt), sollte man den Ladevorgang mit der fahrzeugeigenen App laufend kontrollieren – dazu ist sie ja auch da.

Der Leerlauf durch den Ladeabbruch beim "schnellen" Megane führt am Ende der Fahrt auch dazu, dass der rein rechnerische Vorsprung für die Gesamtstrecke de facto zunichte gemacht wird: Am Ziel bei der ÖAMTC Mobilitätszentrale kommen am Abend beide Fahrer nahezu zeitgleich an.

Man merke: Die E-Mobilität ist noch immer mit möglichen Unwägbarkeiten verbunden. Genauso hätte es den "langsamen" Renault erwischen können, die Reisezeit hätte sich damit in die ­andere Richtung gedreht.

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Beim Erfahrungsaustausch von Christian und Günter kommt die Rede auch auf die schon vorhin beschriebene Navi-Funktion der Akku-Prozentanzeige für das eingegebene Ziel. Es zeigt sich, dass diese beim moderaten Tempo von Christian mit der Zeit leicht ansteigt (er also mit höherem Akkustand als prognostiziert ankommt), während sie beim höheren Tempo 130 leicht abnimmt. Nützlich ist die Anzeige auf jeden Fall.

Und noch eine Anmerkung zum Ladepark Eberstalzell: Der liegt nicht direkt an der Autobahn, aber gleich an der Abfahrt im Gewerbegebiet und bietet 44 (!) Schnellladepunkte unterschiedlicher Anbieter. Respekt.

eAuto Reichweite_4567_GR_CMS.JPG Günter Rauecker © Günter Rauecker

Weiter geht es bis nach Salzburg, dem Wendepunkt unserer Strecke. Christian fährt die gesamte Zeit im Eco-Modus, der die Geschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt, die Klimatisierung reduziert und damit einige Kilometer Reichweite herausholt.

Günter mit seinem "schnelleren" Renault wendet ebenso in Salzburg bei der Flughafen-Ausfahrt, macht sich auf den Rückweg. Prognose für den nächsten Halt: wieder Eberstalzell. Dort beträgt die angezeigte Restreichweite 29 km, der Akkustand 9 %.

Innerhalb von 42 Minuten hat der Megane wieder 80 % Akkustand. Nächster Lade­stopp in Pöchlarn in Niederösterreich, um noch einmal 15 Kilowattstunden Sicherheitspolster zu "tanken".

eAuto Reichweite_141646_CS_CMS.jpg Christian Stich © Christian Stich

Christian kann auf seiner Fahrt wieder viele Ladesäulen links liegen lassen und schafft es in einem Rutsch bis nach Pöchlarn. Noch einmal eine kurze Zwischenladung, um mit einer beruhigenden Restreichweite im ÖAMTC Mobilitätszentrum in Wien-Erdberg anzukommen.

Trotz mehr Ladestopps ist man auf der Langstrecke mit 130 schneller – aber nicht wesentlich.

Günter Rauecker, Redakteur

Das Fazit

Das Resultat der 650-Kilometer-Fahrt ist eindeutig – in beide Richtungen. Trotz der erforderlichen höheren Anzahl an Ladestopps ist man mit dem erlaubten Autobahntempo von 130 km/h schneller am Ziel als mit der Langsamfahr-Strategie. Der Zeitgewinn beträgt rund ­eine Stunde.

Größer jedoch und sicherlich für manche entscheidender ist der Unterschied beim Verbrauch – und damit bei den Kosten.

eAuto Reichweite_Tabelle_CMS.jpg Grafik: Andi Kaleta © Grafik: Andi Kaleta

Die Kosten, der Verbrauch

Während der "langsame" Renault mit 19,3 kWh/100 km ausgekommen ist, brauchte der "schnelle" Megane 29,4 kWh/100 km – jeweils inklusive der anfallenden Ladeverluste.

Da das Schnellladen an der Autobahn mit den vergleichsweise höchsten Kosten verbunden ist (bei unserer Rechnung gehen wir von 79 Cent pro Kilowattstunde aus), wirkt sich der höhere Energieverbrauch entsprechend signifikant auf die Reisekosten aus: Christian zahlt für die 650-km-Reise einen Strompreis von insgesamt 99 Euro, während Günter 151 Euro verbuchen muss – also Mehrkosten von 52 Euro für einen Zeitgewinn von rund einer Stunde.

Das Gleiten zahlt sich also speziell beim ­E-Auto besonders aus.

Übrigens: Bei einem Diesel-Pkw mit ­einem Verbrauch von rund 6,5 l/100 km bei 130 km/h fallen für diese Strecke aktuell etwa 68 Euro Kraftstoffkosten an.

Die Ladestopps

Grafik mit Text.jpg Grafik: Andi Kaleta © Grafik: Andi Kaleta

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