Super-süß & super-teuer

Noch dieses Jahr kommt der Microlino nach Österreich. Was kann die Neuinterpretation der BMW Isetta? Der Test!

Seit fast acht Jahren teste ich Fahrzeuge und berichte darüber. Da kommt viel zusammen: Überwiegend preiswerte Autos für die Mitte der Gesellschaft, doch (besonders beim Magazin, für das ich vor auto touring schrieb) waren auch Luxusschlitten dabei: Porsche, Rolls-Royce, diese Liga eben. Doch vom britischen Exoten bis zum deutschen Kult-Sportwagen hat nichts, absolut gar nichts eine derartige Resonanz generiert, wie es der Microlino getan hat.

Viele Gespräche, zahlreiche gezückte Handykameras und unzählige Blicke und gehobene Daumen – wer sich einen Microlino zulegt, sollte nicht schüchtern sein. Das Fahrzeug fällt auf. Aber liefert es auch ab?

Wer bin ich?

Bevor wir aber in medias res gehen noch Grundsätzliches: Was ist der Microlino eigentlich für ein – Ding? Auto ist er jedenfalls keines. Das behauptet nicht nur der Aufkleber auf seiner Karosserie, es ist auch hochoffiziell so: Das nur 2,52 Meter lange Elektro-Fahrzeug fällt in die Klasse L7e ("schwere vierrädrige Kraftfahrzeuge"), ist also mehr Quad oder Buggy als Pkw. Gebaut wird es in Turin, erdacht wurde es aber weiter nördlich in Zürich von der Micro Mobility GmbH. Das Schweizer Familienunternehmen ist mit Produktion und Verkauf von Tretrollern in den 1990er-Jahren groß geworden. Mehr Hintergründe zur Entstehungsgeschichte des Microlino finden Sie hier (2019) und hier (2023).

Den Microlino jedenfalls gibt es bereits seit einigen Jahren, 2024 kommt er – Stand August – endlich nach Österreich. auto touring konnte das Fahrzeug nach zwei Besuchen in Zürich (siehe die Verweise oben) einem ordentlichen Test unterziehen – inklusive Verbrauchsrunde, Brems- und Beschleunigungstests.

So fährt sich der Microlino

An seiner Fahrzeugklasse gemessen bietet der Microlino eigentlich viel Komfort: Eine Lüftung findet man in den wenigsten Quads, ebenso wenig ein Dach. Im Microlino lässt sich dieses sogar öffnen, was besonders im Sommer essenziell ist: Eine Lüftung ist keine Klimaanlage und weil die Front so breit ist und das Fahrzeug nach hinten schmaler wird, sorgt die Aerodynamik für einen nur schwachen Durchzug, wenn die kleinen Schiebefenster offen sind. Mit geöffnetem Dach ist das deutlich besser.

Das Fahrwerk ist bretthart und der Antriebsstrang laut. Die Lenkung hat keine Servounterstützung, was beim Einparken und Rangieren nervt, in Fahrt punktet sie dafür mit der Direktheit von Sportwagen aus längst vergangenen Tagen. Kurzum: Der Microlino fährt sich wie ein Gokart – inklusive sämtlicher Vor- (Fahrspaß) und Nachteile (Fahrkomfort). Mangels ABS und ESP ist der Microlino in Extremsituationen schwer beherrschbar. So brach uns bei Bremstests das Heck aus.

Die 12,4 kW (17 PS) und 89 Nm des Elektromotors sind in den Geschwindigkeiten, in denen man sich im Regelfall mit diesem Fahrzeug bewegt, absolut ausreichend. Auf 60 km/h beschleunigt der Microlino in 9,2 Sekunden. Wirklich beachtlich ist der Verbrauch von nur 7,1 kWh auf 100 Kilometer, gemessen auf einer verkürzten Normrunde. So sind auch mit einer Akkukapazität von 10,5 kWh solide 160 Kilometer Reichweite möglich. Maximale Ladeleistung: 2,2 kW.

Der Innenraum des Microlino

Der Einstieg erfolgt spektakulär über die gesamte Front, die zugleich als Fahrzeugtüre fungiert. Geschlossen wird übrigens sanft: Weil viel Technik in der Tür steckt, ist der Microlino serienmäßig mit Soft-Close-Technologie ausgerüstet. Optional hingegen: Das "Multimediasystem", das im 590 Euro teuren Premium-Paket inkludiert ist. Es besteht aus einer Handyhalterung sowie einer herausnehmbaren Bluetooth-Musikbox – eine witzige Lösung! Die wenigen Funktionen wie die Lüftung oder das Nullen des Bordcomputers werden übrigens über einen zentralen Touchscreen gesteuert.

Leider lässt die Verarbeitung (nicht nur innen, Stichwort Spaltmaße) teils zu wünschen übrig. Dafür ist der Kofferraum mit 230 Litern Volumen überraschend groß und vor allem gut nutzbar.

Preis & Fazit

"This is not a Car" klebt auf der Karosserie des Microlino. Und misst man ihn an seiner Fahrzeugklasse, fallen Kritikpunkte wie das Fahrverhalten in Extremsituationen und die Verarbeitung auch nicht so ins Gewicht. Doch der Gesamtpreis des Testwagens mit Sonderlackierung und Premium-Paket beträgt 23.370 Euro. Und weil der Microlino als Leichtfahrzeug klassifiziert ist, beträgt die Förderung lediglich 1.300 anstelle der 5.400 Euro. Macht also immer noch knapp über 22.000 Euro – und das ist dann doch viel Geld für ein Auto, das keines ist.

Microlino: die technischen Daten


E-Motor: Permanentmagnet-Synchronmotor
Leistung: 12,4 kW (17 PS)
Drehmoment: 17 Nm
Batterie: Lithium-Ionen
Kapazität: 10,5 kWh (brutto)
Laden: Typ 2/2,2 kW 4,0 h (0–80%), CCS: nicht vorhanden
Antrieb: Hinterrad, einstufige Automatik  
Spitze: 90 km/h
L/B/H: 2.519/1.473/1.501 mm
Radstand: 1.566 mm
Kofferraum: 230 l
Gewicht: 615/135 kg (leer/Zuladung)
Anhängelast: –
Normverbrauch: 7,3 kWh/100 km (WVTA)
Normreichweite: 177 km (WMTC)
CO2-Ausstoß: 0 g/km
Garantie: 2 Jahre (Akku: 6 Jahre)



auto touring Messwerte


Beschleunigung: 9,2 Sek. (0–60 km/h, Sommerreifen)
Bremsweg: 20,1 m (aus 60 km/h, Sommerreifen)
Verbrauch: 7,1 kWh/100 km (bei 29 Grad)
Reichweite: 160 km
CO2-Gegenwert: 16 g/km