Puch 500: Gelber Engel
Aus der Historie der ÖAMTC-Pannenfahrzeuge sticht einer hervor: Der Puch 500. Wir sind den Kleinen wieder einmal gefahren.
Es knattert, es ächzt, es rumpelt. Zarter Benzingeruch liegt in der Luft. Alles ist klein und fragil. Die Lenkstockhebel, der Tacho (übrigens das einzige Instrument im Cockpit), die Türgriffe, die Pedale für Kupplung, Bremse oder Gas – die zudem so eng beisammen liegen, dass sie bestenfalls für Menschen bis Schuhgröße 39 ohne Verhaken zu bedienen sind.
Ja, sogar der Aschenbecher, den es seinerzeit noch in jedem Auto gab, nimmt es gerade einmal mit einer Zigarette auf. Und selbst die kann man spüren, wenn man sie mit den schmalen, lediglich 12 Zoll kleinen Reifen auf der Straße überrollt.
Minimundus
Für ein Mindestmaß an Komfort sorgen die zierlich dimensionierten Sessel, deren Lehnen lediglich bis zur Schulter reichen. Kopfstützen? Geh, bitte.
Groß ist nur das Lenkrad. Und für heutige Verhältnisse ungewohnt dünn. Lenkbefehle haben allerdings erst nach einer gefühlten Ewigkeit eine Richtungsänderung zur Folge.
Video: Großer Star, ganz klein
Es gibt kaum ein Auto, das liebenswerter als der Puch 500 ist. Darüber hinaus bildete dieser Gelbe Engel das Herzstück der mobilen Pannenfahrzeuge beim ÖAMTC bis weit in die Sechzigerjahre.
Christian Stich, auto touring-Redakteur
Zum Knuddeln
Das alles macht aber nix. Ganz im Gegenteil. Denn der Puch 500, in dem ich gerade sitze, ist liebenswert ohne Ende. Und kommt vor allem beim jungen Publikum hervorragend an: "So klein und schon ein Auto!"
Daneben stehend wirkt sogar sein aktueller Urenkel, der Kleinwagen Fiat 500, wie ein riesiges SUV.
In Wahrheit war der lediglich knapp drei Meter lange Puch 500 aber ein ganz Großer. Er bildete nämlich fast ein Jahrzehnt lang, von 1958 bis 1967, das Herzstück der mobilen Pannenhilfe beim ÖAMTC.
Made in Austria
Nach dem zweiten Weltkrieg beherrschten vorwiegend Motorräder das Straßenbild in Österreich, aber auch die markanten "Kabinenroller" wie die Isetta von BMW. Doch das Wirtschaftswachstum und der Drang nach Mobilität und Freiheit verlangten nach einem leistbaren und vor allem vollwertigen Auto für die Masse.
Wilhelm Rösche, damals Direktor des Steyr-Puch-Werks in Graz-Thondorf, erkannte das und so entstand die Idee, einen österreichischen Kleinwagen zu produzieren.
Man investierte 100 Millionen Schilling (umgerechnet rund 7,3 Millionen Euro) in eine moderne Produktionsanlage. Das Budget war damit allerdings weitgehend ausgeschöpft.
Da die Entwicklung einer eigenen Karosserie zu teuer gewesen wäre, fertigte der österreichischen Fahrzeughersteller Steyr-Daimler-Puch in Graz den Fiat 500 von 1957 bis 1973 unter Lizenz und vermarktete ihn mit selbst entwickeltem Boxermotor, Pendelachse und eigenem Vierganggetriebe unter der Marke Steyr-Puch.
Kleine Kraftquelle
Apropos Motor: Der versteckt sich im Heck des kleinen "Pucherl". Der 2-Zylinder-Viertakt-Boxermotor knattert herrlich drauflos, 16 PS aus einem knappen halben Liter Hubraum reichen zum lockeren Mitschwimmen im Verkehr – und natürlich damals für die Fahrt zum Einsatzort.
Gemeinsam mit der einfachen, überschaubaren und gut zugänglichen Technik ergaben sich daraus niedrige Fixkosten bei Steuern, Versicherung und Wartung – gute Voraussetzungen also für ein Auto für die breite Masse.
Viele Familien erfüllten sich in diesem Kleinwagen den Wunsch nach der ersten Reise ins Ausland auf eigener Achse. In den zunehmend engen Städten waren die Wendigkeit und Kompaktheit ein weiterer Trumpf.
Und so wundert es überhaupt nicht, dass der Puch 500 von damals als Sinnbild der ÖAMTC-Pannenhilfe auch heute bei jeder Jubiläumsfeier des Clubs ein Star ist.