VW ID3_Renault Megane_Hyundai Kona_er011_4c_CMS.jpg Erich Reismann
© Erich Reismann
© Erich Reismann
Mai 2022

Strom für alle

Frischer Wind in der vollelektrischen Kompaktklasse: Der neue Renault Megane E-Tech im Vergleichstest mit Hyundai Kona und VW ID.3.

Alles SUV? Der Trend, dass neue Modelle in erster Linie in dieser Karosserieform auf den Markt kommen, zeigt sich auch bei den vollelektrischen Fahrzeugen. Sie sind stark nachgefragt und technisch ist es auch einfacher, in den höher bauenden SUV die Akkus im Fahrzeugboden unterzubringen.

Aber auch in der Kompaktklasse wird das Angebot immer größer, wenn man ein Auto will, das beim Fahren keine Schadstoffe ausstößt. Der neueste Vertreter kommt aus Frankreich: von Renault.

Der Megane E-Tech Electric hat technisch nichts mit den bisherigen Megane-Modellen zu tun, sondern nutzt die CMF-EV-Plattform der Konzern-Allianz, auf der auch das SUV-Coupé Nissan Ariya basiert. Beim Renault stehen zwei Akku-Größen zur Auswahl, die Preise starten bei 31.900 Euro, inklusive E-Auto-Förderung.

Als Einziger im Vergleichstest steht der Hyundai Kona auf einer technischen Basis, die sowohl für Benzin- und Hybrid- als auch für reine Elektromotorisierungen genutzt werden kann. Das erlaubt Flexibilität im Motoren­mix je nach Nachfrage. Die gleiche Strategie setzt Hyundai ziemlich erfolgreich schon jahrelang bei seinem Ioniq ein – nicht zu verwechseln mit dem Modell Ioniq 5 –, inklusive einer Plug-in-Hybrid-Variante.

Beim elektrischen Kona hat man die Auswahl zwischen zwei Akkukapazitäten, das Basismodell mit kleiner Batterie wird aktuell ab 32.790 Euro (inklusive Förderung) angeboten.

Werbung
Datenschutz Zur Anzeige von Werbung benötigen wir Ihre Zustimmung.
Hyundai Kona_074.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Hyundai Kona Elektro.
Renault Megane_010.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
Renault Megane E-Tech Electric.
VW ID3_009.jpg Erich Reismann © Erich Reismann
VW ID.3.

Basis-Betrieb

Der breite Einstieg des Volkswagen-Konzerns in die E-Mobilität erfolgte mit dem ID.3; davor waren nur Strom-Varianten von bereits bestehenden Modellen (e-up!, e-Golf) angeboten worden. Basis des ID.3 ist der "Modulare E-Antriebs-Baukasten" (MEB), auf dem alle neuen vollelektrischen Autos des Konzerns aufbauen, so auch die wesentlich größeren ID.4, ID.5 oder ID.Buzz.

Langer Radstand, Heck- oder Allrad-Antrieb sowie die eigene Systemsoftware sind die gemeinsamen Merkmale.

Ursprünglich wurde der VW ID.3 mit drei verschiedenen Batterie-Kapazitäten angeboten, aktuell ist in Österreich nur die Variante mit dem 58-kWh-Akku bestellbar, und zwar für 38.890 Euro (inklusive Förderungen).

Für das bereits in den Startlöchern stehende Facelift-Modell sollte es wieder eine größere Auswahl an Akkugrößen und Ausstattungsvarianten geben. Für den Vergleichstest stand noch der "alte" ID.3 zur Verfügung, der auch noch nicht mit der neuesten Systemsoftware 3.0 ausgerüstet war.

Video: Kompakte Stromer

Datenschutz Zur Anzeige dieses Videos benötigen wir Ihre Einwilligung.
Für die Ausspielung wird eine moderne HTML5 Video Player Lösung namens JW Player genutzt (Datenschutzbestimmungen von JW Player).

VW ID.3

Der Golf unter den Elektrikern ist dynamisch und setzt auf ein vollkommen neues Bedienkonzept.

3 Bietet ordentlich Platz und Fahrspaß.  Schwächen bei Bedienung & Garantie.

Alles etwas anders machen – diese Intention von Volkswagen ist beim ID.3 in vielen Bereichen spürbar. Zum Beispiel im Cockpit und bei der Bedienung. Man gewöhnt sich schnell daran, dass der Startknopf nicht mehr gedrückt werden muss – einsteigen, Brems­pedal betätigen und der ID.3 erwacht zum Leben.

Dass Temperatur und Lautstärke mit un­be­leuchteten Touch-Flächen geregelt werden, über die man mit dem Finger streicht, ist bei Dunkelheit nicht so praktisch. Das Display hinter dem Lenkrad ist fix mit der Lenksäule verbunden, die An­zeigen sehr reduziert und nicht variabel einstellbar. So ist der aktuelle Verbrauch nur über den großen, mittig auf dem Armaturenbrett platzierten Bildschirm abrufbar.

Geht es um das Platzangebot, verwöhnt der VW vor allem die Fondpassagiere mit einer Bewegungsfreiheit, die man in der Kompaktklasse so nicht kennt. 26 Zentimeter Norm-Beinfreiheit sind ­eine Ansage. Das Kofferraumvolumen ist ausreichend, der verstellbare Ladeboden lässt sich auch auf der Höhe der Ladekante montieren.

Wenig Platz braucht der VW zum Umdrehen. Durch den Heck­antrieb lassen sich die Vorderräder weit einschlagen, der geringe Wendekreis von 10,2 Metern macht den ID.3 ausgesprochen handlich.

Die Fahrdynamik ist eine weitere Stärke des VW: präzise Lenkung und äußerst fahrsicher, die Abstimmung eher auf der straffen Seite, aber trotzdem nicht unkomfortabel. Die Rekuperation ist nur in einer Stufe verstellbar, dies erfolgt über den großen Ganghebel hinter dem Lenkrad. Das können Hyundai und Renault mit jeweils drei verschiedenen Stufen und über Plus-Minus-Paddles am Lenkrad besser.

Mit einer vollen Akkuladung schafft der ID.3 auf unserer Normrunde knapp 340 Kilometer und damit die geringste Distanz im Vergleichstest, der Verbrauch von 18,5 kWh/100 km bei optimalen Frühlingstemperaturen geht aber in Ordnung. Beim Schnelllade-Test bleibt die Leistung kurze Zeit knapp über 100 kW und sinkt dann kontinuierlich ab.

Hyundai Kona

Der kompakte Koreaner macht vieles richtig gut – und ist in manchen Bereichen sogar hervorragend.

2 Viel Platz, feiner Komfort, längste Reichweite, fünf Jahre Garantie.

Der Kona ist der einzige der drei Testkandidaten, der sich seine Plattform auch mit dem Benziner und der Hybrid-Variante teilt. Optisch unterscheidet sich der vollelektrische Kona von seinen Verbrenner-Büdern vor allem durch die glatte Front mit der integrierten Lade­klappe und dem fehlenden Kühlergrill. Die Voll-LED-Scheinwerfer an der Front sowie die Rücklichter hat man im Zuge des letzt­jährigen Facelifts ebenfalls modernisiert.

Weitaus unauffälliger fallen die Änderungen im Innenraum aus. Neu ist das volldigitale und stets gut lesbare Instrumenten-Display. Ein großes Plus des Kona ist nach wie vor die einfache Bedienung des Cockpits mit seinem sinnvollen Mix aus großen Tasten, Drehreglern und Touchflächen auf dem intuitiv steuerbaren Multimedia-Display. Lediglich die verwendeten Materialien sind im Vergleich zu Renault und VW weniger hochwertig.

Pluspunkte sammelt der Kona sowohl für das solide Platzangebot für die Insassen als auch für seine bequemen Sitze. Die zu kurze Schenkelauflage der Rücksitze ist für Mitreisende allerdings auf län­geren Etappen unkomfortabel.

Dafür verwöhnt der 4,2 Meter lange Koreaner mit gutem Abrollkomfort, selbst grobe Fahrbahnunebenheiten filtert der Kona mühelos weg. Ebenfalls top: die besten Fahrleistungen der drei Testkandi­daten. Und immerhin: Der vollelektrische Kona kann einen bis zu 300 Kilogramm schweren Anhänger ziehen.

Ein Rufzeichen setzt der Kona beim Stromkonsum. Auf der auto touring-Normrunde verbrauchte er mit 15,5 kWh/100 km nämlich deutlich weniger als die beiden anderen. Auch bei der gemessenen Reichweite von rund 500 Kilometern hat er im Vergleich klar die Nase vorn. Nominell bietet der Kona mit rund 70 kW zwar die geringste Ladeleistung, diese hält er aber am konstantesten und muss auf der Langstrecke daher auch nicht länger an der Ladesäule stehen als Renault und VW. Aufgrund des höheren Wertverlustes sind die ­monatlichen Kosten etwas höher. Sinnvoll: fünf Jahre Garantie.

Renault Megane E-Tech

So auffallend fesch und gut war noch kein Megane zuvor. Vollelektrisch aber auch nicht.

1 Großer Kofferraum, hohe Ladeleistung, agiles Handling, kurze Garantie.

Sein Name ist zwar nicht neu, das Auto hat mit den bisher bekannten Megane-Modellen bis auf die kompakten Abmessungen aber nichts mehr gemeinsam. Ganz im Gegenteil, denn mit dem vollelektrischen Megane hat Renault nicht nur optisch ein spannendes Fahrzeug auf die Beine gestellt.

Auffallend: Nicht nur die serienmäßigen großen 20-Zoll-Räder, auch die hohe Gürtellinie lassen den exakt 4,2 Meter langen Kompakten wesentlich wuchtiger erscheinen, als er tatsächlich ist. Nachteil: Die schmalen Fensterflächen, speziell am Heck, erleichtern nicht gerade die Übersicht. Ab­hilfe schafft der optionale Innenspiegel mit Rückfahrkamera-Display.

Das Cockpit ist hochmodern und von großen Bildschirmen dominiert. Dennoch hat Renault es geschafft, die Bedienung weitgehend logisch zu halten, auch dank etlicher Tasten zum schnelleren Navigieren durch die diversen Menüs. Wohltuend: die richtig gute Verarbeitung und die weitgehend hochwertigen Materialien. Praktisch im Alltag: die vielen Ablagemöglichkeiten, vor allem in der Mittelkonsole.

Etwas weniger Bewegungsfreiheit als im Hyundai und im VW haben hingegen die Insassen, vor allem aufgrund der geringeren Innenbreite. Mitnehmen kann man im Renault dafür am meisten, er bietet im Vergleichstest nämlich den geräumigsten Kofferraum.

Überzeugt hat uns der Megane mit seinem gelungenen Handling, verstärkt durch die angenehm direkte Lenkung. Der Fahrkomfort ist insgesamt gut, der geringe Querschnitt der großen Räder fördert allerdings nicht gerade den Federungskomfort. Megane-Vorteil: Er darf einen bis zu 900 Kilogramm schweren Anhänger an die Anhängekupplung nehmen.

Auch mit seinen Lademöglichkeiten liegt der Megane ganz vorne. Laden mit Wechselstrom (Typ 2) ist beim Megane mit bis zu 22 kW (klassenüblich sind 11 kW), Schnellladen mit bis zu 130 kW Ladeleistung möglich. Mit der 60 kWh großen Batterie schaffte der Megane im Test eine Reichweite von 370 Kilometern. Denkbar einfach: die Google-basierte Navigations-Routenplanung.

Schnellladen: Wie wir testen

Theorie und Praxis: die zwei Seiten beim E-Auto-Laden.

Die Hersteller-Angaben, mit welcher Leistung ein E-Auto ge­laden werden kann, werden immer imposanter. Aber der Maximalwert ist in der Praxis vielfach kaum zu erreichen und hängt von vielen Faktoren ab: Temperatur, aktueller Ladestand des Akkus, Zustand der Batteriezellen und wie das Batterie­managementsystem des Fahrzeugs, also die Software, den Ladevorgang steuert.

auto touring testet daher bei E-Autos die Schnellladefähigkeiten aufwendig und praxisnah, um einen fairen Vergleich zu ermöglichen. Die Vorgangsweise ist die gleiche wie in der Realität auf der Langstrecke.

Wir starten mit einem vollen Akku, der bei Autobahnfahrt auf knapp unter 20 Prozent geleert wird. Danach wird an einer Schnellladesäule bis zu einem Ladestand von 80 Prozent nachgeladen und dabei werden die Daten aufgezeichnet: die Ladeleistung, der Akkustand, der ge­ladene Strom sowie die genaue Zeitdauer.

Verbesserungsbedarf

Die Ergebnisse sind teilweise enttäuschend, dann aber auch wieder über­raschend. Um den Akku zu schonen und eine möglichst hohe Lebensdauer zu erreichen, wird etwa bei geringen Temperaturen oder steigendem Ladestand die Leistung reduziert. Teilweise wird die ange­gebene Maximalleistung gar nicht erreicht oder die Ladekurven stürzen schon nach wenigen Minuten stark ab.

Die Ergebnisse setzen wir dann in Relation zum ebenfalls von uns ermittelten Testverbrauch. Ein gutes Ergebnis bei der Ladekurve kann damit durch einen hohen Verbrauch getrübt werden. Oder umgekehrt.

Schließlich kommt es ja darauf, wie­viele Kilometer Reichweite man in einer gewissen Zeitspanne nachladen kann, und nicht nur auf die Zahl der geladenen Kilowattstunden. Die Ergebnisse stimmen oft so gar nicht mit der Werksangabe einer hohen Ladeleistung überein.

VW ID3_Renault Megane_Hyundai Kona_er041_CMS.jpg Erich Reismann
© Erich Reismann

Kommentare (nur für registrierte Leser)