Volle Ladung
Der auffällige BMW i3 bekommt unauffällige Konkurrenz: Kia Soul EV und VW e-Golf fordern den Platzhirsch im elektrischen Vergleichstest heraus.
Ziemlich laut war das Raunen, als BMW seinen i3 präsentierte. Anders, auffällig. Und vor allem: elektrisch. 2014 haben sich die Verkaufszahlen der E-Autos beinahe verdoppelt – bei knapp 1.300 Neuzulassungen kann man aber noch nicht vom großen Boom reden. Nicht schlecht der BMW: Immerhin 30 Prozent der E-Auto-Käufer entschieden sich für einen i3.
Die hohen Anschaffungskosten und die (relativ) geringen Reichweiten sind noch immer zwei veritable Hemmschuhe der Elektro-Mobilität. Beide entwickeln sich jedoch ganz langsam in die richtige Richtung: Die Preise sinken, die Reichweiten steigen. Und neue Modelle sind zu haben. Der e-Golf ist nach dem e-up! das zweite Elektroauto von Volkswagen und sozusagen das Gegenstück zum BMW: absolut unauffällig. Man muss schon drei Mal hinschauen, um seine Motorisierung zu erkennen. Gleichstand mit dem i3 herrscht bei der Normreichweite: Beide erreichen 190 Kilometer. Der Dritte im Bunde kommt von Kia. Der Soul EV ist der Einstieg der Koreaner in die Elektromobilität. Von seinen Benzin- und Diesel-Brüdern unterscheidet er sich äußerlich vor allem durch seinen verplankten Kühlergrill. Seine mögliche Reichweite lässt aufhorchen: Im Normzyklus erreicht der Kia 210 Kilometer. Preislich nehmen sich die drei Testkandidaten nicht viel ab: Günstigster ist der Soul mit 34.190 Euro, i3 und Golf liegen knapp unter 36.000 Euro.
BMW i3
Eindeutig der Sportler im Vergleich. Bei Ausstattung und Reichweite fährt er hinten nach.
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Gute Fahrleistungen, wendig und agil. Schlechte Serienausstattung.
Aufmerksamkeit erregt der i3 auch ein Jahr nach seinem Markstart noch immer. Nicht nur äußerlich beschritt der BMW neue Wege. Alu-Chassis und Karosserie aus carbonverstärktem Kunststoff sorgen trotz schwerer Batterie für ein vergleichsweise schlankes Eigengewicht von 1.195 kg. Faszinierend die nachdrückliche, aber fast lautlose Beschleunigung, für die der 125 kW starke E-Motor sorgt. Den i3 gibt es auch mit Range Extender: Der 28 kW starke Zweizylinder-Benzinmotor sorgt bei leerer Batterie für ein Weiterkommen und erhöht die Gesamtreichweite auf knapp 300 km. Aber nicht einmal jeder vierte i3-Käufer greift zur Range-Extender-Variante. Bei der auto touring-Normrunde für E-Autos (jeweils in einem Fahrzeug-Modus, bei dem der Innenraum noch geheizt wird), schaffte der BMW bei fünf Grad Außentemperatur 142 km – die geringste Reichweite im Test. Toll der kleine Wendekreis, gut die Bremsleistung trotz schmaler 155er-Reifen. Anfangs noch witzig: die gegenläufig öffnenden Türen des Viersitzers. Im Laufe der Zeit nervt das Konzept allerdings: Sitzt man hinten, braucht es einen Außenstehenden, um aussteigen zu können, da zuerst die Vordertüren geöffnet werden müssen. Beim Fahren stören die breiten A-Säulen, die die Sicht stark einschränken. Enttäuschend die Serienausstattung: Nicht nur Gleichstrom-Schnell-Laden (CCS) ist aufpreispflichtig, auch beschleunigtes Laden mit Wechselstrom kostet extra. Top die Smartphone-Anbindung via App. Trotzdem mit Respektabstand nur der dritte Platz.
BMW i3 im Bild
VW e-Golf
Unauffällig und nüchtern nach bester Golf-Manier. Wahrscheinlich ein Erfolgsrezept.
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Unspektakulär, unauffällig. Fast keine Platzeinbußen, gute Ausstattung.
Millionen von Golf-Fahrern müssten sich nicht umgewöhnen. Nicht nur von außen ist der e-Golf fast nicht zu erkennen, auch im Cockpit unterscheidet sich die E-Variante nur durch einen zusätzlichen Modus-Schalter. Trotzdem zeigt der VW, dass auch ein konventionelles Auto zu einem guten Elektro-Mobil werden kann. Der Kofferraum ist trotz der Akkus nur minimal geschrumpft und der größte aller Testkandidaten. Lenkung und Fahrkomfort befinden sich wie gehabt auf sehr hohem Niveau, lediglich in flott gefahrenen Kurven sorgt das höhere Gewicht für verstärktes Untersteuern. Verarbeitung und Materialien im Innenraum haben unter der Transformation zum E-Mobil nicht gelitten.
Spannung nach dem Start zur Verbrauchs- und Reichweitenermittlung. Kommt der Golf trotz 300 kg Mehrgewicht an die Reichweite des BMW heran? Er kommt. Und übertrifft sie mit 153 km um elf Kilometer. Nicht viel, aber das können die entscheidenden Kilometer sein. Überdies wärmt die Heizung des Golf im Eco-Modus den Innenraum etwas besser. Preislich liegt der e-Golf mit 35.930 Euro knapp über dem i3. Allerdings ist die Serienausstattung um einiges umfangreicher: Schnell-Laden mit Gleichstrom (CCS), Navigation, vollautomatische Klimaanlage und Tempomat sind beim Golf im Gegensatz zum BMW serienmäßig. Gut und bei jedem E-Mobil wünschenswert: die knallgelben und damit stolpersicheren Ladekabel. Was noch fehlt: eine Beleuchtung des Ladesteckers am Golf.
VW e-Golf im Bild
Kia Soul EV
Spiel, Satz und knapper Sieg für den Koreaner. Vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt.
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Größte Reichweite, günstigster Preis, tolle Ausstattung. Heizt am besten.
Zum ersten mal ein E-Auto und gleich Sieger im Vergleichstest? Ja, Kia hat seine Hausaufgaben gemacht. Schon bei der Entwicklung des "normalen" Soul stand die Elektro-Variante im Lastenheft. Platzangebot und Kofferraum-Volumen sind ausreichend, der Knieraum für die Fonds-Passagiere ist der beste im Vergleich. Preislich liegt der Soul EV mehr als 1.500 Euro unter seinen Konkurrenten – und das bei der besten Ausstattung. Navigation, Schnell-Laden mit Gleichstrom und Wärmepumpe kosten keinen Aufpreis (die Wärmepumpe reduziert den Energiebedarf für Heizung und Klima erheblich und kostet bei beiden Konkurrenten extra). Die Version des Soul EV ohne Schnell-Laden mit Gleichstrom (Chademo) und ohne Wärmepumpe ist um 2.200 Euro günstiger.
Auch bei der Reichweite setzt der Kia die Bestmarke im Vergleich. Genau 198 Kilometer schaffte der Soul. Gleichzeitig sorgte dabei die Heizung – trotz Eco-Modus – für die beste Klimatisierung. Clever die Taste „Driver only“, wenn nur der Fahrer an Bord ist. Elektrotechnisch fein auch die Taste "EV", die alle stromrelevanten Informationen auf den großen Bildschirm bringt: Reichweite, umliegende E-Tankstellen, Ladezustand des Akkus samt Ladedauer oder den aktuellen Stromverbrauch der Klimatisierung. Fein auch die Beleuchtung der Ladebuchse, die sich an der Front befindet. Wunsch an Kia: Das Ladekabel sollte bei tiefen Temperaturen nicht so steif und vor allem bei versperrtem Fahrzeug in der Ladebuchse verriegelt sein.
Kia Soul EV im Bild
Mein Fazit
Kopf schlägt Bauch. Der BMW i3 schafft es, der E-Mobilität große Aufmerksamkeit zu verschaffen. Will man seiner Umwelt zeigen, dass man „grün“ ist, wird der BMW erste Wahl sein. Allerdings hat das Karosserie-Konzept gravierende Nachteile, und die Ausstattung ist vergleichsweise mager. Dass man ein E-Auto nicht komplett neu entwickeln muss, zeigt der VW. Erst wenn man das Strom-Kabel anschließt, werden die Nachbarn den Golf als E-Mobil identifizieren. Der erste Auftritt von Kia auf der E-Bühne überzeugt: größte Reichweite, bester Preis. Und lange Garantie gibt es hier für das ganze Auto und nicht nur für die Batterie.
Zwei Problemfelder betreffen aber alle E-Autos: Sie sind nur so „grün“ wie der getankte Strom. In Österreich mit seinem hohen Stromanteil aus erneuerbaren Quellen (Wasserkraft, Wind, Sonne) hat E-Mobilität Sinn. In Polen, das Strom zu 90 % aus Kohle gewinnt, mutiert ein E-Auto zur CO2-Schleuder.
Und ein profanes Problem kennt jeder E-Mobilist: Zwar werden die E-Zapfsäulen immer mehr, aber fast jeder Anbieter hat sein eigenes Bezahlsystem – die unterschiedlichsten Tankkarten füllen bald ein ganzes Handschuhfach. Bei jeder normalen Tankstelle in ganz Europa kann ich mit meiner Kreditkarte zahlen. Wieso sollte das beim Stromtanken nicht möglich sein?
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