Wer bietet mehr?
In der Kompaktklasse sind SUV oft unpraktisch und Mittelklasse-Kombis zu wenig variabel. Ausweg: die biederen Kompaktvans. Neben Platzhirsch VW mischt jetzt erstmals auch BMW mit. Mit Erfolg?
Dass BMW einmal in einer Fahrzeugklasse mitspielt, die so gar nicht mit dem sportlichen Image der Marke mithalten kann, hätten mit Sicherheit nicht viele gedacht. Mit dem 2er Gran Tourer treten die Bayern aber nun erstmals in der Liga der Kompaktvans an – und das mit nur drei Zylindern und Frontantrieb. Allerdings treffen sie dort auf einen echten Topseller, nämlich den neuen VW Touran. Der Familienliebling wurde nach zwölf Jahren komplett erneuert und basiert in der zweiten Generation jetzt auf dem konzerntypischen modularen Querbaukasten. Der MQB ist Basis für alle Kompaktmodelle bis zum Passat.
Dieses Plattformkonzept soll die Fahrzeug-Produktion vereinheitlichen und schließlich in mehr als 40 Modellen von VW, Audi, Skoda und Seat zum Einsatz kommen. Neben den herkömmlichen Verbrennungsmotoren können auch alternative Antriebe wie Erdgas, Hybrid oder Antriebskomponenten für Elektrofahrzeuge in identischer Lage eingebaut werden. Andererseits verbindet der modulare Querbaukasten vereinheitlichte Technikmaße – wie den bei allen Modellen gleich großen Abstand zwischen Gaspedal und der vorderen Radmitte – mit variablen Parametern, wie etwa Radstand, Spurbreiten und Radgrößen. Dadurch kann das System bei verschiedenen Modellen verwendet werden. Vorteile: mehr Platz im Innenraum, geringeres Gewicht, erhöhte Sicherheit und verbrauchsgünstigere Motoren..
Beide Kompaktvans, sowohl der BMW als auch der VW, bieten serienmäßig fünf Sitzplätze sowie gegen Aufpreis eine dritte Sitzreihe mit zwei zusätzlichen Sesseln. Unter der Haube arbeiten sparsame und daher entsprechend beliebte Dieselvarianten: im BMW 2er Gran Tourer ein 1,5-Liter-Dreizylinder mit 116 PS und im VW Touran ein 1,6-Liter-Vierzylinder mit 110 PS.
Noch dichter beisammen liegen die zwei gut 4,5 Meter langen Vans bei der Serienaustattung und beim Preis. VW verlangt für den Touran in der Topvariante "Highline" knapp über 33.000 Euro, BMW in der zweithöchsten Ausstattungsstufe "Advantage" rund 300 Euro mehr.
BMW 216d Gran Tourer
Die Bayern bringen Premium in die Klasse der biederen Familienvans. Und was sonst noch?
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Sparsam, geräumiger Kofferraum, nur Gewährleistung, wertstabil.
Für Traditionalisten könnte der Einstieg von BMW in die Klasse der Kompaktvans ein Schlag ins Gesicht sein. Für praktisch orientierte Menschen mit Hang zu Premium dagegen eine echte Alternative. BMW zeigt jedenfalls Mut, denn Imagegewinne sind in diesem rückläufigen Segment nur schwer zu erzielen.
Der 2er Grand Tourer bietet bis zu sieben Personen Platz und ist im Vergleich zum fünfsitzigen Active Tourer gut 21 Zentimeter länger. Das schafft zusätzlichen Raum für Beine und Gepäck, im Vergleich zum Touran zwickt’s aber vor allem bei der Innenbreite. Die Sessel in Reihe zwei sind im Verhältnis 60:40 um 13 Zentimeter verschiebbar, die dreigeteilten Lehnen (40:20:40) einzeln vorklappbar. Weniger gut: kurze Schenkelauflage hinten, kein ebener Ladeboden. Vorne sitzt man bequem, die Neigung der Lehnen ist aber nicht stufenlos verstellbar. Bis auf die etwas fummelig erreichbaren Schalter hinter dem Schalthebel ist die Bedienung logisch, ausreichend große Ablagen gibt’s auch.
Kann BMW die "Freude am Fahren" auch in die Van-Klasse transferieren? Antwort: Jein! Auf guten Straßen gibt sich der 2er komfortabel, holprige Kopfsteinpflaster-Pisten sorgen aber für unangenehmes Aufschaukeln der Karosserie. Fein: direkte Lenkung, exakte Schaltung. Der auffallend laufruhige Dreizylinder-Diesel ist kräftig und gibt sich auf der auto touring-Normrunde mit 5 l/100 km zufrieden. Zudem überzeugend: die gute Serienausstattung. Ganz im Gegensatz zur Garantie: Da bietet BMW nämlich nur zwei Jahre Gewährleistung.
VW Touran
Raum für Verbesserungen bietet der geräumige Kompaktvan wenig. Besser wurde er trotzdem.
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Üppiges Platzangebot für Insassen und Gepäck, variabel, kurze Garantie.
Stolze 12 Jahre läuft der VW Touran schon vom Band. In Zeiten immer schnellerer Modellwechsel fast schon eine Ewigkeit. Zeit also, um jetzt die zweite Generation ins Rennen zu schicken. Die Optik ist im Vergleich zum Vorgänger zwar ansprechender, reiht sich aber nahtlos in die unaufgeregte Designsprache des Konzerns ein.
In der Länge hat man den Kompaktvan deutlich gestreckt (plus 13 Zentimeter), der Radstand von knapp 2,8 Metern entspricht dem des Mittelklasse-Modells Passat. Ergebnis: Vor allem in der zweiten Reihe haben die Insassen reichlich Platz. Die drei Einzelsitze können um jeweils 19 Zentimeter verschoben werden, die Lehnen sind vorklappbar. Komplett ausbaubar sind sie allerdings nicht mehr. Auch der ohnehin geräumige Kofferraum hat nochmal ordentlich zugelegt, jede Menge Ablagen, Verzurrösen, ein doppelter Ladeboden oder die niedrige Ladekante machen den Touran praktisch wie nie. Einen Nachteil, speziell auf längeren Strecken, gibt’s trotzdem: die zu kurzen Schenkelauflagen der Sessel in Reihe zwei.
Der gut gedämmte Vierzylinder-Diesel ist ausreichend stark und mit weniger als sechs Litern pro hundert Kilometer auch vernünftig im Verbrauch. Das Fahrwerk des Touran ist straffer als im BMW, jedoch keineswegs unkomfortabler. Lobenswert: das sichere Fahrverhalten. Kein Lob verdient dafür die Garantie, die hält nur zwei Jahre.
Mein Fazit
Raum gewinnt. Der neue VW Touran erobert die Kompaktvan-Krone vor allem wegen seines extrem praktischen und geräumigen Innenraumes. Das Debüt des BMW 2er Gran Tourer ist gelungen. Er ist zwar nicht ganz so praktisch, aber sehr sparsam. Überraschend: Der Touran hält den Gran Tourer sogar bei Agilität und Fahrkomfort auf Distanz.
Das Video zum Vergleichstest