Nein, das wird keine Kaffeefahrt. Darauf lassen bereits die auf dem Flughafen in Belgrad bereitgestellten 35 Skoda Yeti 2.0 TDI 4x4 schließen: Rallye-Beklebung mit den affichierten Namen der Piloten, eine Dachgalerie mit Reservereifen und Holzkeilen, und im Kofferraum ein Notfall-Package mit Abschleppseil, Wagenheber, Drehkreuz, Ersatzlampen, Reifendruckmessgerät, Handschuhen, Feuerlöscher und Schaufel. Der Grund dafür ist klar: Den Teams des ersten Skoda Euro Trek stehen 632 Kilometer – größtenteils abseits befestigter Straßen und in sogar menschenleeren Gebieten – in den Karpaten bevor. Denn in den endlosen Weiten des Gebirgszuges, der sich knapp hinter Österreichs Ostgrenze von der Westslowakei über Rumänien bis nach Serbien erstreckt, kann es lange dauern, bis einem geholfen wird. Sehr lange. Hohe Ansprüche also an Mann und Gerät.
Yeti sucht Dracula
Offroad-Trip von Belgrad über Transsilvanien nach Sibiu: 632 Kilometer quer durch die Karpaten – und das großteils auf unbefestigten Straßen.
Erste Etappe
Vom Nikola Tesla Airport, dem Flughafen von Belgrad, geht es vorerst noch sehr manierlich auf der Autobahn dahin, vorbei an markanten Wegpunkten wie dem mit 115 Metern zweithöchsten Gebäude der Stadt. Der im Stil des Brutalismus errichteten Genex-Turm wurde 1980 von Josip Broz Tito fertiggestellt und besteht eigentlich aus zwei Türmen, die ziemlich weit oben, im 26. Stockwerk, miteinander verbunden sind. Wir lassen das beeindruckend bedrückende Wahrzeichen aus Stahl- und Sichtbeton hinter und uns verlassen nach 80 Kilometern bei Mala Krsna die gut gepflegte Autobahn. Wir wechseln auf eine Landstraße, die uns schnurstracks zur Donau führt. Die Donau ergießt sich hier mächtig und ungezähmt durch eine atemberaubend schöne und von gewaltigen Schluchten durchzogene Landschaft, den Nationalpark Djerab. Von der Stadt Golubac mit ihrer berühmten mittelalterlichen Festung geht es weiter die Donau entlang hinauf ins Banater Mittelgebirge, den Ausläufer des südlichen Karpatenbogens. Hier macht die Landschaft auf uns einen ähnlichen Eindruck wie die Wachau – allerdings vor ihrer Besiedelung. Und die Donau selbst erscheint von der Uferstraße mit ihren unzähligen Kurven aus noch viel blauer als in Niederösterreich.
Kurz darauf passieren wir unter gestrengen Blicken der Zöllner die Grenze nach Rumänien, eine EU-Außengrenze. Es wird langsam dunkel, als wir nach insgesamt 293 gefahrenen Kilometern das Ziel der ersten Etappe erreichen: Herkulesbad, den älteste Kurort Rumäniens. Wir sind endlich am Fuß der Karpaten angelangt.
Zweite Etappe
Am zweiten Tag des Skoda Yeti Treks beginnt das wahre Abenteuer, als sich unser Tross auf die 202 Kilometer lange, größtenteils von Offroad-Passagen dominierte Strecke in die Transilvanischen Alpen begibt. Hans-Paul Buchfellner, vulgo Karpaten-Paul, unser rumänischer Tour-Guide, besteht darauf, den Reifendruck von drei Bar um ein Drittel zu senken: "Wir haben Reifen mit normalem Profil aufgezogen – aber wir brauchen Kletterschuhe mit weicherer Sohle!" Vorbei an Iovanu-Stausee geht über die 1939 unter König Carol II. von Rumänien errichtete Straße des Königs, die DN67C. Die Landschaft, die wir beim Befahren dieser auch "Transalpina-Strecke" genannten Route durch die Parang-Berge passieren, ist geprägt von schroffen Berghängen und dichten, beinahe schon entrischen Waldgebieten. Hier wird der Skoda Yeti das erste Mal auf schmalen, von tiefen Schlammdurchfahrten durchzogenen Forststraßen gefordert. Der mit modernstem Allradantrieb mit Haldex-Kupplung ausgestattete Kompakt-SUV meistert das bravourös.
4.607 Höhenmeter sind bis auf den auf 1.500 Meter hoch gelegenen Kamm des Retezat-Gebirges zurückzulegen. Das Gebiet umfasst insgesamt 381 Quadratkilometer und ist seit 1979 als Biosphärenreservat der UNESCO ausgewiesen. Fernab jeglicher Zivilisation führt der Trail über abenteuerliche, von Edelweiß, Enzian, Königssteinnelken und endlosen Heidelbeerfeldern gesäumten Wegen dem Ende der zweiten Etappe im pittoresk gelegenen Hotel Sf. Petru im Bergdorf Poarta Raiului entgegen.
Dritte Etappe
Vor der Abfahrt nach Transsilvanien ist noch einmal ein Offroad-Abenteuer zu meistern: "60 Prozent der heutigen Schlussetappe sind unbefestigte und kaum befahrene Wege", eröffnet uns Karpaten-Paul, als wir morgens den Yeti entern. Transsilvanien – "Jenseits der Wälder" – das klingt nach Dracula. Den Blut saugenden Grafen hat Bram Stoker, der Schöpfer des Romans, hier angesiedelt, ohne die Landschaft jemals gesehen zu haben. Er hat damit seine unglaublich gute Vorstellungskraft bewiesen: Wo sonst könnte der Vampir besser hineinpassen als hierher?
Wir passieren Gegenden, die unseren Vorfahren noch geläufig waren, die aber über die Jahrzehnte des Kommunismus hinweg in kollektive Vergessenheit geraten sind: das Zibinsgebrige etwa, mit archaisch anmutenden Dörfern, in denen die Menschen ihre schwarz-weißen Trachten noch stolz tragen. Wir sehen riesige Herden von Schafen, Ochsengespanne, die altertümliche Karren ziehen, Heudiemen, auf denen der Weizen in der Mittagssonne trocknet.
Endlich, nach 132 Kilometern, 2.300 Höhenmetern bergauf und 3.381 bergab, nach Steigungen von maximal 31 Prozent und Gefällen von bis zu 28 Prozent, ist Sibiu in Sicht. Das von deutschen Siedlern vor 900 Jahren gegründete Hermannstadt gilt als kulturelles Zentrum Siebenbürgens und zählt heute knapp 150.000 Einwohner. Noch immer erinnern zweisprachige Straßentafeln an die Siebenbürger Sachsen, die den hohen, steilen Dächern ihrer Häuser spezielle Öffnungen gaben, die die Bewohner "Stadtaugen" nennen. Von ihrer Funktion her sind sie längliche Lüftungsschlitze – doch sie verleihen der Dachlandschaft eine charakteristische Note.
Wir sind am Ziel. Dracula haben wir nicht getroffen – Zecken waren die einzigen Blutsauger in der Hitze des Spätsommers. Gegen die kann man sich impfen. Aber vor dem Grafen, gäbe es ihn wirklich, hätten wir mit dem Yeti rasch flüchten können.
Mitarbeit Text: Christian Zacharnik.
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