Zahlen, Daten, Überraschungen
Spannende Statistik: In den Zulassungszahlen der Bundeshauptstadt finden sich überraschende Details – vor allem abseits des ewigen Bestsellers VW Golf.
Österreich ist ein Golf-Land. Seit Jahren, seit Jahrzehnten führt der VW Golf die Verkaufsstatistiken in Österreich an. Dass sich das natürlich auf den Autobestand auswirkt, ist logisch. Stöbert man in den statistischen Zahlen der Bundeshauptstadt, lassen sich aber auch noch viele andere Details herauslesen. Wir haben uns angesehen, welche Autos in den einzelnen Bezirken angemeldet sind, wie sich die Vorlieben von Frauen und Männern unterscheiden und ob das starke Geschlecht wirklich auf starke Autos steht.
Knapp 43.000 VW Golf sind in Wien angemeldet. Zur Einordung dieser Zahl: 2014 wurden in ganz Österreich 19.646 Stück des Bestsellers verkauft. Nicht einmal, wenn man alle Golf-Verkäufe des gesamten Bundesgebiets zwei Jahre lang ausschließlich in die Hauptstadt lieferte, könnte man die Wiener Stückzahl erreichen. 6,3 Prozent der Autos mit Wiener Kennzeichen sind also VW Golf, das ist jeder 16. Pkw.
Die Vorliebe für den Österreich-Bestseller teilen sich übrigens Frauen und Männer zu gleichen: In jedem einzelnen der 23 Bezirke ist der Golf bei beiden Geschlechtern die klare Nummer 1. Aber auf den weiteren Plätzen der Rangliste zeigen sich doch signifikante Unterschiede. Betrachten wir uns einfach einmal exemplarisch den 12. Bezirk, Meidling. Während bei den Männern nach dem Golf (1.011 Fahrzeuge) die Mercedes E-Klasse (487 Stück) und Audi A4 (476 Stück) folgen, sind es bei den Damen nach dem Golf (736) der Škoda Fabia (298) und Opel Corsa (262).
Die Damen geben es einfach eine Nummer kleiner – im wahrsten Sinne des Wortes. Während es bei den Herren der Audi A4 in die Top-Ten jedes einzelnen Bezirkes schafft, findet man ihn dort bei den Damen nur in drei Bezirken (Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus und Brigittenau). Bei den Frauen taucht dafür immer wieder der Audi A3 auf. In 17 von 21 Bezirken ist der kleinere Audi bei den Damen unter den Top-Ten. Bei den Herren bringt er es auf keine einzige Platzierung unter den ersten Zehn. Was für die These spricht, dass es bei den Männern doch auf die Größe ankommt.
Ebenfalls ins Auge sticht ein anderer Frauenliebling: der Peugeot 206. Obwohl diesem Modell schon zwei Generationen nachgefolgt sind (207 und jetzt aktuell 208), ist der Peugeot 206 in allen 23 Bezirken bei den Frauen noch immer unter den zehn bestplatzierten Fahrzeugen zu finden. Nicht so weit verbreitet ist der 206er bei den Männern, schafft es aber noch immer acht Mal in die Platzierungen. Übrigens: Der Nachfolger 207 und der Nachnachfolger 208 tauchen in der gesamten Statistik kein einziges Mal auf.
Erster Bezirk contra Rudolfsheim-Fünfhaus
Beim Blick auf die einzelnen Bezirke hebt sich der 1. Bezirk, die „Innere Stadt“, bei vielen Kennzahlen ab. Hier findet man etwa die Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen. Durchschnittlich 33.111 Euro verdient hier ein Bewohner jährlich (Jahresnettoeinkommen eines unselbstständig Beschäftigten). Und nirgendwo ist die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern so groß wie hier. Während Männer im Schnitt mit 40.707 Euro rechnen können (zumindest statistisch), müssen sich Frauen mit 25.496 Euro begnügen (also mit 46 Prozent weniger).
Zum Vergleich der 15. Bezirk, Rudolfsheim-Fünfhaus, mit dem geringsten Durchschnittseinkommen: 16.688 Euro (Männer 17.711 Euro, Frauen 15.507 Euro). Schwacher Trost für die Einwohner von Rudolfsheim-Fünfhaus: In keinem anderen Bezirk ist der prozentuelle Unterschied im Einkommen von Frauen und Männern geringer (13 Prozent).
Die hohe Finanzkraft des 1. Bezirks zeigt sich dann auch bei den Autos. Während im Wien-Durchschnitt 386 Pkw pro 1.000 Einwohnern zugelassen sind, schießt diese Zahl in der Inneren Stadt förmlich durch die Decke. Auf 1.000 Einwohner kommen hier sage und schreibe 1.050 Kfz. Aber statistisch hat hier nicht jedes Baby und jeder Greis ein Auto – die hohe Anzahl an Firmen oder Institutionen wirkt sich hier drastisch aus. In der Zulassungsstatistik werden diese als "juristische Personen" geführt. Mehr als die Hälfte machen die Zulassungen auf juristische Personen aus. Trotzdem bleibt damit aber noch immer eine überdurchschnittliche Kfz-Dichte auch bei den Privatpersonen.
Dass hier nicht gerade die ärmsten Wiener zuhause sind, zeigt wieder einmal der Blick auf die Top Ten. Sogar ein Sportwagen schafft es bei den männlichen Einwohnern der Inneren Stadt in die Rangliste. Das sechsthäufigste Auto mit 51 Zulassungen ist der Porsche 911 – noch vor Opel Astra, Volvo V70 oder Peugeot 307. Auch in der Gesamtsumme aller Modelle liegt Porsche im ersten Bezirk bei den Männern vor Opel und Peugeot.
Das wirkt sich natürlich auch auf die PS-Statistik aus. Mit einer Näherungsrechnung (die vorliegende Statistik gliedert nur in PS-Klassen auf) haben wir festgestellt: Während im Rest Wiens die Autos im Schnitt zwischen 107 und 120 PS unter der Motorhaube haben, sind es in der Inneren Stadt gleich einmal 144 PS. Und ja, natürlich fahren auch dort die Männer stärkere Autos, die brauchen das anscheinend: Der statistische Herr Mustermann fährt mit 146 PS, während Frau Musterfrau mit 119 PS das Auslangen findet.
Der Geschlechtsunterschied in der PS-Zahl zeigt sich auch in allen anderen Bezirken, allerdings nicht so ausgeprägt. Die Unterschiede liegen zwischen 15 und 20 PS.
Ein weiteres interessantes Detail: Die PS-stärksten Autos sind aber in jedem Bezirk auf "juristische Personen" angemeldet – also Firmenwagen. Im 1. Bezirk etwa liegt deren durchschnittliche Motorleistung bei rund 150 PS.
Natürlich muss man die Statistik auch immer im entsprechenden Kontext sehen. Sonst würde man den 3. Bezirk (Landstraße) fälschlicherweise als absolutes österreichisches Zentrum der Smart-Fortwo-Fans sehen. 778 Stück sind hier auf juristische Person zugelassen. In erster Linie auf eine Firma: Hier hat das Carsharing-Unternehmen car2go seinen Firmensitz. Die kleinen Zweisitzer wuseln aber in ganz Wien durch die Straßen.
Und zum Abschluss noch eine interessante Erkenntnis: Lassen wir das Phänomen Golf einmal weg und betrachten wir, worauf "Mann" in den einkommensschwachen Bezirken abfährt. Wir sprechen also von Rudolfsheim-Fünfhaus, Brigittenau, Favoriten, Simmering und Meidling. Diese Bezirke haben nicht nur ein geringes Durchschnittseinkommen gemeinsam. Auch Platz 2 der Zulassungsstatistik bei den Männern belegt in all diesen Bezirken das gleiche Fahrzeug: Mercedes E-Klasse. Und alle werden nicht ein Taxi-Schild tragen. Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass es sich in der Mehrzahl nicht um die aktuellsten Modelle handelt.