— Du bist quasi auf der Bühne aufgewachsen. Kennst du Lampenfieber?
Alina Schaller:Ja, natürlich. Ich war früher auch sehr schüchtern. Meine erste Hauptrolle als Kind war die Angstfee (lacht). Die Schüchternheit habe ich aber abgelegt und mittlerweile bin ich auch nicht mehr so nervös. Lampenfieber kann aber auch was Gutes sein, denn es führt dazu, dass man sich selber spürt. Und so nimmt man die Rolle und die ganze Situation sehr ernst. Im Theater war es immer schon so, dass meine Nervosität verschwand, sobald der Vorhang aufging. Darauf kann ich mich auch heute noch verlassen (lacht).
— Schauspielausbildung hast du aber keine?
Alina Schaller:Ausbildung habe ich noch keine. Aber ich habe immer wieder Kurse absolviert, darunter auch die Meisner-Technik, und das werde ich bestimmt so weitermachen. Ich hatte bisher ein Megaglück, dass ich mit Regisseuren und Schauspielern gearbeitet habe, von denen ich einfach ganz viel gelernt habe und auch jetzt noch urviel lerne.
— Dann bist du ein Naturtalent?
Alina Schaller:Das weiß ich nicht.
— Dass du bei den "Vorstadtweibern" auf Anhieb genommen worden bist, das sagt schon viel aus.
Alina Schaller:Kann sein. Für das Außenbild sagt es vielleicht viel aus, aber für einen selbst...
— Du bist sehr hart zu dir.
Alina Schaller: Ich bin sehr selbstkritisch. Es gibt so gut wie keine Theater-Aufführung, nach der ich ganz zufrieden bin. Nach einem Dreh würde ich am liebsten immer sagen: "Hey, wir machen jetzt noch einen Take", weil es nicht perfekt war. Ich bin sehr perfektionistisch. Meine Emotion muss richtig sein und es muss im Stück oder in der Szene einfach der echteste Moment gegeben sein, den ich herstellen kann.
— Und wie kannst du die richtigen Emotionen fühlen bzw. herstellen?
Alina Schaller:Mit ganz viel Vorarbeit. Ich sehe es als Aufgabe, dass ich mich so sehr in diese Rolle und in die Welt hineinrecherchiere, dass ich flexibel agieren kann und keinen falschen Ton treffe. Das ist sehr interessant. Ich bin echt begeisterungsfähig (lacht). Wenn meine Rolle zum Beispiel eine Umweltaktivistin ist, dann tigere ich mich richtig in das Thema rein. Es kann schon sein, dass dann auch ein Teil hängen bleibt (lacht).
— Du spielst oft mehrere Rollen gleichzeitig – drehst für Serien und stehst abends auf der Bühne im Theater. Fällt es dir schwer, zwischen den Figuren zu wechseln?
Alina Schaller:Nein – das hat doch was mit Professionalität zu tun. Man kennt seine Rollen und weiß dann auch, wann man wieder privat ist. Ich halte nicht so viel davon, wenn Schauspieler sagen: "Ich komm nicht mehr aus der Rolle raus." Da wäre dann etwas falsch gelaufen.
— Hast du einen speziellen Ablauf, bevor du in eine Rolle schlüpfst? Wie bereitest du dich auf die Szene oder das Theaterstück vor?
Alina Schaller:Verschieden. Kurz vorm Take oder der Vorstellung brauche ich meine Ruhe. Ich zieh' mich in ein dunkles Eck zurück. Ich mache meine Sprechübungen – so Basic-Zeug. Ich wärme mich technisch auf. Bei manchen Rollen höre ich eine bestimmte Musik dazu… oder es ist eine gewisse Körperlichkeit, die man da hat.
— Du nimmst die Körperhaltung der Figur quasi schon vorher ein?
Alina Schaller:Jeder Mensch sitzt anders da. Meine Figur sitzt vielleicht etwas eingesunkener. Es gibt auch ganz starre Figuren. Das gehört zum Prozess der Schauspielkunst dazu, wie man eine Rolle nach außen trägt. Es ist meist besser gespielt, wenn man sich vorbereitet und in die Rolle reinversetzt. Und nicht einfach so auf die Bühne geht und schaut, was passiert – obwohl: Das wäre auch voll spannend.
— Prinzipiell stecken ja alle Emotionen in jedem Menschen.
Alina Schaller:Ich denke, man muss nicht alle in sich haben. Wenn man die Rolle gut erarbeitet hat, kann man ja auch eine Wut spüren, die man selber niemals so empfinden würde. Fantasie spielt dabei auch eine große Rolle – dieses "was wäre wenn". Man stellt sich vor, wie es wäre, wenn dieses oder jenes passiert.
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