Interview mit "Sisi"

Mehrmals im Jahr schlüpft Annabella Leu in die Rolle der Sisi in Bad Ischl. Die 33-Jährige erzählt, wie es sich als "Kaiserin" anfühlt. 

Seit 13 Jahren ist Annabella Leu die offizielle Sisi-Darstellerin in Bad Ischl. Wir treffen die 33-jährige Jungmutter und Freizeit-Sisi in der Kurstadt im Salzkammergut und genießen das Sisi-Feeling, das beim Spaziergang aufkommt (hier finden Sie den Artikel zur Städtereise Bad Ischl). Annabella macht es sichtlich Spaß als Kaiserin aufzutreten. Im Gespräch erzählt sie von den Tücken des Kostüms, welchen Schönheitsritualen der echten Sisi sie sich nicht unterziehen würde und wo sie historisch nicht korrekt ist.

— Wann begannen Sie als Bad Ischler Sisi?

Annabella Leu:Ich mache das jetzt seit 2011.

— Kommt immer noch Freude auf, wenn Sie in dieses Kostüm schlüpfen?

Annabella Leu:Ja, und es ist auch schön, diese absolute Freude in den Gesichtern zu beobachten, wenn mich die Leute sehen. Bei Kindern immer, aber auch bei Erwachsenen.

— Was ist daran am anstrengendsten?

Annabella Leu:(lacht) Das Kostüm anzuziehen. Dabei brauche ich auch Hilfe und das Korsett schnürt natürlich ein, aber es hält auch alles zusammen (lacht).

— Wie ist es im Sommer?

Annabella Leu:Da kann es schon heiß werden, aber der Reifrock ist doch recht breit und dadurch geht es. Es spielt sich auch ein. Der erste Tag ist zumeist mühsam, danach wird es besser.

— Für unseren Fototermin sind Sie im Ballkleid gekommen. Haben Sie noch andere Kostüme?

Annabella Leu:Ja, ich habe verschiedene Garderoben, je nach Anlass. Für den Winter habe ich zum Beispiel Fellhauben. Dieses Ballkleid wird eher selten angezogen, vielleicht zwei Mal im Jahr.

— Wie viele Kostüme haben Sie?

Annabella Leu:Insgesamt sieben Stück. Einige werden vom Tourismusverband zur Verfügung gestellt. Aber ich habe mit einer Schneiderin auch schon etwas anfertigen lassen und ein wenig schneidere ich selbst.

— Wie oft sind Sie als Sisi unterwegs?

Annabella Leu:In der Kaiserwoche bin ich sehr präsent. Heuer anlässlich des Kulturhauptstadt-Jahres kommen noch mehrere Auftritte dazu. Die Kaiserwoche ist sehr wichtig für mich, aber natürlich bin ich auch auf weiteren Veranstaltungen zugegen. Auch beim Tourismusverband kann angefragt werden, ob ich für einen Empfang Zeit hätte, auf ein Glaserl Sekt oder zu einer Fotobox vorbeikommen könnte. Im Jahr komme ich da manchmal auf rund 20 Termine als Sisi.

— Also kein Vollzeitjob?

Annabella Leu:Nein, ich bin im Theater- und Kongresshaus angestellt. Auch dort ergeben sich immer wieder Termine. Da wird öfter nachgefragt, ob die Sisi am Abend bei einem Sektempfang dabei sein kann. So lässt sich das auch gut vereinbaren. Aber es ist ein Hobby und ich mache es in meiner Freizeit, solange es mir Spaß macht.

— Sie fühlen sich nicht als Sisi?

Annabella Leu:Ich fühle mich keinerlei personifiziert als Sisi. Ich kenne gerade die alten Filme, aber ich habe kein Auge für komplette historische Korrektheit. Das bedeutet, dass ich natürlich moderne Dinge zur Hilfe nehme. Schließlich muss ja nicht so wie früher gelitten werden. Da trickse ich mit ein paar Sachen wie Dampfbügeleisen. Nicht zu vergessen moderne Unterwäsche, Hygiene und Schminke sind auch ganz nett (lacht).

— Gab es auch kuriose Momente?

Annabella Leu:Es ist immer sehr spannend, wenn Menschen zu mir kommen, die sagen, sie würden mich verehren und hätten ein Bild von mir am Nachtkasterl stehen. Gemeint ist aber nicht mein Bild, sondern das der Kaiserin. Das ist für mich erheiternd. Ansonsten fällt mir jetzt gar nichts ein, das Ganze wird irgendwann normal. Solange es mich persönlich nicht einschränkt, dürfen alle ihre Spleens haben.

— Ihr Lieblingsplatz in Bad Ischl?

Annabella Leu:Ich mag den Kalvarienberg sehr gerne, den Wald und eher ruhige Plätze.

— Also doch eine Gemeinsamkeit mit Sisi…

Annabella Leu:Ja, das schon. Aber das ist in Bad Ischl ganz normal, hier gehen wir schon von klein auf mit den Eltern oder Großeltern auf die umliegenden Berge und in die Natur.

— Wie lange dauert es, bis Sie verwandelt sind?

Annabella Leu:Zwei Stunden. Die meiste Arbeit sind dabei meine Haare, die mache ich immer selber. Das dauert dann rund 90 Minuten plus eine halbe Stunde schminken und anziehen.

— Welches Schönheitsritual der Kaiserin würden Sie machen, welches nicht?

Annabella Leu:Das mit der Haarpflege mache ich schon, aber nicht so extrem wie sie (Anm. Sisi benötigte einen ganzen Tag zum Haarewaschen und -pflegen). Was ich nicht tun würde, wäre, diese strenge Diät zu halten. Dafür esse ich zu gerne vor allem auch Süßigkeiten (lacht).

— Ich hätte darauf gewettet, dass Sie die Kalbfleisch-Gesichtsmaske ablehnen würden…

Annabella Leu:(lacht) Nein, das würde alles gehen, aber ich esse zu gerne.

— Was war Ihr schönster Moment als Sisi-Darstellerin?

Annabella Leu:Ja, das ist eigentlich immer die Kutschfahrt nach dem Kaiserzug vom Bahnhof zum Kurpark. Es ist jedes Mal unglaublich, diese jubelnde Menschenmenge zu sehen, die eigentlich nur wegen uns da ist. Das ist auch immer ein sehr demütiger Moment, in dem ich dankbar bin, dass ich das machen darf. Ich bin auch dankbar dafür, dass sie mich noch haben wollen, obwohl ich schon grau werde. Aber ich denke, auch das gehört dazu und es muss nicht immer die schöne 18-jährige Sisi und der alte Kaiser mit Bart sein. Es darf schon der Zeit angemessen und passend sein und da darf die Realität schon ein wenig mitspielen.

— Fühlen Sie sich mittlerweile schon als Promi?

Annabella Leu:Mir wird zwar immer gesagt, dass mich jeder erkennt, dieses Gefühl habe ich aber nicht. Ich versuche mich immer mit den Leuten zu unterhalten. Dabei höre ich auch immer, dass ich sehr bodenständig bin. Es ist mir auch sehr wichtig, diese Gespräche auf Augenhöhe zu führen, denn niemand soll glauben, ich wäre abgehoben. Ich bin ohne Kostüm ein normaler Mensch, der seine Brötchen verdienen muss.

— Wie lange werden Sie noch weitermachen?

Annabella Leu:Solange sie mich haben wollen, ich hoffe noch lange (lacht).