— Wie war dein Gefühl, als die Reise vorbei war?
Jasmin Böhm:Es war zunächst ein Gefühl der vollkommenen Überwältigung, aber auch ein ambivalentes Gefühl: Gleichzeitig Freude über das Ankommen, da die Anstrengung doch groß war, aber durchaus ein Widerwille, das Ziel erreicht zu haben. Wir sind schließlich monatelang immer weiter Richtung Küste gefahren und dann steht man auf einmal an und fährt mit dem Zug wieder retour.
Auch das war einerseits absurd, denn die ganze Landschaft, die wir beim Runterfahren gesehen haben, raste dann im Zug an uns vorbei. Andererseits war es aber auch cool, denn so konnten wir die ganze Reise noch einmal Revue passieren lassen.
— Wie lange hat die Rückreise gedauert?
Jasmin Böhm:Mindestens eine Woche, das war auch gut so, denn so konnten wir uns an den Gedanken gewöhnen (lacht).
— Wie war es, zu Hause anzukommen und wieder ein richtiges Bett zu haben?
Jasmin Böhm:Ich habe es nicht vermisst, als ich unterwegs war. Doch ins eigene Bett zu fallen ist schon ein tolles Gefühl und auch wieder in der eigenen Wohnung zu sein, die einem riesig und luxuriös vorkommt. Da denke ich jedes Mal: "Wow, was für ein Palast und Luxus, eine Waschmaschine, Kühlschrank und so viele Steckdosen!" (lacht) Dabei sind es nur 50 Quadratmeter. Aber wenn ich daheim bin, vermisse ich es nach drei Tagen schon wieder, draußen zu sein (lacht).
— Wie war es für dich, nonstop die Verantwortung zu haben, ohne Verschnaufpause?
Jasmin Böhm:Für mich war es unglaublich entspannend, keine drei Jobs mehr zu haben (lacht). Ich war immer schon alleinerziehend, das kannte ich nicht anders. Aber die Kombination aus allem, das war mir zu viel. Daher war es purer Luxus, mich nur noch um meinen Sohn zu kümmern, ein Essen und einen Schlafplatz zu organisieren. Es war für mich also nicht anstrengend, sondern einfach nur schön.
Emil war auch die ganze Zeit so gut gelaunt, ich kann mich nicht daran erinnern, dass er geweint hätte oder unzufrieden war. Jetzt wieder zu Hause wird andauernd diskutiert (lacht). Ich weiß nicht, woran es liegt, aber auf der Tour verstehen wir uns viel besser als daheim. Da ist es sehr harmonisch.
— Zu Beginn schreibst du im Buch vom Traumjob im Museum. Ist das immer noch so?
Jasmin Böhm:Ich weiß selbst nicht genau, ob ich das noch will. Vielleicht als selbstständige Kuratorin, denn auch im Museum wären das sehr undankbare Arbeitszeiten. Viele Veranstaltungen und Überstunden, das kann ich mir gar nicht mehr vorstellen.
— Wie schaut es mit deinem Doktorat aus?
Jasmin Böhm:Das möchte ich auf jeden Fall fertigmachen, denn das Schreiben macht mir viel Spaß, sowohl Bücher schreiben als auch wissenschaftliches Arbeiten. Das nächste Projekt ist aber mein Roman.
— Was würdest du Menschen raten, die mit ihrer Lebenssituation unglücklich sind?
Jasmin Böhm:Vertrauen und Mut zu haben und den ersten Schritt zu setzen, in irgendeine Richtung. Und es nicht bereuen, auch wenn es nichts wird.
— Gibt es etwas, also aufs Radfahren bezogen, dass du mit der jetzigen Erfahrung anders gemacht hättest?
Jasmin Böhm:Definitiv hätte ich gerne von Anfang an ein Gravelbike gehabt. Das wollte ich auch, doch im Fahrradgeschäft haben sie es mir ausgeredet. Die meinten, ein Trekkingbike ist besser und schicker. Meine Antwort war: "Ich möchte nichts Schickes, ich brauche etwas Praktisches." Doch ich habe mich beeinflussen lassen. Mittlerweile habe ich gelernt, meinem Gefühl zu vertrauen.
— Was war das Problem beim Trekkingbike?
Jasmin Böhm:Mehrere Dinge: Die aufrechte Haltung am Trekkingbike ist auf geraden Strecken zwar angenehmer, aber die fahre ich selten. Außerdem ist der Lenker gerade und bei der Südspanien-Tour hatte ich deshalb immer eingeschlafene Hände. Die waren am Abend oft so lange Zeit taub, dass ich manchmal dachte, es geht gar nicht mehr weg. Beim Gravelbike hingegen ist der Lenker gebogen, was den Positionswechsel der Hände erleichtert. Bei der längeren Istanbul-Tour hatte ich daher keine Probleme mit eingeschlafen Händen.
— Es darf wirklich nicht unterschätzt werden, wie wichtig die richtige Haltung und das Lenkrad sind…
Jasmin Böhm:Auf alle Fälle! Bei mir hat das nach drei Wochen angefangen und die restliche Tour angehalten. Das war sehr nervig.
— Dein Tipp an Radreisende?
Jasmin Böhm:Das richtige Rad kaufen und bei der Radhose nicht sparen (lacht).
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