Stichwort Führerscheinrichtlinie: Die Kommission hat Einschränkungen für ältere Fahrzeuglenker und -lenkerinnen vorgeschlagen. Worauf müssen wir uns gefasst machen?
Barbara Thaler: Wenn man sich die Vorschläge der Kommission samt Begleitdokumenten ein bisschen genauer anschaut, erkennt man deutlich, dass es eigentlich keinen statistischen Nachweis gibt, dass ältere Menschen nur aufgrund ihres Alters als Verkehrsteilnehmer unsicherer unterwegs wären.
Ich glaube nicht, dass verpflichtende Maßnahmen ab 70 Jahren im Gesetz stehen werden. Das wäre meiner Meinung nach Altersdiskriminierung.
Barbara Thaler, Abgeordnete zum Europäischen Parlament
Auf jeden Fall wird den Mitgliedstaaten die konkrete Ausgestaltung überlassen bleiben. Das kann von einer freiwilligen Selbsteinschätzung bis zu verpflichtenden medizinischen Checks reichen. Die Bandbreite, wie die Mitgliedstaaten laut Kommissionsvorschlag damit umgehen können, ist sehr breit. Aus persönlicher Sicht glaube ich, dass verpflichtende Maßnahmen ab 70 Jahren nicht im Gesetz stehen werden. Das wäre meiner Meinung nach Altersdiskriminierung.
Auch für junge Lenker findet sich im Ausschussbericht ein Vorschlag massiver Einschränkungen. Welche genau sind das und wie stehen Sie dazu?
Barbara Thaler: Die Berichterstatterin des Ausschusses, die Französin Karima Delli von den Grünen, hat ihren Bericht kürzlich vorgestellt, aus dem ich deutlich herauslese, dass sie das Autofahren so schwer wie möglich machen will. Nicht nur für ältere, sondern auch für jüngere Autofahrer. Aber wenn man sich informell im Parlament umhört, kann ich von keiner Fraktion besonders viel Zustimmung erkennen.
Ein konkretes Beispiel: Delli schlägt vor, dass der normale B-Führerschein auf Fahrzeuge mit 1.800 Kilo beschränkt sein soll, und will eine neue Kategorie B+ für schwerere Autos einführen. Damit würde man für viele Familienautos und vor allem auch Elektroautos eine eigene neue Lenkerberechtigung brauchen. Aber war es in der Realität jemals ein Problem, dass jemand mit B-Führerschein ein Auto lenkt, das mehr als 1.800 Kilogramm hat? Wir werden auf Ausschussebene versuchen, das wieder auf eine neutrale und praktikable Regel zurückzubringen. Delli will auch l17 abschaffen und die Möglichkeit streichen, dass die Mitgliedsstaaten gewisse Führerschein-Kategorien für jüngere Menschen öffnen dürfen.
Aber keine Sorge, das ist nur der Vorschlag der Berichterstatterin im Ausschuss. Dafür gibt es keine Mehrheiten, noch nicht einmal im Ausschuss selbst. Wir haben noch gar nicht begonnen, das innerhalb der Fraktionen zu verhandeln.
Europaweit fehlen Lkw- und Bus-Lenker. Sind Maßnahmen gegen diesen Personalmangel geplant?
Barbara Thaler: Ja, definitiv, das ist mir persönlich ganz wichtig. Wir könnten das Führerschein-Alter heruntersetzen oder Fahrer aus Drittländern anwerben. Es gibt auch erfolgreiche Programme in einigen Mitgliedsländern, zum Beispiel Irland und Schweden, wo man Schulabbrecher und -abbrecherinnen gezielt anspricht, ihnen diesen Beruf vorschlägt und damit eine sinnvolle Aufgabe und auch die Möglichkeit gibt, gut zu verdienen.
In Zukunft wird das Problem vielleicht auch die Technik lösen, vielleicht übernimmt in 15 Jahren der Computer die Langstrecke, aber im Moment, im Hier und Jetzt, müssen wir den Markt für Jüngere öffnen.
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