Frau Dr. Shirvani, wie sind Sie zur Synthetischen Biologie gekommen?
Tara Shirvani:Meine Reise in die Welt der Synthetischen Biologie begann während meines Doktorats an der Universität Oxford. Dort konzentrierte ich mich auf die Erforschung von Algen als potenzielle grüne Alternative zu fossilen Brennstoffen. Mein Ziel war es zu verstehen, wie man Algen genetisch so verändern kann, dass sie möglichst effizient treibstoffähnliche Produkte produzieren. Es ging also um das Erschaffen von Turbo-Algen.
Was wurde aus dem Forschungsprojekt? Hat es geklappt?
Die Umsetzung im Labor funktioniert mittlerweile, allerdings sind die Kosten noch immer ein Hindernis, besonders ohne eine CO2-Bepreisung, die grüne Alternativen wirtschaftlich attraktiver machen würde. Trotz dieser Herausforderung hat mich dieser Ansatz nie mehr losgelassen.
Können Sie die Grundidee der Synthetische Biologie in einfachen Worten erklären?
Synthetische Biologie ist das gezielte Herstellen von biologischen Systemen oder Komponenten. Das können Nachbildungen von in der Natur vorkommenden Strukturen sein oder ganz neue, im Labor erschaffene Organismen. Das Faszinierende daran ist unsere mittlerweile erlangte Fähigkeit, die Bausteine allen Lebens – die DNA – zu lesen, zu schreiben und anzupassen. Früher war es äußerst kompliziert und kostspielig DNA-Sequenzen zu verstehen und zu manipulieren, aber besonders durch KI sind die Kosten dafür stark gesunken. Dies hat die Entwicklung einer Industrie begünstigt, die es uns ermöglicht, mittels Synthetischer Biologie völlig neue Produkte zu schaffen.
Wie kann dieser Ansatz sinnvoll und sicher genutzt werden?
Synthetische Biologie öffnet uns eine Reihe völlig neuer Möglichkeiten, denn sie erlaubt uns, die Welt als eine Art Plattform verschiedener Fähigkeiten zu betrachten und zu nutzen. Stellen Sie sich vor, wir möchten die Eigenschaften von Libellenflügeln, die ein extrem leichtes Material sind, nachahmen. Mit der Synthetischen Biologie könnten wir die verantwortlichen DNA-Sequenzen identifizieren und ganz einfach im Labor ohne die Libelle selbst nachbilden, um diese leichten Strukturen in Branchen wie der Luft- und Raumfahrt einzusetzen. Solche Anwendungen waren bisher nicht möglich. Sie eröffnen uns nun völlig neue Industriezweige – mit bedeutenden Implikationen für den Klimaschutz und die Bewältigung des Klimawandels.
Welcher Beitrag wäre aktuell denkbar?
Es gibt sicher kein Allheilmittel zur Bewältigung des Klimawandels. Doch die Synthetische Biologie bietet eine Reihe vielversprechender Ansätze. Die Erfahrung zeigt, dass ein Leben voller Einschränkungen für die Mehrheit der Menschen nur sehr schwer vorstellbar wäre. Auf diese Weise werden wir die Herausforderungen also vermutlich nicht lösen können. Wenn wir also unseren Lebensstil beibehalten wollen, müssen wir klimafreundliche Lösungsansätze entwickeln. An dieser Stelle kommt die Synthetische Biologie ins Spiel. Sie bietet das Potenzial für umweltfreundliches Wachstum durch die Herstellung von grünen Alternativen und innovativen Lösungen.
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