— Wie überprüfe ich denn den Wahrheitsgehalt?
ingrid brodnig:Da gibt's ein ganz simples Beispiel: Einfach die wahrgenommene Behauptung in Google eingeben und dahinter das Wort Faktencheck schreiben.
Sehr viele Lügen funktionieren aber auch über alte oder manipulierte Bilder, über Bilder, die teilweise gar nicht zum Artikel gehören, die zu einem anderen Zeitpunkt und/oder an einem anderen Ort aufgenommen worden sind. Trotzdem gilt: Je emotionaler das Thema, desto genauer sollte ich hinsehen. Ob ein Bild echt ist, kann beispielsweise mit der Google-Bildersuche überprüft werden.
— Je emotionaler ein Posting verfasst ist, desto skeptischer sollte ich also sein?
ingrid brodnig:Ja, weil Falschmeldungen sehr oft über Gefühle funktionieren, sodass man im Affekt die Meldung anklickt und teilt. Das funktioniert einerseits mit Wut, weil ich z.B. irgendjemand oder irgendetwas nicht mag, oder andererseits mit Begeisterung. Angst spielt auch manchmal eine Rolle. Auf diese Emotionen sollte ich jedenfalls achten.
— Instagram und TikTok sind Apps, die praktisch ausschließlich auf die Macht der Bilder setzen und vor allem bei Jugendlichen sehr beliebt sind – stimmt Sie das nachdenklich?
ingrid brodnig:Ich glaube, dass Jugendlichen sehr bewusst ist, dass man Bilder sehr gut fälschen kann. Ich glaube aber auch, dass sie im Zweifelsfall Bildern trotzdem sehr stark glauben. Es gibt dazu eine Untersuchung der Universität Stanford, die das untermauert und bei der sich herausgestellt hat, dass Schüler Fotos recht leichtgläubig als authentisch einstufen – das galt auch für Fotomaterial mit irreführender Bildunterschrift.
Was mir aber Grund zur Hoffnung gibt, ist, dass immer mehr Jugendliche Videos z.B. für YouTube oder Instagram selber schneiden, selbst die Bildbearbeitung machen. Das heißt, sie müssten von der Kompetenz her eigentlich wissen, wie leicht Bilder und Videos manipuliert bzw. gefälscht werden können.
— Wie gehe ich mit Hass im Netz um, wenn er mich persönlich betrifft?
ingrid brodnig:Wenn ich selbst betroffen bin, ist das Allerwichtigste, nicht alleine zu bleiben. Das heißt, dass ich z.B. meinen Bekannten und Freunden schreibe: "Schaut, was ich gerade erlebe." Die werden vielleicht Tipps haben, vor allem aber werden sie Solidarität zeigen. Das ist vor allem deswegen wichtig und hilft, weil ich dann sehe, dass das andere auch nicht in Ordnung finden.
Auch wichtig: dokumentieren, verständliche Screenshots machen, denn: Es kann sein, dass ich Dinge auch anzeigen möchte, wenn die Sache richtig übel wird. Und da muss ich das gut vor Gericht belegen können. Im schlimmsten Fall, also wenn es beispielsweise bedrohlich wird, müssen juristische Konsequenzen gezogen werden. In Österreich gibt es übrigens etwas wirklich Tolles: Zara, die Meldestelle gegen Hass im Netz. An die kann ich mich im Zweifelsfall wenden, und die beurteilen dann juristisch, ob geklagt werden kann (Anm.: www.zara.or.at).
Das Wichtigste aber ist, nicht alles stumm hinzunehmen, sondern mit meinem Umfeld darüber zu reden.
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