Eine schwierige Frage: Ich habe Videos von Festivals gesehen, wo ihr von der üblichen betrunkenen Männerschar mit den nicht auszurottenden Zurufen in Sachen "Ausziehen!" konfrontiert werdet. Wie geht ihr damit um und wie kann man sowas endlich loswerden?
rebecca lovell: Ich liebe diese Frage, finde es aber gleichzeitig traurig, dass du der erste bist, der sie uns stellt. Ein aufrichtiges Danke dafür. Mir ist klar, dass wir als Menschen jeden Tag unbewusst Einschätzungen treffen für alle, die rund um uns sind. Das liegt in unserer Natur. Wir alle tun das, ich auch. Da denkt man sich: "Oh, der ist dick". Oder: "Ein bisschen zuviel Ausschnitt, Mädchen". Das ist Teil unseres Menschlich-Seins, dass wir ein Buch nach dem Cover beurteilen – also nach dem Äußeren gehen. Was mich aber schon stört, ist, wenn Typen zu unseren Konzerten kommen und zehn Sekunden, nachdem sie zwei hübsche Frauen auf der Bühne sehen, mit diesen Zurufen beginnen. T-Shirt nass machen und so. Zu diesem Zeitpunkt haben Megan und ich aber noch nicht einmal den Gitarrenhals berührt. Die wissen also gar nicht, was jetzt auf sie zukommt, nehmen aber an, dass das, was wir gleich tun werden, jener weiblichen Optik entspricht, die sie sich in ihrer Dummheit vorstellen, wenn sie allein in der Nacht im Bett liegen.
megan lovell: Wir sind schon auf so vielen Bühnen gestanden und über die Jahre so abgehärtet, dass uns sowas im Ablauf eines Konzerts eigentlich nicht mehr stört. Das Problem daran ist nur: Ein Larkin Poe-Konzert lebt immer von gemeinsamer Freude mit dem Publikum. Viele Fans sehen uns naturgemäß zum ersten Mal, die wollen also überrascht werden. Wenn dann aber so ein Typ ausgerechnet neben dir steht, der uns im BH spielen sehen will, dann ist dieses Erlebnis kaputt.
Okay, aber wie geht ihr mit solchen Typen konkret um?
rebecca lovell: Meist reicht der erste Akkord. (lacht) Aber grundsätzlich sind uns irgendwelche Geschlechts-Stereotype egal, das prallt an uns ab wie das sprichwörtliche Wasser vom Rücken einer Ente. Als Profi-Musiker geht das ja auch nicht anders, da brauchst du einfach eine sehr harte Haut.
megan lovell: Die einzigen Momente, wo wir manchmal damit spielen, sind unsere Lyrics. Unser neues Album heißt ja sarkastisch "Self Made Man", in Anlehnung an das männliche Stereotyp schlechthin.
rebecca lovell: Du wolltest wissen, was ich von der Bühne aus mit solchen Männern mache. Dazu vielleicht ein Geheimnis: Man sieht und hört von dort oben jedes einzelne Gesicht in der Menge. Im Publikum bist du aus Sicht der Band nicht anonym. Ist also einer dabei, der sich ein wenig daneben benimmt und hin und wieder unpassenden Müll grölt, kann das ablenkend wirken, stört mich als Profi meist aber nicht. Wenn er aber beginnt, so richtig aufzufallen, also das Erlebnis für die anderen rund um ihn kaputt zu machen, dann kümmere ich mich um ihn – und zwar so, dass nur er es bemerkt. Ich paare meine Augen mit seinen, minutenlang. Was immer dazu führt, dass ihn mangels vermeintlicher Anonymität das Selbstbewusstsein verlässt und er langsam nach hinten ins dunkle Eck der Halle zurück marschiert.
megan lovell: Wir brauchen das einfach nicht. Wir sind an diesem Abend da, um zu unterhalten, unsere Instrumente gut zu spielen und damit Energie hin- und herzuschicken.
Rebecca und Megan, danke für das Gespräch. Zum Abschluss: Was sind die besten drei Alben der Musikgeschichte für einen Roadtrip aus Sicht von Larkin Poe?
megan lovell: Emmylou Harris – Wrecking Ball.
rebecca lovell: Fleetwood Mac – Rumours.
megan lovell: Und Chris Whitley – Living With The Law.
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