Interview Norbert Hofer

Vor der Nationalratswahl 2019 befragt der auto touring alle Parteichefs zu Mobilitätsthemen.

1. Klima-Fairness

Österreich muss bis 2030 seine Treibhausgas-Emissionen um 36 Prozent gegenüber 2005 verringern. Wer wieviel einsparen muss, ist aber unterschiedlich: Die Industrie kann sich per Zertifikathandel quasi „freikaufen“, Kerosin für Flugzeuge unterliegt keiner Mineralölsteuer, Schiffsverkehr wird erst gar nicht betrachtet. Wie stehen Sie dazu?

Norbert Hofer: Wir haben eine Herausforderung im Klimaschutzbereich, keine Frage. Vor allem was den öffentlichen Verkehr betrifft. Was ich ablehne, ist, Autofahrer zusätzlich zu belasten. Wir wollten den öffentlichen Verkehr ausbauen, die Nahverkehrsmilliarde war in der Pipeline, das wäre eine der wirksamsten Maßnahmen gewesen. Beim Pkw wäre mein Plan gewesen, bei der Jahresvignette eine Entlastung vorzunehmen und bei der Kurzzeitvignette eine minimale Erhöhung, weil wir so ein hohes Maß an Transit haben – das wäre mir wichtig gewesen.

Weil der Anteil des Straßengüterverkehrs im Vergleich zur Schiene stärker geworden ist, hatte ich als Verkehrsminister geplant, in Grenznähe automatische Achslastmessungen vorzunehmen. Wir haben registriert, dass die Nutzung der Rollenden Landstraße immer dann stärker genutzt war, wenn Gewichtsmessungen vorgenommen wurden. Da haben wir gesagt, messen wir doch automatisch. Denn die Anlagen, mit  denen die Achslast beim Darüberfahren gemessen wird, gibt es. Ist die Achslast zu hoch, wird der Lkw aus dem Verkehr gezogen.

Was das Kerosin für Flugzeuge betrifft, so bin ich bei Steuererhöhungen immer sehr skeptisch. Europa würde im Vergleich zu anderen Staaten an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn etwa Emirates nach Wien fliegt und die Maschinen hier nicht einmal aufgetankt werden. Denen ist das egal, aber die Menschen in Europa, die zahlen dann mehr, und die anderen nicht.

2. Alternative Kraftstoffe

Biologische und synthetische Kraftstoffe können soziale Unwucht abfedern. Denn viele Maßnahmen im „Sachstandsbericht Mobilität“ sollen durch steigende Auto-Kosten weniger Verkehr und dadurch weniger Emissionen bewirken. Das trifft jene besonders, die auf ihr Auto angewiesen sind und sich kurzfristig keinen umweltfreundlichen Neuwagen leisten können. Verstärkter Einsatz von alternativen Kraftstoffen könnte den fossilen CO2-Ausstoß auch bei Bestandsfahrzeugen senken. Wie stehen Sie dazu?

Norbert Hofer: Da waren die ehemalige Umweltministerin und ich uns einig, dass die Verdoppelung der Beimengung eine richtige Maßnahme ist. Aber Widerstand gab es aus dem Finanzministerium. Meine Meinung war: Es geht ja nicht, dass wir Strafzahlungen aus dem Klimaschutz haben und man keine Maßnahmen setzen kann, um das zu verhindern. Vor allem wenn die Strafe wesentlich höher ist als die Kosten für diese Sofortmaßnahme wären. Außerdem hätte der Verbrennungsmotor damit Zukunft. So wie das Elektroauto und die Brennstoffzelle. Die hat eine große Zukunft, weil Wasserstoff in Österreich das Thema sein wird – wir haben Überschüsse aus erneuerbaren Energiequellen, die wir für die Elektrolyse nützen können. Ein Großteil des Strombedarfs ist schon aus Wasserkraft abgedeckt, immer stärker kommt jetzt Windkraft, wir haben Geothermie, wir haben Biomasse. Schauen wir nach Deutschland, wie da der Energiemix aussieht.

Und beim Fahrzeugbestand haben wir jetzt ein durchschnittliches Alter von fast zehn Jahren, dort muss man ansetzen und versuchen, den Fahrzeugbestand rascher zu erneuern, weil alte Fahrzeuge beim Schadstoffausstoß die Umwelt viel mehr belasten als neuere. Aber viele Menschen können sich eben kein neues Auto leisten. Für eine Erneuerung des Bestands ist die Normverbrauchsabgabe ein Hindernis. Es hatte ein paar Ideen gegeben, wie man es ganz anders machen kann, wir hätten auf jeden Fall auch so eine neue Verschrottungs- oder Umweltprämie machen müssen, um die ganz alten Fahrzeuge wegzubringen. Die meisten Fahrzeuge in Österreich sind nicht mehr wert als drei- bis fünftausend Euro.

Die Brennstoffzelle und Wasserstoff haben Zukunft, weil wir Überschüsse aus erneuerbaren Energiequellen haben.

Norbert Hofer, FPÖ

3. "Sachstandsbericht Mobilität"

Er wurde vom BMVIT in Auftrag gegeben und listet konkrete Maßnahmen auf, die der Erreichung der Klimaschutzziele dienen sollen. Welche der folgenden werden Sie umsetzen, wenn Sie in die Regierung kommen?


Mineralölsteuer-Erhöhung um bis zu 28 Cent: Nein.
Bindung der Mineralölsteuer an den Verbraucherpreisindex: Nein.
Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer um bis zu 100%: Nein.
Verschärfungen bei der Normverbrauchsabgabe: Nein.
Kilometerabhängiges Road Pricing auf allen Straßen: Nein.
Fahrverbote in allen Landeshauptstädten für Verbrennungsmotoren ab 2030: Nein.
Tempo 80 auf der Landstraße, Tempo 100 auf der Autobahn: Nein.
Kürzungen oder Streichung der Pendlerpauschale: Nein.
Senkung des Kilometergelds (25 Cent/km): Nein.
City-Maut für die Einfahrt in die Landeshauptstädte: Nein.

4. Eine unvollständige Liste

Im „Sachstandsbericht Mobilität“ fehlen wesentliche Ideen zur Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr. Das könnten etwa ein Überdenken des Online-Handels als Ursache für mehr Lieferverkehr sein, Maßnahmen zur Erhöhung des Besetzungsgrads pro Pkw (vor allem im Pendelverkehr) oder die Förderung neuer Mobilitätsdienste wie Sammeltaxis oder Gemeindebusse. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Norbert Hofer: Beim Online-Handel sind es ja vor allem die großen internationalen Firmen und die Frage der gerechten Besteuerung – dass man sie dort besteuert, wo auch der Umsatz entsteht, dann hätten wir schon sehr viel erreicht. Natürlich sind Maßnahmen, die etwa den Besetzungsgrad der Autos erhöhen, wesentlich gescheiter als nur Ideen zu haben, wie man die Bürger belastet. Etwa mit einer Citymaut, bei der die Bürger, die die Straßen schon mit ihrem Steuergeld finanziert haben, noch einmal bezahlen müssen, wenn sie diese benutzen. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Oder Fahrverbote, die bedeuten, dass genau die Leute, die sich kein neues Fahrzeug leisten können, nicht mehr in die Stadt hineindürfen, das ist extrem unsozial.

5. Den Tanktourismus abschaffen?

Der CO2-Ausstoß im Verkehr wird nach verkaufter Kraftstoffmenge berechnet. Wegen vergleichsweise niedriger Preise tanken vor allem ausländische Lkw gerne in Österreich, verfahren ihren Diesel aber großteils im Ausland. Das heißt: Rund ein Viertel der Österreich im Verkehr zugerechneten CO2-Emissionen entsteht gar nicht hier. Dieser „Tanktourismus“ vermasselt unsere Klimabilanz. Was halten Sie von einer Erhöhung der Mineralölsteuer, um den Tanktourismus zu verhindern?

Norbert Hofer: Ich habe einen anderen Vorschlag gehabt: die Normverbrauchsabgabe (NoVA) abzuschaffen, denn sie behindert die Erneuerung des Fahrzeugbestandes, und gleichzeitig aufkommensneutral bei der Mineralölsteuer anzusetzen.

Um wieviel müsste ich die MöSt erhöhen, um den Einnahme-Entfall durch die gestrichene NoVA zu kompensieren? Die NoVA bringt 500 bis 600 Millionen Euro, die MöSt bringt 4 Milliarden, das heißt, ein Liter Sprit würde etwa 5 Cent teurer werden. Nehmen wir jetzt ein Fahrzeug her, das zehn Liter auf 100 Kilometer verbraucht, dann bin ich bei 50 Cent, um die diese 100 Kilometer teurer kommen. Sagen wir, jemand fährt mit diesem Auto 20.000 Kilometer im Jahr, dann kostet ihn die Mineralölsteuer-Erhöhung 100 Euro. De facto aber nur 70 Euro, weil der gesamte Transit mitzahlt – also jeder, der in Österreich tankt und Mineralölsteuer bezahlt. Bei der NoVA zahlen nur die Österreicherinnen und Österreicher – die komplette NoVA, den kompletten Betrag.

Lege ich das auf die MöSt um, ist das eine massive Entlastung für die Österreicherinnen und Österreicher. Die Beamten im Finanzministerium haben gesagt, die Rechnung stimmt nicht, denn dann fällt der Tanktourismus weg. Ich bin nicht dieser Meinung, denn wenn man sich die Kraftstoffpreise in anderen Ländern rund um Österreich ansieht, wäre es dann immer noch billiger, in Österreich zu tanken.

Und wenn wir gleichzeitig eine Umweltprämie für die alten Fahrzeuge machen, dann könnten sich viele Menschen, die ein Auto haben, das derzeit 4.000, 5.000 Euro wert ist und wesentlich mehr an Schadstoffen ausstößt, gemeinsam mit der Umweltprämie und dem Wegfall der Nova ein neues Fahrzeug leisten.

6. Road Pricing

Die EU plant noch immer die verpflichtende Einführung einer generellen, also streckenabhängigen Maut ab 2028. Wie ist Ihre Haltung dazu?

Norbert Hofer: Wir haben auch im Rahmen der Ratspräsidentschaft darüber diskutiert und diese Maßnahme klar abgelehnt. Für mich ist sie auch ungerecht, weil wir innerhalb der Europäischen Union völlig unterschiedliche topographische Verhältnisse haben. Jedes Land muss selbst entscheiden, wie seine Straßen bemautet werden, daher kommt diese Maßnahme für mich nicht in Frage. Ich kann mir auch nicht vorstellen dass es im Rat dazu eine Mehrheit gibt. Außer es kommt eine Koalition, die ich nicht so gerne hätte.

7. Die Daten aus dem Auto

Moderne Autos liefern sehr viele Daten an die Hersteller. Die Konsumenten wissen gar nicht, welche Daten produziert werden und wem sie gehören. Wie ist Ihre Position dazu, dass die personenbezogenen Daten, die durch die Benutzung eines Fahrzeugs entstehen, unter besonderen Schutz fallen sollen?

Norbert Hofer: Die Daten gehören dem Besitzer des Fahrzeuges, also dem Fahrzeughalter. Das muss ein Grundsatz sein.

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