"So ist es, keine Tricks"

Er scheut keine Challenge und spielt in ausverkauften Stadien: Joey Kelly. Der Musiker spricht über das Leben als Marathon, Döner und die Liebe zu Oldtimern.

Alles begann vor 25 Jahren mit einer Wette: Joey Kelly, damals vor allem als Mitglied der "Kelly Family" bekannt, behauptete, einen Triathlon zu schaffen – uns es gelang ihm tatsächlich. Als einer der Letzten kam er ins Ziel. Seither bestieg er den Kilimandscharo, ging zum Südpol, lief durch die Atacama-Wüste, bestritt mehrmals das "Race across America" und brachte über 100 Marathons hinter sich. Die Liste seiner absolvierten sportlichen Herausforderungen ist lang, ebenso die seiner extremen Challenges. Im neuen Bildband "No Limits" lässt er seine spannendsten Erlebnisse aus 25 Jahren Revue passieren. Wir sprechen mit ihm über Abenteuer, was er am Sport schätzt, welche Rolle die Musik spielt und warum er Döner und VW-Bullis so gerne mag.

— Ihre Familie war immer auf Achse und Sie sind schon als Zweijähriger aufgetreten. Wie war es, als Kind immer unterwegs zu sein?

Joey Kelly: Ich fand es sehr schön. Es war ein Abenteuer, wir sind mit Bussen und alten Doppeldeckerbussen überall hingereist. Wir haben auch darin gelebt, oben waren wir Betten. Tagsüber haben wir auf der Straße gespielt. In Wien traten wir eine Zeit lang abends in der Manege im Circus Roncalli auf. Es war eine tolle Kindheit.

—  Mit der "Kelly Family" füllten Sie Sta­dien. Wie kam der Wechsel zum Extremsport?

Joey Kelly:Das ist so nicht ganz richtig. Ich habe immer Musik gemacht und Musik ist nach wie vor mein Beruf. Ich war also immer mit auf Tour und bin seit 1999 Geschäftsführer für den Betrieb der "Kelly Family". Ich habe also nicht das eine gegen das andere getauscht, sondern mache den Ausdauersport neben der Musik. Quasi ein Parallellauf (lacht).

— Die Musik spielt also weiterhin eine ganz zentrale und wichtige Rolle in Ihrem Leben.

Joey Kelly:Ja, das ist wahr. Wir waren auch erst auf Tour.

— Haben Sie als Kind eigentlich gerne gesungen? Oder hat das einfach dazugehört?

Joey Kelly:Das war unsere Aufgabe, also wir haben davon gelebt, dass wir Musik gemacht haben. Wir wollten auch zu den Erwachsenen gehören und nicht nur im Bus oder zu Hause sein, sondern etwas erleben, unterwegs sein – das ging mit der Musik.

— Bei den vielen Auftritten als Kind, sie waren in den USA und sind durch Europa getourt. Gab es eine besondere Erinnerung?

Joey Kelly:Oh sehr viele. Wir haben eineinhalb Jahre in den USA auf der Straße gespielt, davon vier Monate in New York. In Manhattan haben wir zum Beispiel am Liberty Plaza gespielt, wo die Twin Towers standen. Wir waren auch in New Orleans, Boston, Chicago und sind danach in ganz Europa als Straßenmusiker aufgetreten. Es gab natürlich auch harte Momente und Zeiten, in denen wir finanziell knapp bei Kasse waren. Es war immer eine Mischung, aber es war ein absolutes Abenteuer.

Als Kind war es toll, denn man hatte noch wenig Verantwortung und ist einfach mitgereist. Später, als wir erwachsener wurden, übernahmen wir eigene Aufgaben. Ich habe also ca. mit 12 Jahren begonnen, ziemlich hart zu arbeiten und erledigte den ganzen Aufbau, den wir auf der Straße benötigten. Später war ich in der Firma für das komplette Booking, also die Konzerte, zuständig. Und dann kam 1994 der große kommerzielle Durchbruch. Ab 1999 wurde ich Geschäftsführer für den Betrieb der "Kelly Family" und bin seitdem zuständig für Verträge, Finanzen und Buchhaltung.

— Sie sind da richtig reingewachsen und mit den Herausforderungen gewachsen…

Joey Kelly:Ja, das war auch mein persönliches Karriereziel, da hinzukommen, wo ich heute bin. Und mein Ziel ist es weiterhin dort zu bleiben (lacht).

— Also die Geschäfte weiterzuführen? Aber können Sie sich auch vorstellen, bis ins hohe Alter zu singen oder aufzutreten, so wie die Rolling Stones?

Joey Kelly:(lacht) Warum nicht, wenn es Spaß macht, wenn man gesund ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, auch in 20 Jahren noch aufzutreten. Ich finde das gut. Im Sommer habe ich mir Bruce Springsteen in Düsseldorf angeschaut. Er ist 73 und war gigantisch.

— Wie kamen Sie zum Sport?

Joey Kelly:Beim ersten Triathlon, einem Volkstriathlon, habe ich mitgemacht,




Wenn ich eine Stunde laufe, ist das für mich erholsam.






Joey Kelly, Musiker, Extremsportler
weil ich gewettet hatte, dass ich auch sowas kann (grinst). Ich war fast Letzter und dachte: 'Boah, das ist ja brutal. Das mache ich jetzt nicht noch mal.'
Aber dann habe ich festgestellt, dass der Ausdauersport ein optimaler Ausgleich zu meinem Beruf als Musiker und Unternehmer ist. Er dient mir als Ventil, als Energiequelle. Durch Marathon und Ironman habe ich eine komplett neue Welt entdeckt. Das war das Beste, was mir passieren konnte.

— Wie halten Sie sich fit? Haben Sie eine tägliche Routine?

Joey Kelly:Ja. Jeden Tag, sieben Tage die Woche arbeiten. Täglich eine Einheit Bewegung und dazu noch Vorbereitungen auf Wettkämpfe.

— Was bedeutet der Sport für Sie?

Joey Kelly:Der Sport hat mir nur Positives gebracht. Wer Marathon läuft, ist ein Kämpfer, geht an seine körperlichen und psychischen Grenzen. Du brauchst Disziplin, Ziele, Durchhaltevermögen, Ausdauer und Leidenschaft. Man kann es auf das ganze Leben umlegen, Leben ist ja auch wie ein Marathonlauf.

— Sind Sie einer, der gar nicht stillsitzen kann oder genießen Sie schon auch mal Ruhezeiten?

Joey Kelly:Nein, nein. Also ich bin sehr gerne unterwegs und in Bewegung. Das macht mir auch nach wie vor Spaß.

— Wie erholen Sie sich dann?

Joey Kelly:Wenn ich eine Stunde laufe, ist das für mich erholsam. Danach dusche ich und ich fühle mich körperlich ausgeglichen. Ich fühle mich gut.

— Ernähren Sie sich speziell, bzw. verkneifen Sie sich auch Essen?

Joey Kelly:Nein. Ich weiß, was mir gut tut und was nicht. Daher lasse ich auch einiges aus. Ich weiß z.B. nicht, wann ich zuletzt Burger gegessen habe. Was ich aber gerne esse, sind Döner. Doch die mittlerweile ohne Fleisch, nur mit Salat. Ich habe gemerkt, dass dieses fettige Fleisch nicht gut für meinen Magen ist. Wenn ich aber Döner mit Salat und scharfer Soße esse, das ist absolut der Hammer.

— Sind Sie Vegetarier?

Joey Kelly:Nein, aber ich habe meinen Fleischkonsum um 70 Prozent reduziert. Vor ca. vier Jahren machte ich ein Doku zum Thema Fleischkonsum. Das hat meine Sicht auf Fleisch verändert. Bio und regionales Fleisch, dafür weniger, ist viel gesünder und umweltfreundlicher.

— Also keine Ernährungstricks…

Joey Kelly:Genau, so ist es. Keine Tricks.

Wenn die Aufgabe beginnt, musst du mental stark bleiben, um nicht aufzugeben und ins Ziel zu kommen.

Joey Kelly, Extremsportler

— Ist es ein bisschen eine Sucht, immer wieder diese Herausforderung zu suchen, um an seine Grenzen zu gehen?

Joey Kelly:Nein, denn eine Sucht tut nichts Gutes. Und wie gesagt, der Sport hat mir nur Positives gebracht. Und deswegen, nein, es ist keine Sucht, denn die würde mich psychisch und körperlich kaputtmachen. Es ist aber genau das Gegenteil, es macht mich stark.

— Wie geht es ihnen mit Verschleißerscheinungen oder Verletzungen?

Joey Kelly:Natürlich sind diese extremen Läufe von 100 oder 200 Kilometern eine starke körperliche Belastung, aber zu 98 Prozent kommt es auf die Vorbereitung an. Bisher habe ich keinen Verschleiß an den Gelenken, benötige keinen neuen Meniskus. Ich bin relativ unverletzt durchgekommen.

— Wie bereiten Sie sich auf eine Challenge vor?

Joey Kelly:Je nach Aufgabe bereite ich mich dementsprechend körperlich vor, das ist klar. Was neben einer guten körperlichen Vorbereitung hilft und ganz wichtig ist, ist ein gutes Team. Denn jede Challenge hat eigene Regeln oder Möglichkeiten. Und natürlich helfen mir auch meine Erfahrungswerte. Davon habe ich mittlerweile genug.

— Und die mentale Vorbereitung?

Joey Kelly:Einen Mental-Trainer habe ich noch nie gebraucht. Ich glaube, dass ich mit der Zeit mental stärker und ruhiger geworden bin. Natürlich bin auch ich schon einmal aufgeregt oder nervös, das ist auch gut, denn es fördert die Konzentration. Aber ich wüsste nicht, wie ich mich speziell mental vorbereiten sollte. Ich weiß, was auf mich zukommt. Und ab dem Moment, in dem die Aufgabe beginnt, musst du einfach mental stark bleiben, um nicht aufzugeben und ins Ziel zu kommen.

— Mussten Sie einmal abbrechen?

Joey Kelly:Nein, es gab kein Rennen, das ich nicht beendet habe.

— Hatten Sie auch Schwierigkeiten bei Rennen?

Joey Kelly:Ja, viele. Es gab Rennen, wo ich zum Beispiel die Kraft nicht optimal aufgeteilt habe und fühlte mich, also ob ich kurz vorm Ziel platzen würde (lacht). Aber ich habe mich gesammelt und weitergemacht.

— Aber es gab nie einen Punkt, an dem Sie aufgeben wollten?

Joey Kelly:Nein, aber es ist schon so, dass der Kopf quasi immer sagt: 'Warum? Gib doch auf!' Da meldet sich der innere Schweinehund. Aber der Wille ist immer noch stark genug zu sagen: 'Nein, ich ziehe das durch.'

— Der innere Schweinehund kann bei Ihnen nicht sehr ausgeprägt sein!

Joey Kelly:Doch, doch (lacht). Vielleicht habe ich einfach nur gelernt, mit ihm umzugehen.

— Die Challenges der vergangenen Jahre waren alle extrem. Davor haben Sie auch immer wieder gerne an witzigen Events teilgenommen. Ich denke da an die TV-Total Wok-WM oder Stock-Car-Challenge. Bereuen Sie das?

Joey Kelly:Nein, die Raab-Events waren lustig. Die waren schon kompetitiv. Da kämpften wir auch gegen Olympiasieger. Aber diese Sachen kannst du nicht mit einem Marathon oder Ironman vergleichen. Das eine ist eine Spaß-Veranstaltung, das andere ist Wettkampf. Zum Beispiel: Für eine Wok-WM werden nicht mal fünf Prozent des körperlichen Aufwands eines Marathons benötigt. Ich habe 14 Jahre lang alle Raab-Events gemacht. Das war eine schöne Zeit und Stefan (Raab) hat mich auch respektiert. Ich will es auch nicht missen. Ich könnte mir so eine Quatsch-Veranstaltung auch selbst organisieren. Aber da organisiere ich lieber etwas Spannendes wie den Sahara- oder Spenden-Marathon. Das motiviert, gibt einem Kraft und hält auf Trab.

— Sie haben bei den Stock-Car-Challenges auch im Auto extreme Sachen erlebt. Hätte Sie eine Karriere als Motorsportler interessiert?

Joey Kelly:Nein, aber ich habe alle 11-mal die Stock-Car-Challenge mitgemacht. Und acht Mal gewonnen in der großen 3000er-Klasse. Außerdem bin ich in Deutschland drei Jahre lang bei der VLN, einer Langstrecken-Rennserie am Nürburgring, gefahren. Da habe ich insgesamt 42 Rennen bestritten, in kleinen Klassen, so 2,5-Liter-Klassen. Auch vier Mal an 24-Stunden-Rennen teilgenommen und zwei davon gewonnen. Nach drei Jahren habe ich aufgehört, da ich die Zeit dafür nicht mehr hatte. Ausdauersport, Familie und mein Beruf, daneben ging nicht noch mehr. Ich stellte fest, dass meine Leidenschaft mehr im Ausdauersport steckt.

— Ihre Abenteuer führten Sie durch unzählige Länder. Wo gefiel es Ihnen nicht, wo sehr?

Joey Kelly:So einfach lässt sich das nicht sagen. Anfang des Jahres bin ich die Panamericana von Alaska runter bis nach Feuerland gefahren. 30.000 Kilometer, 15 Länder. Sowohl Landschaft als auch die Menschen waren atem­beraubend. Aber es gibt auch ein paar ungemütliche Stellen, etwa ein Mülldepot in der Atacama-Wüste in Peru. Dort weht sehr viel Wind und der ganze Müll fliegt herum. Das ist ein katastrophaler Anblick. Andererseits gibt es aber natürlich so viele Orte auf der Welt, die unfassbar schön sind. Europa ist wunderschön, auch Nordamerika, Kanada, USA, Mexiko. Ich muss wirklich überlegen, ob mir ein Land einfällt, das nicht wahnsinnig schön ist. Ich finde einfach viele Länder spannend.

— Für eine Challenge fuhren Sie im 'Bulli' von Berlin bis Peking. Warum der 'Bulli'?

Joey Kelly:Ich habe ein paar "Bullis", finde diese Autos einfach schön. Die konnte sich früher jeder leisten. Sie waren günstig, praktisch und zuverlässig.

—  Hatten Sie am Weg Pannen?

Joey Kelly:Ja, und ein paar konnte ich selbst beheben. Leider hatten wir einen Motorschaden und mussten in Polen Ersatzteile auftreiben. Zum Glück fanden wir Ersatz in einem Käfer vom Schrottplatz und konnten bis Peking fahren.

— Diese Challenge meisterten Sie ganze ohne Geld – wie ist das gelungen?

Joey Kelly:Wir haben von zu Hause alles mitgenommen, was wir nicht mehr brauchten. Das konnten wir verkaufen, tauschen oder verschenken. Zusätzlich haben wir von einem Bekannten Teddybären und von einer Firma Merchandising-Artikel erhalten. Diese Dinge konnten wir verschenken und haben dafür oft Essen erhalten. Das hat alles gut geklappt. Auf der Reise von Berlin nach Peking kamen wir mit umgerechnet 1.800 Euro aus.

— Sie haben diese Reise mit ihrem Sohn gemacht. Hat es die Beziehung gestärkt?

Joey Kelly:Wir waren 27 Tage unterwegs und es war der Hammer. Wir hatten eine gemeinsame Aufgabe: Essen besorgen, Geld für Sprit und ähnliches. Und man wächst mit der Aufgabe, es war super.

— Gab es auf dieser Reise Überraschungen?

Joey Kelly:Viele positive. Es gab viele tolle Orte und Menschen, die uns geholfen haben. Ich nenne vor allem die Mongolei, da leben die Menschen in Jurten. Wir haben dort oft angehalten und gefragt, ob wir etwas schenken dürfen und dafür haben wir automatisch Essen erhalten. Die Kommunikation funktionierte zwar nur mit Händen und Füßen, aber die Leute waren neugierig, denn dort laufen nur wenige Europäer herum. Wir waren für sie exotisch und auch unser Auto gefiel ihnen. Wir haben uns mit den Leuten freundlich unterhalten, ihnen Sachen geschenkt und Bücher von der 'Kelly Family' gezeigt. Die kannten uns zwar nicht, doch sie fanden es spannend. Wir haben uns sehr gut vorbereitet und hatten viele Unterlagen mit, die wir herzeigen konnten. Das war hilfreich.

— Gab es auch gefährliche Situationen?

Joey Kelly:Ja, die gab es auch. Da waren zwei Russen, die von uns Geld haben wollten. Sie haben uns bedroht, aber dann gemerkt, dass nichts zu holen ist. So eine Reise ist natürlich auch nicht ungefährlich.

— Hatten Sie in so einem Moment Angst?

Joey Kelly:Ich nicht, nein.

— Sie haben gesagt, dass Sie den Bulli auch reparieren mussten. Haben Sie sich das selbst beigebracht?

Joey Kelly:Das Herumschrauben, ja, das habe ich mir selbst beigebracht. Heute braucht man Computer, muss Mechatroniker sein oder ähnliches. Früher war das alles relativ einfach. Ein bisschen logisches Denken hat gereicht.

— Welche Autos bevorzugen Sie?

Joey Kelly:Da gibt es viele, aber am meisten mag ich z.B. die alten Busse, vor allem Doppeldecker-Busse. Da habe ich einen von 1962, der ist schön und hat einen emotionalen Wert für mich. Ich fahre den Bus auch. Dann habe ich natürlich den Bezug zu den Bullis T1, T2. Vor knapp zwei Jahren habe ich einen Kastenwagen gebaut. So wie einen Kelly-Bus mit Beschriftung und allem Drum und Dran. Mein Bezug zu Autos ist sehr stark. Ich habe mit 15 mein erstes Auto gekauft. Einen alten Golf, den ich repariert habe. Mit 18 hatte ich mir schon drei Autos gekauft. Das waren Autos, die nur ein paar hundert Mark gekostet haben. Auch die habe ich repariert, damit meine Geschwister damit fahren konnten. Ich war zuständig für die komplette Mobilitätslogistik der Familie. Früher sind wir mit alten Bussen gereist, die waren oft nur ein Haufen Schrott und ich habe geschaut, dass der Bus fährt und alles geflickt. Das war sehr abenteuerlich.

— Sehen Sie das Herumschrauben als Entspannung?

Joey Kelly:Ja, könnte man so sagen. Das macht mir unwahrscheinlich viel Freude.

— Wie viele Oldtimer haben Sie?

Joey Kelly:(überlegt) Das weiß ich gar nicht, es gibt so viele Autos. Eine Ente, einen Käfer, Bullis, einen Fiat 500 und einen Fiat Panda Allrad. Ein spannendes Auto. Das sind alles Autos, die früher wenig gekostet haben, Autos meiner Kindheit eben. Die stehen auf meinem Hof, da ist es ein wenig nostalgisch.

—  Welches Auto fahren Sie am liebsten?

Joey Kelly:Den alten Kelly-Family-Doppeldeckerbus von Bristol. Damit verbinde ich viele Kindheitserinnerungen. Der fährt aber nicht so gut. Er hat keine Servolenkung und schafft nur 60 km/h. Er fährt sich wie ein Panzer, sehr rustikal.

— Fahren Sie damit öfter?

Joey Kelly:Ja, auf meinem Bauernhof, da gibt es eine Strecke, die kann man hin- und zurückfahren. Aber Anfang 2022 sind meine Geschwister und ich mit diesem Bus an historische Stellen gefahren, an denen die "Kelly Family" früher war. Wir waren mit dem Bus in Pamplona und in Madrid, in Dublin, Cork, Amsterdam, Rom und Wien - der Bus ist durch Europa gereist. Dazu haben wir einen Dokumentarfilm zur Historie der 'Kelly Family' gemacht, das war gigantisch. Richtig Vollgas fahre ich aber lieber nicht, der Bus hat schon viel geschafft und daher möchte ich ihn jetzt eher schonen. Ich habe Angst, dass der Motor mir um die Ohren fliegt.

— Dann hätten Sie wieder etwas zum Schrauben…

Joey Kelly:Ja (lacht), aber das Problem sind die Ersatzteile. Manche sind nur sehr schwer zu bekommen.

— Zurück zu Ihren Challenges. Wie kommen sie zustande?

Joey Kelly:Ich nehme mir etwas vor, produziere das und dann muss ein Sender gefunden werden, der das ausstrahlen will. Da arbeite ich z.B. gut mit RTL bzw. Stern-TV zusammen, mit denen mache ich seit über 20 Jahren jedes Jahr Projekte.

Zu Ihrem neuen Buch No Limits. Da gab es bereits eines mit gleichem Titel…

In meinem ersten Buch 'No Limits' von 2001 habe ich die ersten sechs Jahre Wettkämpfe zusammengefasst. Jetzt habe ich die letzten 25 Jahre zusammengefasst. Also alle Highlights, zwar nicht alle Wettkämpfe, aber die wichtigen. Und die zusammen in einem Buch gepackt.

— Was würden Sie als Ihren größten persönlichen Erfolg bisher sehen?

Joey Kelly:Meine vier Kinder.

— Und von den vielen Dingen, die Sie erlebt haben?

Joey Kelly:Erstens: Natürlich bin ich musikalisch darauf sehr stolz, dass ich mit der 'Kelly Family' gemeinsam, z.B. in Wien im ausverkauften Stadion vor 50.000 Menschen spielen durfte. Auch, dass wir eine der erfolgreichsten Bands in vielen Ländern sein durften und aus eigener Kraft 20 Millionen Platten verkauft haben. Und natürlich dafür, alles musikalisch erreicht zu haben, was man sich erträumen kann.

Zweitens: Sportlich… Wenn ich jetzt darüber nachdenke, okay, ich bin 50 geworden, deswegen habe ich auch dieses Buch rausgebracht, um alles zu erfassen. Ich bin sehr zufrieden und stolz, das alles geschafft, durchgezogen und beendet zu haben. Auch bin ich mit den Aufgaben wahnsinnig gewachsen und bin vor allem mit meiner Arbeit als Unternehmer sehr zufrieden. Ich bin weiter gekommen, als ich je dachte. Und es brennt immer noch. Ich freue mich auf die nächsten Jahrzehnte, darauf weiter zu wachsen, auf neue Herausforderungen, Reisen und als Unternehmer noch mehr zu stemmen und zu lernen.

— Bereiten Sie sich derzeit auf etwas vor?

Joey Kelly:Ja, auf einen 24-Stunden-Spendenlauf. Seit 18 Jahren absolviere ich jeden November eine andere Challenge. Mal sind es 24 Stunden auf der Rolltreppe, mal 24 Stunden Cross Trainer, Laufband, alles Mögliche. Heuer ist es ein Parcours über 300 Meter mit Hindernissen. Und darauf freue ich mich, das wird spannend. Es geht nicht darum, mich in den Mittelpunkt zu stellen, sondern einfach Geld zu sammeln und zu helfen. Dieses Geld fließt zu 100 Prozent an Kinder in Not. Es gelang uns jedes Jahr mehr Geld zu sammeln und in den vergangenen drei Jahren konnten wir insgesamt drei Millionen Euro übergeben. Eine tolle Sache und ein absolutes Win-Win-Projekt.

Durch Marathon und Ironman habe ich eine komplett neue Welt entdeckt. Das war das Beste, was mir passieren konnte.

Joey Kelly, Musiker

— Gibt es noch etwas, das Sie neben Musik und sportlichen Herausforderungen machen?

Joey Kelly:Ja, seit über 15 Jahren halte ich Vorträge für Unternehmen und deren Mitarbeiter oder Kunden. Und da sage ich auch immer, man muss sich selbst motivieren, man muss sich selbst ein Ziel setzen, dass sich einfach lohnt. Und das Motto ist: Jeder für sich läuft einen ganzen Lebensmarathon und dabei setzt man sich oft zu früh ein Limit. Wir neigen dazu uns zu wenig zuzutrauen.

— Also Sie bestärken die Menschen darin, nicht zu früh aufzugeben?

Joey Kelly:Ja, Mut zu haben. Die Vorträge sind dafür da, den Menschen Mut zu machen, ihren eigenen Weg gestärkt zu gehen.

— Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Joey Kelly:Ein ganz normaler Mensch.

— Ich würde sagen, das ist jetzt Tiefstapeln…

Joey Kelly:Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich bin einfach ich. Jeder ist anders, jeder ist besonders. Jede Persönlichkeit hat eine eigene Meinung. Ich mag Menschen und rede gerne mit ihnen. Auch junge Menschen, wenn ich sehe, wie sich junge Menschen für die Umwelt einsetzen, bin ich schwer beeindruckt. In deren Alter hatte ich nur den Führerschein im Kopf und Autofahren (lacht). Die Jungen heute denken ganz anders. Es ist spannend.

— Sie sagen, Sie unterhalten sich gerne mit Menschen. Gibt es eine prominente Persönlichkeit, mit der Sie gerne sprechen würden?

Joey Kelly:Ja, Reinhold Messner zum Beispiel. Ich würde alles geben, wenn er mir zwei Stunden Zeit seines Lebens schenken würde. Die Möglichkeit zu haben, ihn zu fragen, wie er das psychisch gepackt hat. Diese Grenzen überschritten hat, dieses Nicht-Wissen, ob es körperlich überhaupt möglich und erträglich ist. Das wäre mir ein Fest. Aber ich kann mir vorstellen, dass er keine Zeit hat.

— Haben Sie es schon mal probiert?

Joey Kelly:Nein, habe ich nicht. Vielleicht ergibt sich einmal was, ich kenne jemanden, der ihn kennt. Ich bin oft in Südtirol. Ich glaube, dass es einmal etwas wird, wenn es sein soll. Er wird nächstes Jahr 80, ist immer noch fit. Ich bin gespannt, ich hoffe es.

— Würden Sie ihn als ihr Idol beschreiben?

Joey Kelly:Ja, ich bin definitiv ein großer Fan und bewundere ihn. Er ist ein großes Vorbild. Er ist definitiv über Grenzen gegangen, war der erste, der gemeinsam mit Arved Fuchs den Südpol zu Fuß durchquert hat. In 54 Tagen haben die 2.200 Kilometer abgerockt. Das ist irre.

— Haben Sie aus diesem Grund auch die Südpol-Challenge gemacht?

Joey Kelly:Der Südpol war eine Riesenchance für mich. Definitiv als Fan von Messner und Fuchs. Da 30 Jahre später den Südpol im deutschen Team durchqueren zu dürfen, das war gigantisch.

— Waren Sie auch am Mount Everest?

Joey Kelly:Nein. Noch nicht (lacht). Auch die Seven Summits würden mich sehr reizen.

— Was war Ihr höchster Berg?

Joey Kelly:Der Kilimandscharo mit knapp 6.000 Metern.

— Was sind Ihre nächsten Pläne?

Joey Kelly:Anfang November bin ich zwölf Tage in der Sahara. Da mache ich einen Küstenlauf über 200 Kilometer. Dann plane ich auch den Nordpol-Marathon. Es wird auch Vorträge zum Buch geben. In drei Monaten gehe ich erneut auf den Kilimandscharo. Im Sommer folgt der Mont Blanc und danach ist auch noch etwas Ähnliches wie die Bulli-Challenge geplant. Dann möchte ich mit dem Wohnwagen vom Nordkap runter nach Sizilien oder Griechenland fahren – die genaue Route ist noch nicht fix. Ohne Geld, aber auch ohne Auto.

— Quasi Autostoppen mit Wohnwagen?

Joey Kelly:Genau.

— Gibt es eigentlich irgendetwas, was Sie noch nicht gemacht haben oder nicht machen wollten?

Joey Kelly:(lacht) Es gibt jede Menge, die Tiefsee zum Beispiel. Man kann ja nicht alles machen. Dafür brenne ich nicht. Es zieht mich nicht in der Tiefe und übrigens auch nicht in die Höhe, also ins All. Space ist nicht mein Ding.

— Sie sind so viel unterwegs, beschwert sich da Ihre Frau gar nicht?

Joey Kelly:Sie hat mich noch nicht verlassen. Ich glaube, das spricht für sich (lacht).

Joey Kelly: Musiker, Extremsportler, Unternehmer


Geboren als José Maria Kelly am 20.12.1972 in Gamonal, Spanien 
Verheiratet, 4 Kinder (23,19,17 und 8 Jahre alt) 
Lebt nahe Bonn 
Seit 1974 Mitglied der "Kelly Family"
Manager des Familien­unternehmens 
Über 20 Millionen verkaufte Tonträger
Hält seit 15 Jahren Vorträge
Sportliche Leistungen: 50 Marathons, 31 Ultra-Marathons, 13 Ironman, 10 Wüsten-Ultra-Läufe, 4 Races Across America u.v.m.
Bücher, z.B.: 2011: "Hysterie des Körpers", 2014: "America for sale", 2019: "Bulli Challenge", 2022: "Das grüne Band", 2023: "No Limits"
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