Béla-Barényi-Preis 2024

Die ÖAMTC Fahrtechnik-Legende Franz Wurz über Vergangenheit und Zukunft, sein lässigstes Rennauto und Schimpfen am Boxenfunk.

Franz Wurz, Mit-Erfinder der ÖAMTC Fahrtechnik Zentren, ist der diesjährige Preisträger der renommierten Béla-Barényi-Trophäe, die an Persönlichkeiten vergeben wird, die sich um die historische Kraftfahrt verdient gemacht haben.

Der 78-jährige ist mehrfacher (inter-)nationaler Meister in den Disziplinen Auto- bzw. Rallycross und sein Apfel fiel nicht weit vom Stamm: Gemeinsam mit Sohn Alexander, dem ehemaligen österreichischen Formel-1-Piloten, plant er heute Rennstrecken rund um die Welt.

Der Preisträger im Gespräch

Herr Wurz, gleich vorweg: Warum haben Sie den diesjährigen Béla Barényi Award verdient?

franz wurz: Ich glaube, dass ich im Motorsport durchaus was erreicht habe. Sieben nationale und zwei internationale Meistertitel im Auto- und Rallycross, dazu mehrere Top-Platzierungen in der Rallye-WM, da kann ich schon stolz sein, denke ich. Noch dazu war das in einer Zeit, als auch die ganz großen Superstars gefahren sind. Björn Waldegaard zum Beispiel oder ein gewisser Herr Stig Blomqvist. Die waren ja keine Kinder von Traurigkeit hinterm Lenkrad. (lacht)

Noch wichtiger war für mich aber, dass ich die Möglichkeit bekommen habe, in punkto Verkehrssicherheit etwas zu bewegen. 1984 habe ich als Ein-Mann-Betrieb begonnen und damals die ersten Fahrtechnik-Kurse veranstaltet. Das war in Spital am Pyhrn in Oberösterreich. Und an so einem Kurs hat einmal auch ein hohes Tier vom ÖAMTC anonym teilgenommen und das für gut befunden. So hat das im Prinzip mit den Fahrtechnik Zentren des ÖAMTC, die wir heute kennen, begonnen.

Die Idee war, multifunktionale Anlagen zu bauen, wo man Verkehrssicherheit für alle Zielgruppen, also vom Motorrad- bis zum Busfahrer und für alle Altersklassen, trainieren kann. Zusätzlich gab’s dort natürlich auch Veranstaltungen und Events. Das war einmalig, weil solche Zentren hat es in Europa oder weltweit ja noch nicht gegeben.

Seine Autos

Kurz zurück zum Motorsport: Was war das lässigste Auto, mit dem Sie in Ihrer Karriere gefahren sind?

franz wurz: Eigentlich der VW Käfer. Das war so ein geiles Auto! 210 PS, nur 640 Kilo, perfekte Traktion wegen des Heckmotors, damit konnte man unglaublich spät bremsen. Mein Lancia Stratos war auch super. Oder der Audi quattro. Aber gegen die Leichtigkeit des Käfers kamen die nicht an.

Familienunternehmen

Sie haben gemeinsam mit Ihrem Sohn Alexander die Firma Test & Training, mit der Sie Rennstrecken auf der ganzen Welt entwickeln. Wie viele Tage im Jahr sitzen Sie deswegen heute noch im Flugzeug?

franz wurz: Nicht mehr so oft wie früher, vielleicht einmal im Monat. Aber der Alex ist natürlich permanent unterwegs.

Stichwort Alex: Der lebt ja in Monaco. Ich war vor kurzem selbst dort, um einmal mit eigenen Augen zu sehen, wie eng die Straßen für die Formel-1-Fahrer eigentlich sind. Ist dieses Rennen aus Sicht eines Rennstrecken-Entwicklers noch zeitgemäß?

franz wurz: Vom Show-Faktor her ist Monaco top, da geht im ganzen Formel-1-Kalender fast nichts drüber. Was die Sicherheit betrifft, kann man die Strecke aber natürlich hinterfragen. Andererseits: Es gibt Rallye-Sonderprüfungen, wo es neben der Straße 200 Meter runter geht. Da könnte man auch sagen, dass das vielleicht nicht mehr zeitgemäß ist. Das tut aber niemand.

Was halten Sie davon, dass die Formel-1-Fahrer heute hohe Geldstrafen bekommen, wenn ihnen am Funk oder bei einem Interview einmal ein Schimpfwort rausrutscht?

franz wurz: Ich find’s Scheiße, und dafür bekomme ich jetzt wohl auch eine Strafe. (lacht) Nein, das ist natürlich als Witz gemeint. Aber im Kern ist es grober Unfug. Die Fahrer sagen das ja unter Adrenalin und aus der Emotion heraus, das sollte man wirklich nicht so eng sehen. In der weiteren Konsequenz dürfte dann ja auch kein einziges Fußballspiel mehr stattfinden.

Voller Terminkalender

Ihr Sohn war jahrelang als Fahrer in den obersten Motorsport-Serien unterwegs, jetzt sitzen Ihre Enkel im Cockpit. Macht man sich als Vater und Großvater eigentlich Sorgen, wenn man die Rennen im TV verfolgt? Ich erinnere zum Beispiel an Alex' legendären Überschlag in der ersten Kurve beim Kanada-GP 1998…

franz wurz: Grundsätzlich sind wir alle mit dem Motorsport aufgewachsen. Und natürlich gibt’s da eine gewisse Anspannung, aber es ist kein Gefühl der Angst. Man hofft eher, dass beim Start alles gut geht und der Bub vielleicht gleich ein paar Gegner überholen kann. Es sind positive Gedanken. Umgekehrt könnte ich mir aber nicht vorstellen, dass mein Sohn ein Boxer wäre und ich müsste unten im Ring in der ersten Reihe sitzen und immer zusehen, wie sein Kopf hin- und her fliegt. Das fände ich unerträglich.

Sie sind 78, von Ruhestand kann aber keine Rede sein. Was steht momentan auf der Agenda?

franz wurz: Wir planen und bauen aktuell die größte Rennstrecke in Saudi Arabien. Die wird, mit allen Varianten, auf 360 Quadratkilometern 21 Kilometer Streckenlänge haben und voraussichtlich 2028 fertig sein. In Planung ist außerdem ein Kurs in Albanien. Das ist für uns kleine Würscht’lfirma schon lässig, dass wir solche Aufträge bekommen. Der Grund dafür ist, glaube ich, dass wir Strecken aus Fahrersicht für Fahrer planen. Da sind wir anders als jene, die sich vielleicht nur als Designer verwirklichen wollen. Alex macht das ja alles selbst, tigert sich in 3D-Konstruktionen rein und hat in Monaco sogar einen eigenen Simulator dafür. Fad wird mir also momentan eher nicht. (lacht)