— Was in den letzten Wochen, als du für die Buch-Promotion durch den deutschsprachigen TV-Talkshow-Zirkus getingelt bist, etwas irritierend war: Du wirkst im Fernsehen ziemlich nervös. Bei jemandem, der bei Festivals souverän vor 20.000 Leuten auf einer großen Bühne Musik macht, ist das eine überraschende Beobachtung.
Thees Uhlmann: Das ist so, weil Fernsehen die Seele auffrisst (lacht). Ich bin natürlich nervös wegen dem Buch, weil ich das halt zum ersten Mal mache und dieses Neuland möglichst gut bereisen möchte.
Da sind 14.000 Mädchen, die mich kennen und gut finden, weil ich der dicke, ältere Bruder von Casper bin. So ist das, da kenne ich mich aus, das kann ich, damit spiele ich.
Thees Uhlmann, alternder Rockstar
Oder blöder formuliert: Wenn ich bei einem
großen Festival mit meinem Freund Casper da oben auf der Main Stage stehe, sind da 14.000 Mädchen, die mich kennen und gut finden, weil ich der dicke, ältere Bruder von Posterboy Casper bin (lacht). So ist das, da kenne ich mich aus, das kann ich, damit kann ich spielen. Aber beim Fernsehen kann eine 84-jährige Dame ihr Gerät einschalten, und die ist dann empört, weil der doofe Rocker auf dem Bildschirm einen dummen Satz gesagt hat. Und das macht mich dann durchaus nervös.
— Von einem Journalistenkollegen war letztens sehr schön zu lesen, dass sich eine Begegnung mit dir so anfühlt als ob man ein Wimmel-Bilderbuch aufschlagen würde, in dem es unzählige spannende Dinge zu suchen und entdecken gibt. Mich würde umgekehrt interessieren: Was suchst du in Menschen, mit denen du dich gern umgibst?
Thees Uhlmann: Ich glaube, ich bin immer auf der Suche nach geilen Geschichten. Ein Freund von mir zum Beispiel, Uwe, ist sowas wie der Thees-Uhlmann-Allesfahrer. Der bringt uns überall hin, arbeitet im echten Leben aber bei einer Versicherung. Nun ist das wahrscheinlich das unsexieste Business der ganzen Welt, aber wenn Uwe beginnt, Versicherungsgeschichten zu erzählen, sitze ich staunend da und höre zu. Für mich ist das schwierig zu erklären, weil sich das jetzt so anhört, als ob ich aus Menschen nur ihre Erzählungen rauspressen möchte wie so ein schwarzes Loch. Ich gehe im Kopf auch gerade meinen Freundeskreis durch, der total unterschiedlich ist. Mir fällt da noch mein bester Freund in Berlin ein, der in seinem ganzen Leben zwar noch kein einziges Mal betrunken war, aber mit Abstand der verrückteste Hund ist, den ich kenne. Ein Typ eben. Ich denke, ich mag Typen mit Geschichten.
— Der Tod kommt in deinem Buch eigentlich recht sympathisch rüber. Als jemand, mit dem man gerne einmal auf ein Bier gehen möchte. Hast Du im realen Leben Angst vor ihm?
Thees Uhlmann: Ich denke da gar nicht groß darüber nach. Das ist ja das Schöne am Alter und am Vatersein, dass man sich über die Jahre selber sukzessive so richtig egal wird. Ich empfinde das als sehr beruhigend. Ich bin gesund, sollte vielleicht weniger rauchen, aber mir geht’s gut, ich bin glücklich wegen dem, was gerade mit dem Buch passiert, und nein, ich bin einfach nicht der Typ, der Angst vor dem Tod hat. Ich weiß natürlich nicht, wie das in zehn Jahren sein wird, aber vermutlich nicht anders. Ich war nie ein ängstlicher Mensch.
Wenn du selbst diese drei Minuten hättest, die der Tod im Buch dem Haupt-Protagonisten noch gibt, was würdest du noch machen wollen?
Wenn meine kleine Tochter nach einiger Zeit zum ersten Mal wieder auf einem Pferd sitzt, dann hat sie so einen Gesichtsausdruck, wo ich in Tränen ausbrechen könnte. Da ruht sie so in sich selbst, so zufrieden. Diese Mimik möchte ich auf jeden Fall noch einmal sehen. Oder wenn der Kinofilm losgeht und sie voll gespannter Vorfreude in ihre Riesentüte Popcorn greift und losmampft, das ist auch herrlich. Und ich habe den Traum, dass ich in Berlin die Elbe entlang spaziere, wegen eines Termins nicht zum letzten FC St. Pauli-Spiel der Saison gehen kann und im Kopfhörer-Radio höre ich den Moderator sagen: „St. Pauli gewinnt und wird in der nächsten Saison zum ersten Mal international spielen“. Das Gefühl, das ganz alleine dort an der Elbe zu hören, möchte ich vorm eigenen Finale gerne noch erleben. Ernsthaft.
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