Welche Mobilitätstrends werden in den kommenden Jahren unseren Alltag prägen?
Das Fahrrad wird massiv an Bedeutung gewinnen. Immer mehr Städte gestalten ihre öffentlichen Räume um und stellen dabei das Auto viel weniger als früher in den Mittelpunkt. Ins Zentrum rücken dafür Fußgänger, Fahrradfahrer und die öffentlichen Verkehrsmittel. Dadurch werden die Wege für Fahrradfahrer immer sicherer, wodurch immer mehr Menschen das Fahrrad nutzen. Das Fahrrad ist also einer der großen Gewinner der letzten Jahre. Das schließt sowohl das normale Fahrrad, aber vor allem auch das elektrifizierte Lastenfahrrad mit ein.
Wie verändert sich das Angebot für jene Verkehrsteilnehmer, die sich nicht auf den Sattel schwingen wollen?
Die Öffis werden immer stärker zur Plattform, indem sie unterschiedliche Mikromobilitätsangebote integrieren.
Wie kann man sich das vorstellen?
Über die Zugangskarten für die Öffis erhalten die Menschen auch Angebote, um Bike-Sharing, Carsharing, Fahrräder oder Scooter zu nutzen. Das ist besonders für Gegenden interessant, in denen die Öffis nicht so stark ausgebaut sind. In solchen Räumen arbeiten verschiedene Partner immer enger zusammen, um Mobilität für alle anzubieten und um die letzte Meile komfortabler zu gestalten.
Welchen Stellenwert wird das Auto haben, wenn sich solche Modelle etablieren?
Immer mehr Menschen hinterfragen den Besitz von Autos. Dafür werden Abo- und Mietanbieter sowie Leasing-Gesellschaften immer mehr Flottengeschäfte aufziehen und Kunden mit kurzfristigen Angeboten versorgen. Der gesellschaftliche Trend dahinter ist vollkommen klar: Die Menschen wollen Flexibilität und Unabhängigkeit. Sie wollen sich nicht binden, sie wollen in jeder Situation das bestmögliche Mobilitätsangebot nutzen. Das bekommen sie heute bereits in vielen Städten, auf dem Land besteht dagegen noch großer Aufholbedarf.
Welche Ansätze gibt es für ländliche Gegenden, wo Öffis Mangelware sind und wo häufig Distanzen zurückgelegt werden müssen, die mit dem Rad nicht zu schaffen sind?
Es gibt einen Megatrend im Rahmen der Mobilität namens On-Demand-Ridepooling. In diesem Konzept nutzen Menschen kleine und große Autos, Shuttles und Busse, die bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Nicht, wann es ein Fahrplan vorsieht, sondern dann, wenn die Menschen sie rufen. Die Anfahrtszeit hängt natürlich vom Standort ab, sie dauert aber in der Regel aber nicht viel länger als 10-15 Minuten. Solche flexiblen und kurzfristigen Angebote werden im ländlichen Raum den öffentlichen Verkehr massiv aufwerten.
Gibt es schon Regionen, in denen dieser Ansatz umgesetzt wurde?
In Bayern gibt es bereits erfolgreiche Testregionen. Die Anbieter schreiben oft schon nach zwei, drei Jahren schwarze Zahlen und die Konzepte werden von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen, vor allem von älteren Menschen und Verkehrsteilnehmerinnen, also von jenen, denen heute weniger Mobilitätsangebote zur Verfügung stehen.
Handelt es sich um private Anbieter oder um Angebote der öffentlichen Hand?
In der ersten Phase sind es meistens Reallabore, die von der öffentlichen Hand gefördert werden. Die Tests laufen aber in der Regel so gut, dass sie rasch in den öffentlichen Angebotsverkehr integriert werden und positiv bilanzieren. Es gibt aber auch immer mehr Unternehmen, die ihre Mitarbeiter-Mobilität verbessern wollen und deshalb On-Demand-Shuttles zur Verfügung stellen, vor allem um sich in Zeiten des Fachkräftemangels positiv zu positionieren. Sie werden genutzt, um Mitarbeiter:innen in die Firma zu bringen, aber ansonsten stehen sie auch der Bevölkerung zur Verfügung. Wir erkennen also eine stärkere Kollaboration von neuen Akteuren mit traditionellen Akteuren und das ist sehr spannend.
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