Die Prinzen-Rolle
Kaiserurenkel auf dem Weg zur Königsklasse: auto touring traf den fliegenden Doppeladler Ferdinand Habsburg in der Schönbrunner Wagenburg zum Interview.
Fotoshooting mit Gänsehaut. Es ist kalt in der Schönbrunner Wagenburg. Der gruselig-schwarze Leichenwagen verbreitet zusätzlichen Schauer. Bis eine sonnig-jugendliche Stimme den Raum erhellt: „Hi, ich bin Ferdinand!“ Ferdinands dynastischer Familienname ist Historie: Habsburg-Lothringen. Der Urenkel des letzten Kaisers trägt zerschlissene Designer-Jeans, auf dem coolen Flatbrim-Kapperl prangt ein stilisierter Doppeladler. Die Fahrzeuge seiner Ahnen sieht er zum ersten Mal. Und Politik ist nicht sein Ding. Der Siebzehnjährige will sich als Rennfahrer etablieren, will Geschichte schreiben: Hoch talentiert, träumt er von der Formel 1. Kaiserprinz und all die anderen Titel trägt er nicht, darf er nicht. Obwohl sogar schon Rapper ein „Prince“ in ihren Künstlernamen quetschen.
Habsburg in der Wagenburg
— Werden Sie auch manchmal mit Kaiserliche Hoheit angesprochen?
FERDINAND HABSBURG:
Oft sogar. Speziell auf meiner Facebook-Fanseite. Das finde ich lustig, cool. Ich habe meinen Vater gefragt, was das bedeuten soll. Er hat gemeint, das sei Ausdruck von Respekt unserer Familie gegenüber. Schon irgendwie bemerkenswert.
— Sie hatten schon als Baby Fototermine, in der Schule Geschichtsunterricht über die eigene Familie. Wie war das?
FERDINAND HABSBURG:
Ich bin ja seit Tag eins mit diesen Dingen konfrontiert, ich kenne es nicht anders, darum ist es für mich Normalzustand. Und ich habe auch meinen Namen nicht zum ersten Mal im Geschichtsbuch in der Schule gelesen. Mir wurde lang vorher über unsere Familie erzählt. Die Zusammenhänge habe ich erst mit der Zeit verstanden: Wer was war und wie alles funktioniert hat. Das Lustige ist, ich gehe auf eine internationale Schule und da wird kaum über österreichische Geschichte gesprochen. Insgesamt vielleicht zwei Unterrichtsstunden. Klar, dass ich alles gewusst habe.
— Apropos Geschichte: Gibt es da jemanden, mit dem Sie sich gewissermaßen seelenverwandt fühlen, der Sie inspiriert?
FERDINAND HABSBURG:
Ich bin durch die Familiengeschichte stark geprägt und ich versuche, diese Geschichte weiter zu schreiben. Nicht auf politischer Ebene, sondern im Rennsport. Dort will ich ein völlig neues Kapitel öffnen.
— Sie wollen also Rennfahrer werden. Wie sind Sie auf dieses Idee gekommen?
FERDINAND HABSBURG:
Durch das Kart. Das erste Mal hat mich mein Vater mit acht Jahren mitgenommen. Obwohl ich damals noch so jung war, wusste ich sofort: Das ist es. Und ich habe vieles ausprobiert: Tennis, Fechten, Kung-Fu. Kart wurde mein Fokus, alles andere habe ich weggeschmissen. Mit zehn Jahren fuhr ich das erste Rennen, da habe ich schon in Wien gelebt. Alles andere hat sich entwickelt, bis hin zur Formel Renault.
— Sie tragen den Doppeladler auf dem Helm und Ihre Website heißt „doubleeagle62“. Ist der Doppeladler Statement oder Tradition?
FERDINAND HABSBURG:
Der Doppeladler war meine Idee. Er ist die direkte Verbindung zu meiner Familie, zur Monarchengeschichte. „Double Eagle“ klingt auch total sportlich, klingt nach Speed. Und die 62 ist meine Glücksnummer, sie wurde mir in meiner ersten internationalen Saison zugeteilt. Jetzt will ich nur noch diese Nummer.
— Wie stehen Ihre Eltern zu Ihrem Berufswunsch Formel-1-Rennfahrer?
FERDINAND HABSBURG:
Viele Leute denken, dass meine Eltern das nicht gut finden. Was nur teilweise stimmt. Meine Mutter ist immer nervös, wenn ich fahre. Wären das nicht alle Eltern, wenn ihr Kind Motorsportler wird? Aber beide unterstützen mich, das ist das Wichtigste. Und solange sie mich nicht abhalten, werde ich unbeirrt weitermachen (lacht).
— Während die meisten Rennfahrer noch Winterschlaf hielten, sind Sie in Neuseeland die Toyota-Racing-Series gefahren, mit großem Erfolg. Erzählen Sie uns darüber.
FERDINAND HABSBURG:
Mein Ziel war, dass ich Vollgas gebe, während meine zukünftigen Gegner daheim sitzen, schlafen und vom Rennfahren träumen. Diese sechs Wochen in Neuseeland waren meine stärkste, intensivste Rennerfahrung. Zweimal fuhr ich auf das Podium – Wahnsinn. Irgendwer hat mir dann den Titel „Rainmaster“ verpasst – darauf bin ich sehr stolz. Es passierte im einzigen Regenrennen: Ich fuhr die schnellste Rennrunde, bin von Platz zehn auf zwei vorgefahren. Überraschender Weise habe ich mich auf regennasser Fahrbahn total wohlgefühlt.
Der Rainmaster
— War Neuseeland auch so etwas wie ein Abnabelungsprozess, ein jugendlicher Walkabout auf dem Weg zur Unabhängigkeit?
FERDINAND HABSBURG:
Das war es. Es gab anfangs Ärger, weil ich gleichzeitig zur Schule hätte gehen sollen. Meine Lehrer nennen mich eh nur noch den Geist der Schule. In Neuseeland war ich oft allein unterwegs. Bin von Strecke zu Strecke gereist, war für mich verantwortlich: den Pass nicht vergessen, das Hotel bezahlen, auch sportliche Probleme waren zu lösen: Wen frage ich, was das Fahrtechnische anbelangt? An wen wende ich mich, wenn es ums Auto geht? Das war wichtig, nicht nur für meine Persönlichkeit, sondern auch für den Rennfahrer in mir. Wie kann ich ein kompletter Rennfahrer werden, wenn ich nicht weiß, wie ich in gewissen Situationen agieren muss? Einmal wurde ich bestraft, ungerecht, eh klar. Ich wählte bewusst meine Worte, um zu erklären, dass die Strafe nicht gerechtfertigt ist. Es hat nicht geklappt, die Strafe blieb aufrecht – wieder so ein Lernprozess.
— Sie gelten als höflicher, gut erzogener Mensch, aber wenn Sie hinter Konkurrenten auftauchen, haben die Panik. Warum das?
FERDINAND HABSBURG:
Ich bin extrem ehrgeizig, bin sehr kompetitiv. Daran haben auch meine Schwestern großen Anteil. Sie habe mich immer gepusht, in allem der Beste zu sein, immer gewinnen zu wollen. Mittlerweile sind diese Eigenschaften Teil meines Rennfahrer-Egos.
— Sind die Schwestern die Coaches?
FERDINAND HABSBURG:
Definitiv. Von Geburt an haben sie mich genervt, gezwickt, bearbeitet. Aber heute bin ich dankbar. Durch sie bin ich im Zweikampf besser geworden, kompromisslos im Überholen, und es ist für die Konkurrenz schwer, mich zurückzuüberholen. Das war die Basis. Von nun an setzte ich mich durch, wurde zum Kämpfer, hatte sogar Zeit, mich auf schnellste Rennrunden zu konzentrieren.
— Sie wollen in die Formel 1, die ist hart, brutal, Verträge sind oft nicht einmal das
Papier wert, auf dem sie geschrieben sind, Unmengen an Geld müssen eingebracht werden. Ist das wirklich Ihre Welt?
FERDINAND HABSBURG:
Ich möchte festhalten, dass ich, wenn ich in die Formel 1 gehe, kein Geld einzahlen möchte, sondern Geld bekommen will. Ich will der beste und daher ein bezahlter Rennfahrer sein. Ja, die Formel 1 ist hart, ist brutal, aber wenn man den höchsten Level einer Disziplin erreichen will, ist das überall so. Im Tennis wie auch im Geschäftsleben.
— Auf Ihrer Facebook-Seite steht, Sie fahren sowohl für Österreich als auch für Ungarn.
Für wen würden Sie in der Formel 1 starten?
FERDINAND HABSBURG:
Momentan habe ich die österreichische Rennlizenz. Für Ungarn bin ich in der Kart-Weltmeisterschaft gestartet, weil ich für ein ungarisches Team gefahren bin und die ungarische Meisterschaft gewonnen habe. Aber für wen ich in der Formel 1 fahren würde, das verrate ich jetzt noch nicht. Im Moment wahrscheinlich eher für Österreich.
— Sie hätten dann zwei Heimrennen.
FERDINAND HABSBURG:
Genau! Den Red Bull Ring lerne ich im Juni kennen, Testtage kurz vor meinen abschließenden Schultests. Das wird mega, aber ich finde auch den Hungaroring cool.
Viele denken, ich sei als Kind in Schönbrunn und anderen historischen Gebäuden Wiens herumgelaufen.
Ferdinand Habsburg, Rennfahrer
— Sie sind im besten Teenager-Alter, dazu gehören Musik, Party, Mädchen. Haben Sie überhaupt Zeit dafür?
FERDINAND HABSBURG:
Dafür finde ich immer Zeit (grinst). Ich würde mich ja gern zu hundert Prozent auf den Rennsport konzentrieren, aber manchmal schlägt der Siebzehnjährige bei mir durch. Ich halte es so: Wenn ich ausgehen kann, kann ich auch lernen und trainieren. Und ich setze mir Prioritäten. Die Eltern sagen zwar, die Schule ist die Nummer eins. Ich sage: Erst das Rennfahren, dann die Freunde...
— Kommt der Name Habsburg oder das Racer-Image bei den Mädchen besser an?
FERDINAND HABSBURG:
Beides, glaub ich! Aber der Rennfahrer muss noch größer werden und der Habsburg auch.
— Haben Sie schon den Führerschein?
FERDINAND HABSBURG:
Nein. Aber ich arbeite hart daran. Das ist auch so eine Priorität, und es wird heuer passieren, noch vor meinem 18. Geburtstag – ich verspreche es. Meine Schwester hatte ihn, schon bevor sie 18 war, das will ich auch.
— Haben Sie unter den aktuellen Rennfahrer ein Idol?
FERDINAND HABSBURG:
Ich liebe die Performance von Valtteri Bottas, er ist mein absoluter Star. Ich war kein Fan von Red Bull, weil sie so dominant waren, aber Daniel Ricciardo und der siebzehnjährige Max Verstappen beeindrucken mich.
— Gibt es über den Rennsport hinaus eine Vision, wo Sie sagen, da will ich irgendwann sein und etwas bewegen?
FERDINAND HABSBURG:
Auch wenn es die Eltern unterstützen würden: Ich bin kein großer Fan von Politik. Da versuche ich lieber dem Motorsport-Nachwuchs in Österreich zu helfen. Ich kenne junge Menschen, die viel wollten, aber keine Unterstützung fanden. Das will ich ändern.
Zur Person: Ferdinand Habsburg
Ferdinand Zvonimir Maria Balthus Keith Michael Otto Antal Bahnam Leonhard Habsburg-Lothringen – Geboren am 21. Juni 1997 als Sohn von Francesca und Karl Habsburg-Lothringen – Er wächst zweisprachig auf, die Mutter spricht nur englisch mit ihm – 2004: Übersiedelt von Salzburg nach Wien, tritt in die Danube International School in Wien ein – Erste Karterfahrung mit acht. Vater Karl schenkt ihm ein Rennkart. Von nun an trainiert Ferdinand fünf Mal die Woche – Alexander Wurz erkennt sein Talent und wird sein Mentor – 2012: Erster Sieg in der Kart-EM – Seit 2014 fährt er Formel Renault.