Thomas Preining: "Einfach war es nicht"
Thomas Preining hat sich mit nur 25 Jahren in die Motorsport-Geschichtsbücher katapultiert: als allererster DTM-Meister in einem Porsche – und als allererster aus Österreich.
Sein Vater Andreas fuhr in den 1990er-Jahren in der Motorrad-WM, Thomas Preining selbst verliebte sich hingegen als Siebenjähriger auf Mallorca ins Kartfahren.
18 Jahre später fightete er sich im "Grello" genannten Porsche 911 vom Rennstall Manthey EMA zum DTM-Champion – Premiere für Österreich und Porsche. Außerdem kürten ihn die Gremien der Austrian Motorsport Federation (AMF) zum Motorsportler des Jahres.
— Ich habe gelesen, dass du noch einen Platz für die riesige DTM-Trophäe daheim gesucht hast. Schon was gefunden oder ist sie noch bei den Eltern, die sie mit dem Auto von Hockenheim nach Linz brachten?
Thomas Preining: Nein, die steht schon daheim im Wohnzimmer. War aber nicht so einfach, weil auf meine Kommode mit der Glasplatte brauchst sie nicht hinstellen.
— Wie waren deine Wochen nach dem Titelgewinn in der DTM?
Thomas Preining: Bis jetzt war ich nie länger zuhause als ein, zwei Tage. Aktuell bin ich im Porsche-Werk in Weissach, wir haben Weihnachtsfeier, es geht nach Amerika – und dann ist Weihnachten. Viele Veranstaltungen mit Motorsport-Bezug also, aber keine Rennen mehr. Das ist das "Langweilige", das im Hintergrund passieren muss, um 2024 bestmöglich dazustehen.
— Viel zuhause bist du also nicht.
Thomas Preining: Bis jetzt waren es 177 Tage, an denen ich unterwegs war. Das ist schon ausreichend.
— Kommt dieser Post-Saison-"Stress" auf und abseits der Rennstrecke auch vom DTM-Sieg?
Thomas Preining: Nein, überhaupt nicht: Wir arbeiten an der Zukunft und der nächsten Saison – das hätten wir auch gemacht, wenn wir Zweiter, Dritter, Vierter, Fünfter geworden wären.
— Hast du irgendwelche Hobbies, um diese ganze Hektik zu kompensieren?
Thomas Preining: Wenn ich daheim mit meiner Freundin und dem Hund bin, ist das Ausgleich genug. Aber auch dann muss ich trainieren und im Simulator fahren, um nicht ganz aus der Materie zu fallen. Überholen, verteidigen – das wird nicht besser, wenn du nix machst.
— In der DTM 2023 gab es mit Tim Heinemann einen Fahrer, der aus dem Simracing kommt. Werden wir sowas in Zukunft häufiger sehen?
Thomas Preining: Man hat heuer gesehen, dass es mehrere Wege gibt, Profi zu werden. Schaffen werden es zwar nur ganz, ganz wenige, aber von den jungen, ambitionierten Rennfahrern, die in echten Autos sitzen, schaffen es ja auch nur ganz wenige. Es nicht zu schaffen, ist natürlich.
— Hättest du einen Plan B gehabt?
Thomas Preining: Weil wie in jedem anderen Sport die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass man Profi wird, war die Matura so wichtig: um einen Plan B zu haben, die Option, zu studieren. Was ich gemacht hätte? Keine Ahnung! Aber mit 17, 18 Jahren wissen das die Wenigsten. Viele studieren irgendetwas und schauen, ob's ihnen taugt – sowas hätte ich auch gemacht. Meinen Eltern war es natürlich auch wichtig, dass ich die Matura habe – aktuell schaut's aber so aus, als bräuchte ich sie nicht. Zum Glück.
— 2015 hätte es bei dir fast nicht geklappt, ein Sponsor fiel aus. Wie war das damals?
Thomas Preining: Du siehst deine ganze Welt zusammenbrechen, hast dein ganzes Leben dieses eine Ziel und dann scheint es verloren zu sein. "Jetzt geh' ich wieder normal in die Schule und tu nimmer rennfahren" – nicht easy, das als 16-jähriger Bursch zu akzeptieren.
— Wie war das eigentlich als Schüler und Motorsportler gleichzeitig?
Thomas Preining: Das Motorsportler-Leben ist weniger glamourös, als sich das vielleicht jemand vorstellt. Du musst an der Rennstrecke oder im Hotel am Abend lernen, hast eine Doppelbelastung, weil du viel unterwegs bist und die gleichen Hausaufgaben und Prüfungen schaffen musst wie alle anderen auch.
— In der Klasse warst du dafür ein cooler Hund?
Thomas Preining: Nein, ein ganz normaler Schüler. Wenn ich in der Bayern-Akademie gespielt hätte, wäre das wahrscheinlich cooler gewesen.
— Zurück zu 2015: Wie ist es weiter gegangen? Wie bist du mit diesem Rückschlag umgegangen und was hast du mitgenommen?
Thomas Preining: Ich habe immer weiter trainiert und versucht, mich am Simulator zu verbessern. Im Winter von 2015 auf 2016 sind Robert und Walter Lechner auf mich zugekommen und haben ein Paket geschnürt, damit ich Formel 4 fahren kann. Das war Gold wert, weil andere auf mich aufmerksam wurden. Und es hat mir gezeigt, wie wichtig das Umfeld ist: Durch meine Family, meine Freunde, die Familie Lechner hatte ich einen gewissen Rückhalt.
Ich glaube, seitdem fallen mir Rückschläge leichter, weil wenn du nach so etwas wieder zurückkommst, trotzdem deine Ziele verfolgst und sie erreichst, ist jeder andere Rückschlag weniger schwierig.
—Wie wichtig ist das im Motorsport? Die mentale Stärke?
Thomas Preining: Extrem! Gerade wenn du Profi bist und dann noch in einer Serie wie der DTM, in der viel vom Fahrer abhängt, hast du hohen Druck. Je besser du damit umgehen kannst, desto vorteilhafter ist das.
— Was hilft dir, mit diesem Druck vor einem Rennen umzugehen? Rituale? Musik?
Thomas Preining: Ich umgebe mich mit anderen Leuten, unterhalte mich mit Teammitgliedern und den Ingenieuren. Schaue, dass ich eine positive Ablenkung habe. Man ist zwar immer noch beim Thema, aber sitzt nicht ganz alleine mit seinen Gedanken in irgendeinem Eck.
— Ich habe gelesen, dass du auf öffentlichen Straßen gar nicht so gerne Auto fährst. Wie passt das mit deinem Job zusammen?
Thomas Preining: Das ist ein bisserl fehlinterpretiert worden. Ich fahre gerne Autos, nur nicht im Stadtverkehr (lacht). Wie jeder andere vermutlich auch. Aber auf der Autobahn oder einer schönen Landstraße – wem macht das keinen Spaß? Vor allem, wenn man so ein großes Privileg hat und Porsche fahren kann.
— Zweirad hat dich nie interessiert? Dein Vater war ja in der Motorrad-WM unterwegs.
Thomas Preining: Im Nachhinein wäre es schon cool gewesen. Ich schaue sehr gerne MotoGP, Superbike, Moto2, Moto3. Aber jetzt ist's eh z'spät (lacht).
— Was macht die DTM auch heute noch so geil? Manche weinen ja dem Wechsel 2021 von den stärkeren, aber auch teureren Class-1- zu den GT3-Autos nach.
Thomas Preining: In gewisser Weise verstehe ich die Leute, weil die Autos natürlich spektakulär waren. Dafür ist das Racing jetzt viel, viel enger, es gibt mehr Zweikämpfe, mehr Chancengleichheit. Das Feld ist dichter, niemand wird mit 140 Punkten Vorsprung Meister. Für den Zuschauer ist es also spannender. Und für mich als Fahrer gibt es keine Rennserie, die so viel Spaß macht.
— Wie sieht's 2024 aus? Titelverteidigung?
Thomas Preining: Wir werden es auf jeden Fall versuchen. Wird zwar sicher nicht einfach – war es heuer aber auch nicht (lacht).
— Zum Abschluss noch ein Wordrap: Red Bull oder Nürburgring?
Thomas Preining: (überlegt lange) Ähm… Red Bull Ring.
— Flying oder Standing Start?
Thomas Preining: Stehender Start.
— Netflix und Chill oder Ausgehen?
Thomas Preining: Netflix.
— LASK oder Blau-Weiß?
Thomas Preining: Puh. Ich bin schon ein Fußballfan, aber verfolge die österreichische Liga nicht so wirklich.
— Und weil ich auf Instagram gesehen habe, dass diese beiden deine Lieblingstiere sind: Hund oder Affe?
Thomas Preining: (lacht) Boah! Das ist unmöglich zu beantworten.
Thomas Preining
Geboren am 27.07.1998 in Linz
2009–2013 gewinnt Preining fünf Junioren-Meisterschaften im Kart
2015 Start in der Formel 4, schnell ist wieder Schluss, der Hauptsponsor fällt aus
2016: Wechsel zu Lechner Racing
2017 Junioren-Werksvertrag bei Porsche und Wechsel in den Porsche Carrera Cup Deutschland, den er 2018 mit zehn Siegen in 14 Rennen gewinnt
Teilnahme an diversen GT-Rennen, unter anderem in der WEC
2022 Einstieg in die DTM, 2023 Sieg in der Serie