Sie antwortet locker, lässig und lachend, nur manchmal lässt sich dann doch ein wenig Aufregung aus Lena Kemmers Stimme heraushören. Zum Beispiel, wenn die erst 19-jährige Steirerin über Ana Carrasco spricht. Carrasco, die 2018 in der Klasse-SSP 300 als erste und einzige Frau überhaupt eine Motorrad-Weltmeisterschaft gewinnen konnte. "Und jetzt werde ich gegen sie fahren – schon arg."
Zwischen Bikes und Beruf
Lena Kemmer ist Österreichs schnellste Bikerin – und eine von nur zwei deutschsprachigen Damen in der neuen Frauen-Motorrad-WM.
Möglich macht das eine neu geschaffene Motorradrennserie: 2024 wird mit der "FIM Women's Motorcycling World Championship" erstmals eine Motorrad-WM nur für Frauen ausgetragen. Zwölf Rennen an sechs Rennwochenenden gibt’s, alle im Rahmenprogramm der Superbike-WM, der schnellsten Zweirad-Serie diesseits der MotoGP. Los geht es in Misano von 14. bis 16. Juni. Die 24 Fahrerinnen sind auf Einheitsbikes von Yamaha unterwegs, konkret handelt es sich dabei um das Modell YZF-R 7.
Die Termine im Überblick
- 14.–16. Juni: Misano (Italien)
- 12.–14. Juli: Donington (Großbritannien)
- 9.–11. August: Portimao (Portugal)
- 23.–25. August: Balaton Park (Ungarn)
- 20.–22. September: Cremona (Italien)
- 18.–20. Oktober: Jerez (Spanien)
Die Weltmeisterschaft ist eine Referenz für eine neue Generation, und ich weiß, dass sie wirklich interessant sein wird und eine neue Chance für Frauen darstellt. Heute ist der Beginn von etwas Großartigem.
In Spanien absolvierte Lena Kemmer schon einen ersten Test auf dem Eisen: "Vom fahrerischen Aspekt hat alles gut ausgeschaut, ich habe mich schnell an das Motorrad gewöhnen können." Aber: "Weltmeisterschaft – das ist natürlich ein anderes Level. Viele sind hauptberuflich Rennfahrerinnen, ich habe einen 40-Stunden-Job." Kemmer ist ausgebildete KFZ-Technikerin und baut bei AVL in Graz komplexe Kabelbäume zusammen. Jeder ihrer Urlaubstage wird in die Rennsport-Karriere investiert, als auto touring mit ihr spricht, hat sie gerade Mittagspause.
Aufs Bike ist Lena Kemmer übrigens durch ihre Familie gekommen. Papa Herbert, ihr größtes Vorbild, wie sie sagt, war selbst Motorrad-Rennfahrer. "Recht überzeugt von meinen Zweirad-Plänen war er anfangs trotzdem nicht. Er weiß, wie viel Zeit und Geld das in Anspruch nimmt. Irgendwann hat er aber gemerkt, dass er mich nicht aufhalten kann – und im Nachhinein ist er natürlich froh darüber."
Der Erfolg gibt ihr Recht: 2023 startete Lena Kemmer in der Frauen-EM, sie wird Gesamtsiebente. Ein Jahr zuvor fährt sie als einzige weibliche Teilnehmerin in der Nachwuchsrennserie "Austrian Junior Cup" zwei Mal aufs Podium und beendet die Saison als beste Österreicher:in auf dem vierten Gesamtplatz. "Es war nie ein Problem, dass ich ein Mädchen bin. Sobald du auf der Rennstrecke den Helm aufhast, ist das alles egal."
In Richtung gemischtgeschlechtlicher Bewerbe will Lena Kemmer auch nach der Frauen-WM wieder gehen: "Die Motorrad-WM für Frauen ist eine super Sache, allein deshalb, weil die Aufmerksamkeit höher ist." Allerdings sei ihr Ziel schon, wieder bei den Herren mitzufahren, längerfristig im Optimalfall in der Supersport-WM.
Locker, lässig und lachend fügt sie hinzu: "Mit den Burschen macht’s auch deshalb viel Spaß, weil die sich schon ein bisserl mehr ärgern, wenn sie von einem Mädel überholt werden."
Hier können Sie Lena Kemmers motorsportliche Reise auf Instagram mitverfolgen.
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