Rallye-Party im Herbst-Wonderland

Zwei Tage, drei Strecken, sechs Wertungsprüfungen – und ganz viel gelb: Das war die große, heimische Rallye-Party des Jahres.
 

Ein paar letzte Tropfen fallen auf die Scheibe, ein letztes Mal wischen die Wischblätter sie weg. Mit jeder Minute, die vergeht, reißt es die Wolken weiter auseinander, und mit jeder Minute strahlt die Sonne durch immer größer werdende Lücken.

Sie färbt die Wälder in die verschiedensten Farbtöne, gelb und rot und grün. Der Herbst zeigt sich jetzt an diesem Samstagvormittag und hier, kurz vor Peilstein, von seiner allerbesten Seite.

Normalerweise sei es hier ja recht verschlafen, erzählen die 20-jährige Magdalena und die 16-jährige Anya – "mit Ypsilon", wie sie sagt. Wir stehen auf einem Hang, links von uns erhebt sich der Ortskern auf einem Hügel. Unter uns: Eine Menschenmasse, die sich an einer Straße entlang aufgefädelt hat.

Normalerweise recht verschlafen: Peilstein im Mühlviertel.

Über dieses enge Asphaltband jumpt im Drei-Minuten-Takt die Elite der Rallyewelt über eine künstlich angelegte Schanze: Sébastien Ogier, Ott Tänak und dann Kalle Rovanperä, seit letztem Jahr jüngster Rallye-Weltmeister überhaupt.

Willkommen bei der Rallye Zentraleuropa. Erstmals seit 50 Jahren war die WRC zu Gast in Österreich, was das Land übrigens zu einem von nur drei (neben Japan und Italien) macht, in dem 2023 Rennen alle drei Königsklassen – Formel 1, MotoGP und eben die WRC – ausgetragen wurden.

Und das erste Mal überhaupt wurde ein WRC-Lauf in drei verschiedenen Ländern gefahren. Neben den sechs Wertungsprüfungen in Österreich gab's auch in Deutschland und Tschechien Rallye-Action zu sehen.

Staatsmeister Simon Wagner: "Das ist schon toll, wenn in diesen krisenreichen Zeiten so ein geschlossenes Zeichen gesetzt wird." Der Start war in Prag, im Mittelpunkt der Rallye stand Passau.

In der Dreiflüssestadt war der Service Park angesiedelt. Fanzone in der "Dreiländer-Halle" inklusive: Im Riesensimulator konnten Amateure ihr Können unter Beweis stellen, auf einer Riesen-Leinwand dem Können der Profis zugesehen werden. Und der Leberkas-Pepi war auch da. Den rund 125.000 Fans, die es in die Dörfer und Städte und an die Wälder und Wiesen gezogen hat, wurde also auch abseits des Sportlichen viel geboten.

Apropos sportlich: Wer war denn der Schnellste bei der ersten Rallye Zentraleuropa? Mit einer Zeit von 2:52:39,9 Stunden für die 313 Kilometer der 18 Wertungsprüfungen gewann der Belgier Thierry Neuville (Hyundai). Auf Platz drei: Ott Tänak (Ford). Zweiter wurde Kalle Rovanperä (Toyota), der sich somit eine Rallye vor Saisonende zum Weltmeister kürte.

Bester Österreicher: Staatsmeister Simon Wagner, der nach zwei Reifenschäden am Freitag immer noch Achter wurde und somit sein Top-Ten-Target, wie er dem auto touring im Vorfeld erzählt hatte, erreichte. "Beim nächsten Mal habe ich hoffentlich mehr Glück", so der Oberösterreicher. Apropos nächstes Mal: Die WRC wird kommendes Jahr (31.10. bis 03.11.2024) wieder in Zentraleuropa Halt machen.

Begeistert zeigt sich Wagner besonders von der Stimmung: "Unsere österreichischen Rallyefans sind der absolute Hammer. Danke an jeden Einzelnen fürs Anfeuern!"

Ähnliche Töne schlägt auch Dr. Harald Hertz, Präsident der AMF, an: "Die Fans haben uns geholfen, aus einer sportlich packenden Veranstaltung ein unvergessliches Event zu machen." Und: "Mein Dank gilt aber auch den vielen Anwohnern und lokalen Unterstützern, die die Rallyefans aus aller Welt mit offenen Armen empfangen haben."

Zurück nach Peilstein, in die 1.500-Seelen-Gemeinde, in der die Wertungsprüfungen 10 und 13 endeten, die mit 27,83 Kilometern übrigens die „Königsprüfungen“, also die längsten, waren. Und zurück zu Magdalena und Anya mit Ypsilon.

Erstere meint: "Alle müssen zusammenhelfen." Zweitere ergänzt: "Das passiert auch. Jeder im Ort packt mit an." Da sind Magdalena und Anya auch keine Ausnahmen. Die zweite Wertungsprüfung am Nachmittag, sagen sie, werden sie sich nicht anschauen können. "Geht sich nicht aus." Denn beide werden später noch Getränke ausschenken. Mit anpacken eben.