Sieger mit siebzehn
Marco Mempör ist Motorsportler des Jahres. Er gewinnt als erster Österreicher einen Lauf zur Trial-Weltmeisterschaft und wird Junioren-Europameister.
Blonder Schopf. Schalk in den Augen. Gewinnendes Lächeln. Marco ist siebzehn. Aber das hochg'schossene Bürscherl aus dem 400-Seelen-Dorf Prigglitz im niederösterreichischen Alpenvorland ist kein gewöhnlicher Teenager. Partys, Discos, Clubbings – sprich, alles was gleichaltrigen Freunden taugt – sind ihm schnurz. Verlorene Zeit. Er will nur fahren, langsam fahren über Stock, Stein, Steilhänge. Auf seinem Trial-Bike, einer 125er-Beta.
Wir treffen Marco zum Interview:Lässig, auch ein bissl stolz zieht er eine Goldmedaille aus der Hosentasche der abgewetzten Designer-Jeans. Eine besondere Trophäe: Marco Mempör ist Österreichs erster Junioren-Europameister im Trial-Sport. Damit nicht genug: 2019 gewinnt er bei extremer Hitze den WM-Lauf im holländischen Zellhem. "Dieser Sieg war eine mega Motivation!"
Marco Mempör im Talk
Somit war klar: Der Trial-Teenie wird von der AMF (Austrian Motorsport Federation) zum Motorsportler des Jahres gewählt. Marco lächelt: "Große Ehre, ganz klar! Dieser Titel war immer auch ein Ziel. Hätte mir nie gedacht, dass ich das schon mit 17 schaffe."
Europameister besucht den ÖAMTC
Aber was fasziniert einen jungen Burschen am Trial, einer Randsportart ohne Fernseh-Minuten, in der es nicht um Geschwindigkeit geht? "Beim Trial geht's darum, das Motorrad zu beherrschen, Hindernisse im Schritttempo zu überwinden und Limits nach oben zu treiben", gibt sich der Youngster altklug. Im Moment fasziniert ihn Hinterrad-Hüpfen. Akrobatischer Spaß, den er meist als Ausklang der Trainingseinheiten praktiziert.
Training, täglich drei Stunden und mehr, heißt im Trial: Kraft in den Beinen und Ausdauer. "Wenn die Muskulatur müde wird, verlässt dich als Erstes der Kopf und somit die Konzentration." Kraft, Kopf und Konzentration sind notwendige Dreifaltigkeit für das extrem langsame Durchfahren der Prüfungs-Sektionen, in denen jeder Bein-Boden-Kontakt mit einem Strafpunkt geahndet wird. Bei internationalen Bewerben muss sogar nonstop gefahren werden. Auch vor großen Felsbrocken und Stufen ist Stehenbleiben ein Fehler. Vor solchen Hindernissen wird das Bike durch Armkraft hochgerissen und Sprünge mit den Beinen ausgelöst.
Hinterrad-Hüpfen mit der neuen 300er
Trial-Motorräder haben eine völlig andere Geometrie als Enduros. Leichter, der Motor viel leiser, aber mit mächtigem Drehmoment von unten heraus. Auf kurzen Distanzen ist die Beschleunigung sogar stärker als bei Enduro-Bikes.
Ist Trial gefährlich? Marco lächelt und schüttelt den Kopf. Wichtig ist ein guter "Minder", der Mann, der dem Fahrer die beste Linie anzeigt. Ein guter Minder fängt bei einem Sturz das Motorrad, der Fahrer muss nur aufpassen, sich beim Abspringen nicht zu verletzen. Marcos Minder ist Papa Mario. Er bringt die ganze Erfahrung aus seiner aktiven Trial- und Enduro-Zeit ein. Und er war immer Vorbild für den Buben.
Vater Mario erinnert sich: "Schon als Kind war Marco auf Trial fokussiert." Mit vier Jahren bekommt er ein Trial-Fahrrad. Das Motorrad kommt später, mit sieben. Egal welcher Sport, Marco ist überall geschickt – ein Bewegungstalent. Die Mempörs sind zwar eine Schifahrer-Familie, aber Marco will unbedingt ein Snowboard haben. Der Patenonkel zahlt den Anfänger-Kurs und schon nach zwei Tagen fährt Marco frei die Hänge runter. Der Kursleiter packt's nicht: "Das gab es noch nie!" Beim Abschlussrennen wird Marco sensationell Zweiter. Nur das Aufhören, das Heimgehen fällt Marco schwer. "Jedes Mal ein Tränen-Drama", erinnert sich der Herr Papa. "Motivieren musste ich ihn nie, eher reduzieren."
Marcos steiler Weg nach oben
Vater Mario und Sohn Marco sind heute ein eingespieltes Team, reisen gemeinsam zu Rennen kreuz und quer durch Europa und bis nach Japan. Das Essen schmeckt dem Teenie dort gar nicht, einzig den japanischen Reis liebt er: "Der beste der Welt!"
Tokio kennt Marco schon ziemlich gut, obwohl er zum Sightseeing immer erst überredet werden muss. Zwischen den Rennen verbringen Vater und Sohn die meiste Zeit in Spanien, wo sich die Trial-Weltelite trifft: Engländer, Franzosen, Norweger. Auch Marcos Idole, spanische Legenden wie Adam Raga, Toni Bou und Wunderkind Jaime Busto. In Spanien passt nicht nur das Wetter, der Trial-Sport genießt höchste Akzeptanz. Auch wenn auf einem inoffiziellen, aber geduldeten Parcours in der Nähe eines Villenviertels trainiert wird. Bei Trial-Piloten schaut die Polizei gerne weg.
Das große Vorbild
Wie es weiter geht? Nach den Erfolgen von 2019 wird Marco die 125er-Klasse (bis 19 Jahre) verlassen. Auch die Marke hat er gewechselt. In Zukunft will er sich auf einem 300er-Bike, einer TRRS, der Marke des 7-fachen Weltmeisters Jordi Tarres, in der Trial 2 beweisen, der zweithöchsten Klasse. Der Aufstieg in die höchste Klasse, die Trial GP, wo die Profis mit 350 Kubik auf Viertaktern fahren, bleibt weiterhin ein Bubentraum. Ein kleiner Vorgeschmack erwartet Marco im März beim Hallen-Trial-WM-Lauf in Wiener Neustadt. Wo er mit einer Wildcard erstmals gegen seine Idole antreten wird.