Walter Röhrl: "Klar, dass Oldtimer faszinieren!"
Es gibt gute Gründe, warum immer mehr Menschen ihre Liebe zum Blech der frühen Jahre entdecken.
Ein Blick ins Zeitschriftenregal größerer Trafiken zeigt: Spezialmagazine für die Freunde des alten Blechs haben Hochkonjunktur. Buchhandlungen gestalten ganze Schaufenster mit repräsentativen Bildbänden über alte Autos und Reparaturanleitungen. An Frühlings- und Sommer-Wochenenden durchqueren schön herausgeputzte Old- und Youngtimer die schönsten Landschaften Österreichs. Alte Autos boomen.
Oldtimer – was sind das eigentlich für Autos? "Es gibt dazu klare Richtlinien", sagt Georg Brown, Oldtimer-Experte des ÖAMTC. "Das Fahrzeug muss mindestens 30 Jahre alt, erhaltungswürdig und nicht für den täglichen Gebrauch bestimmt sein."
Für Youngtimer hingegen gibt es keine Definition, der Begriff ist eigentlich ein umgangssprachlicher Ausdruck. "Von der Bedeutung her sind es Fahrzeuge, die zwischen 20 und 30 Jahre alt sind und die mittlerweile selten geworden sind", so Brown. Diese Fahrzeuge sind gerade für junge Menschen oft der optimale Einstieg, denn sie sind recht günstig zu haben. Vielleicht sogar gratis, weil in der Familie vorhanden. Auch die Versorgungslage mit Ersatzteilen ist noch unproblematisch.
Was ist dran am Hype? Welche Menschen sind es, die ihre junge Liebe zu den alten Autos entdeckt haben?
Walter Röhrl etwa, eben 70 Jahre jung gewordene Rallye-Ikone und Ehrenpräsident der Saalbach Classic, einer der hochkarätigen Oldtimer-Veranstaltungen Österreichs, meint: "Es sind stets Menschen, denen Autofahren Freude macht. Mit diesen Autos fahren sie nicht, um von A nach B zu kommen."
Es reiche auch nicht, sich hinters Steuer zu setzen wie in einem Auto unserer Zeit und einfach loszufahren: "Diese Autos erfordern volle Konzentration, denn es gibt weder ABS noch Servolenkung oder andere elektronische Helferleins." Nachsatz des Rallye-Cracks: "Die heutigen Autos lenken ab, weil vieles von selbst passiert und man deshalb öfter aufs Navi oder aufs Handy schaut."
Was Walter Röhrl, der selbst acht Oldies besitzt, zu der Wertsteigerung sagt, die viele historische Autos gerade erfahren, spricht Bände: "Momentan sind viele Oldtimer eine Wertanlage, was eigentlich schade ist, denn dadurch werden die Preise in die Höhe getrieben – zu Lasten derer, die aus Leidenschaft gerne so ein Auto hätten, aber es sich nicht mehr leisten können."
Die ganz frühen Jahre
Diese Autos sind wahre Kostbarkeiten, sie erfordern von ihren Besitzern viel technisches Verständnis, Geduld bei der Suche nach passenden Ersatzteilen, einiges handwerkliches Geschick und das nötige Geld, das alles zu finanzieren.
Auch für den ÖAMTC sind Oldtimer ein Tätigkeitsfeld. Der Club berät Mitglieder in allen Fragen zum Thema. Er klärt über spezielle Versicherungen auf, informiert über die Fußangeln beim Import, unterstützt bei der Wertbestimmung, hilft beim Erlangen von Einzelgenehmigungen durch Landesprüfstellen und vermittelt Sachverständige.
Eine Übersicht zu allen Dienstleistungen des Clubs für Besitzer/-innen älterer Fahrzeuge gibt es auf http://www.oeamtc.at/oldtimer.
Georg Brown ist der Oldtimer-Experte des ÖAMTC, er besitzt selbst ein Fahrzeug aus dem Jahr 1966. Was fasziniert ihn an alten Autos? "Das ursprüngliche Fahren, das Spüren der Elemente, die Verbundenheit mit dem Fahrzeug und der Landschaft, in der man sich damit bewegt. Man fährt bewusster und nimmt die Dinge ganz anders wahr. In einem modernen Auto ist man viel mehr abgekapselt." Alte Autos sind für Brown Fahrerlebnis-Verstärker, weil sie lauter, unbequemer und im Sommer heißer sind. "Autofahren unplugged!", so Brown.
Spielen die Autos, mit denen man aufgewachsen ist, eine besondere Rolle? Ja, meint er, das treffe sicher zu. Auf Messen, bei denen der ÖAMTC mit seinem alten Steyr-Puch-Pannenauto präsent sind, höre man oft Geschichten von Menschen, die sich gerne daran erinnern, als Kinder mit so einem Auto in den Urlaub gefahren zu sein. "Ein anderer Aspekt ist wahrscheinlich der, dass man es sich heute leisten kann, das Traumauto seiner Jugend zu erwerben und sich damit einen Jugendtraum zu erfüllen", so Brown.
Sind Vorkriegsautos deshalb unterbewertet? Ja, was eigentlich schade ist, denn es existieren nicht mehr sehr viele. Und Nachkriegsautos, die in weit größeren Stückzahlen gebaut wurden, erleben derzeit einen Hype, ihre Preise schnellen in die Höhe. "Seltenere Vorkriegsfahrzeuge sind dagegen noch recht günstig zu haben", erzählt Brown, warnt aber gleichzeitig: "Sie erfordern einen anderen Zugang. In einen alten Porsche etwa steigt man ein und fährt, ein Vorkriegsauto erfordert viel mehr Auseinandersetzung mit der Technik, technisches Interesse und Leidenschaft."
Die Nachkriegs-Klassiker
Nach dem 2. Weltkrieg waren es neben den Engländern vor allem die Italiener, die bald wieder begannen, Traumautos zu bauen. Mit dem beginnenden Wirtschaftswunder tauchten auch aus Deutschland wieder Sportwagen auf.
Was viele wissen wollen, die von den Autos ihrer Kindheit fasziniert sind: Ist es sinnvoll, das geerbte Auto vom Großvater aufzuheben und zu hoffen, dass es eines Tages viel wert sein wird?
ÖAMTC-Experte Georg Brown meint, es komme ganz darauf an, um welches Auto es sich handelt. "Ein Auto, das heute noch in größerer Anzahl im Straßenbild vertreten ist, wird es schwer haben, in überschaubarerer Zeit größere Wertsteigerungen einzufahren – das kann Jahrzehnte dauern wie etwa bei den VW-Bullis der Serien T1 und T2." Sein Rat: Wenn jemand Spaß am Fahren von Opas Auto hat, dann rechnet sich das mit Sicherheit. Denn die eigentliche Rendite ist der Fahrspaß. Kommt es zu einer Wertsteigerung, ist es auch gut.
Eines ist nach Ansicht der ÖAMTC-Techniker an den Stützpunkten aber klar: Diese Autos gehören bewegt, sonst werden sie kaputt.
Ältere Autos geraten immer mehr unter Beschuss, weil sie mehr Schadstoffe emittieren als die Autos von heute. Deutschland hat in vielen Städten Umweltzonen eingerichtet, in denen für alle, die nicht einer bestimmten (neueren) Abgasklasse entsprechen, Fahrverbot herrscht. Das ist vor allem ein Problem für Youngtimer.
"Echte Oldtimer, also historisch typisierte Fahrzeuge, sind da aber ausgenommen", relativiert Georg Brown. Interessensverbände wie auch der ÖAMTC haben erreicht, dass diese Autos heute als Kulturgut gelten, das auf der Straße erhalten werden soll. Bereits jetzt gibt es Ausnahmen bei der §57a-Untersuchung, in Zukunft soll es ein eigenes (rotes) Pickerl für Oldtimer geben. In Deutschland sind entsprechende Fahrzeuge bereits an eigenen (H-)Kennzeichen zu erkennen.
Die Sechziger und Siebziger
Auch die Jahrzehnte der Massen-Motorisierung brachten faszinierende Autos auf die Straßen.
Fragt sich nur, welche unserer heutigen oder gestrigen Autos die Chance haben, dereinst zu gefragten und damit wertvollen Oldtimern zu mutieren. Eine Blitzumfrage unter Oldie-Besitzern (den Teilnehmern der letzten Saalbach-Classic) brachte folgende Ergebnisse:
Alfa 75 V6, Audi A2, TT der allerersten Serie und V8, BMW 1er der ersten Generation und Z3 Coupé, Citroën XM, Fiat Panda der ersten Generation, Coupé 20V Turbo und Multipla (der rundere), Ford Scorpio, Jaguar XJ40, Lancia Thema 8.32, Mazda 121 (der runde, genannt "Baby"), der erste MX-5 und der Mazda Xedos, Mercedes 190 16V und S-Klasse W140 (der extrabreite aus den frühen 1990ern), Opel Senator, Peugeot 205 GTI und 1007, Porsche 944 und 968, Renaults erster Twingo und der Avantime, der erste Smart und der Smart Roadster, das Saab 900 Cabrio, der Toyota GT 86, der VW Golf Country, das erste Beetle Cabrio und der Phaeton, Volvo 480 ES und 780.
Besonders beliebt bei den Besitzern von Old- und Youngtimern sind die vielen Rallyes und Wertungsfahrten, deren Bandbreite von einfachen Ausfahrten über Geschicklichkeits-Wettbewerbe bis hin zu professionellen Events für höchstkarätige Automobile reicht.
Drei Veranstaltungen seien hier stellvertretend für alle hervorgehoben: Ab 21. Juni die Saalbach-Classic, Ende Juni die Höllental Classic rund um Reichenau an der Rax, bei deren Sonderprüfungen es um Gleichmäßigkeit geht, und Mitte August die Wachau-Eisenstraße Classic.
Als Fachlektüre für Fortgeschrittene empfiehlt sich der Oldtimer Guide 2017.