Ein Tag am Strom
Wie Wien liegt auch die slowakische Hauptstadt an der Donau – nur 67 Flusskilometer entfernt. Bratislava wird von vielen unterschätzt. Zu Unrecht. Hier sind fünf Tipps.
Sie kennen Barcelona und Berlin, London oder Paris, waren aber noch nie in der Hauptstadt unseres Nachbarlands? Na dann nichts wie hin! Der Ostblock-Mief früherer Jahre ist heute längst verflogen, junge Menschen prägen die herausgeputzte Stadt, die den Älteren noch als Pressburg ein Begriff ist.
Unsere Reise beginnt in Wien. Den gleichen Komfort wie vor 110 Jahren hat man heute allerdings nicht: Damals stieg man gleich neben dem Bahnhof Wien Mitte, dort, wo heute das von der Tageszeitung "Der Standard" genutzte Gebäude steht, in die Pressburger Bahn, eine Art Straßenbahn. Sie fuhr entlang von Wienfluss und Donaukanal über Schwechat und Hainburg in die damals noch zu Ungarn gehörende Stadt. Die Wiener benutzten sie, um nach Engerau (heute: Petržalka, Bratislavas Neubauviertel südlich der Donau) zum Heurigen oder direkt ins Zentrum zu fahren, die Pressburger, um in Wien Theater und Oper zu besuchen. Bilder dieser Bahn, die heute längst Geschichte ist, finden sich hier.
Wenn Sie mit dem Auto kommen und sich den Kauf einer Vignette (gibt’s nur noch digital) ersparen möchten, dann verlassen Sie die Autobahn A6 an der Ausfahrt Kittsee, zweigen im Ort links ab und wechseln an der Donau nach rechts auf die B9. Nur mit der Vignette können Sie den Autobahn-Grenzübergang nehmen. Schade, denn im Stadtgebiet von Bratislava, das ein paar Kilometer hinter der Grenze beginnt, muss keine Autobahngebühr bezahlt werden.
Auch mit der Bahn ist eine Anreise möglich. Die schnellste Verbindung, nämlich mit der S-Bahn über Marchegg zum zentrumsnahen Bahnhof Hlavná Stanica, bekommt in ihrem slowakischen Streckenteil gerade neue Gleise, deshalb kommt man bis Dezember nur über die Südroute zum Bahnhof Petržalka. Das dauert eine Stunde und 15 Minuten – ohne den Bus ins Zentrum.
Wir aber wollen ja einen Kurztrip in die Stadt, deren Zentrum direkt an der Donau liegt, unternehmen. Deshalb bleiben wir beim Thema Donau und wählen die mit Sicherheit stimmungsvollste Anreise: mit dem Twin City Liner in nur 75 Minuten von der Wiener Schwedenbrücke direkt ins Herz der slowakischen Hauptstadt. Von der Anlegestelle am Kai haben wir schon unsere erste Empfehlung im Blickfeld.
Tipp 1: Das Ufo
Ufo? Klar, weil das Ding ganz oben auf der nahen SNP-Schrägseilbrücke irgendwie ja so aussieht. Ab 10 Uhr sind das Café und die darüberliegende Aussichtsplattform geöffnet, ab Mittag das Restaurant und die Bar (bis 23 Uhr). Dann und wann gibt es im 85 Meter über der Donau gelegenen und 180 Personen fassenden Raumschiff am Wochenende auch Clubbings, zu ausgewählten Terminen haben Furchtlose auch die Möglichkeit, eine Art Raumspaziergang (Skywalk) an der Außenseite zu unternehmen. Angeseilt natürlich.
Der Fußweg zum Ufo-Zugang auf der anderen Seite der Donau ist ein kurzer. Angenehm dabei, dass er nicht auf dem vierspurigen Straßenniveau der 1972 fertiggestellten und viel befahrenen Brücke der Stadtautobahn verläuft, sondern darunter auf einer eigenen Ebene. Die ist Füßgänger:innen und Radfahrenden vorbehalten.
Was uns sofort auffällt: Hier am südlichen Ufer ist rein gar nichts von Hektik und Verkehr zu spüren. Entspannung ist in der riesigen Parkanlage direkt am Ufer, die Aupark genannt wird, angesagt, während sich im Vorfeld der Schiffsstation am Nordufer Autos und Menschen drängen. Ein Liebespaar Händchen haltend auf einer Parkbank, in der Wiese ein Nachtschwärmer, der sicherlich vom hier angetauten Partyschiff übergeblieben ist, ein einsamer Jogger – und sonst niemand außer uns.
Aber jetzt: Nichts wie hinauf! Zehn vor zehn war noch niemand am Eingang, doch jetzt, 20 Minuten später, müssen wir uns in einer Schlange anstellen, um die 9,90 Euro für die Auffahrt mit dem Lift zu bezahlen. Tickets vorab online zu kaufen ist leider nicht möglich. Was uns noch auffällt: Hier, direkt unter der Brücke, kann man legal kostenlos parken.
Tipp 2: Die Altstadt
Jetzt, nachdem wir uns einen ersten Überblick verschafft haben, wollen wir natürlich das historische Zentrum entdecken, nicht zuletzt um uns zu stärken, bevor wir den Aufstieg zur Burg wagen. Wobei: "Aufstieg" ist maßlos übertrieben, und die Distanzen in der Stadt sind ja ohnehin keine großen.
Die vielen Menschen, die wir beim Verlassen des Twin City Liners registriert hatten, dürften sich in ihre Büros begeben haben, jetzt begegnen uns in erster Linie Studenten und Pensionisten. Weil sich das Wetter von seiner besten Seite zeigt, sind auch die vielen Schanigärten vor den Cafés und Restaurants schon gut besucht.
Tipp 3: Die Burg
85 Meter über der Donau thront am Rand der Altstadt die Burg, die mustergültig genauso renoviert wurde, wie sie unter Maria Theresia ausgesehen hat. Der Weg hinauf lohnt sich selbst dann, wenn man kein Interesse am Historischen Museum hat, das sich in ihrem Inneren befindet. Festeres Schuhwerk ist wegen der gepflasterten Wege auf alle Fälle zu empfehlen.
Die letzten Altstadthäuser am Hügel liegen hinter uns, wir haben das unterste Tor, das Wiener Tor, passiert und sind damit im Areal der Burg. Kaum zu glauben, dass sie von 1811, als sie niederbrannte, bis zum Beginn der ersten Renovierung 1953 eine Ruine war. Sogar an einen Abriss dachte man eine Zeit lang.
Tipp 4: Danubiana Meulensteen Art Museum
Unser nächster Tipp ist zu Fuß nicht wirklich erreichbar: Das Etappenziel liegt rund 20 Kilometer in südöstlicher Richtung an der dort zu einem riesigen See aufgestauten Donau auf einer künstlichen Landzunge. Donau, aufgestaut? Ja, richtig, die Älteren unter uns können sich sicher noch an die Debatte um den Bau des Donaukraftwerks Gabčíkovo erinnern, das nach jahrelangen Debatten 1992 seinen Betrieb aufnahm.
Unser Ziel ist das Meulensteen Art Museum.
Laut Routenplaner müsste man mit viereinhalb Stunden Fußmarsch rechnen. Mit dem Rad geht es einfacher – der Donauradweg Richtung Ungarn führt genau am Museum vorbei. Mit dem Auto kommt man am bequemsten vom Stadtzentrum hin, und zwar in weniger als einer halben Stunde. Nur wenig länger braucht die Busverbindung, die auf der Homepage des Museums beschrieben ist.
Tipp 5: Ein Absacker direkt an der Donau
Wer mit dem Auto nach Bratislava gekommen ist, hat es an unserem letzten Etappenziel einerseits leichter, andererseits aber vielleicht doch nicht. Denn wir empfehlen (aber nur bei Schönwetter!) die Open-Air-Lokalmeile des riesigen Einkaufszentrums Eurovea am östlichen Rand der Altstadt direkt am Donauufer. Zu Fuß sind es 15 Minuten von der Anlegestelle aus, mit dem Auto parkt man in der Tiefgarage. Man muss sich dann aber, sofern man selbst lenkt, auf die alkoholfreien Cocktails beschränken. Einfach ein wunderbarer Platz für einen Sundowner.
Ja, man könnte Stunden hier inmitten des jugendlichen Publikums verbringen und die Sonne verfolgen, wie sie in Richtung Wien in der Donau versinkt. Aber der Twin City Liner hat einen fixen Fahrplan. Dafür erleben wir den Sonnenuntergang an Bord.
Fazit: Ein erlebnisreicher Tagesausflug, leicht und spontan zu organisieren. Die Stadt und ihre Umgebung ist aber auch ein verlängertes Wochenende wert.
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