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Mai 2024

Wild West Roadtrip

Vom Zwergplaneten bis zum Riesen-Kaktus, von Wald bis Wüste: Der US-Bundesstaat Arizona ist so viel mehr als „nur“ Grand Canyon.

Die Eichkatzerl sind am gefährlichsten. Nicht die 200-Kilo-Schwarzbären, nicht die Berglöwen mit ihren rasiermesser­scharfen Klauen und auch nicht die "Tarantula Hawk", eine Wespe, die Vogelspinnen lähmt, um in deren Unterleib Eier zu legen – was sie rein vom Lifestyle her ungemütlicher wirken lässt als kleine Nager mit buschigem Schwanz, liebem G'schau und Appetit auf Nüsse. Nein, Eichkatzerl, so höre ich es die Zugbegleiterin bei ihrer Durchsage verlautbaren, sind hier im Grand-Canyon-Nationalpark für die meisten Hospitalisierun­gen verantwortlich. "Please don’t pet“, nicht streicheln.

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Mit dem Zug gen Grand Canyon

Es ist nur ein Sicherheitshinweis von vielen (rutschige Stufen, tiefer Grand Canyon…), was dann schon ein wenig die Wildwest-Stimmung konterkariert, die im Zug herrscht. Auch deshalb, weil der Fahrt eine etwas bizarre Westernshow vorausgegangen ist, mit Banditen und Sheriffs und allem, was noch dazu gehört. Vor allem aber, weil das ein ganz besonderer Zug ist: Ich sitze in einem historischen Waggon der Grand Canyon Railway. Das Drinnen ist von Retro-Look mit viel Teppich geprägt, das Draußen von Prärie. In wenigen Minuten werde ich an einem der größten Naturspektakel der Welt ankommen. Es ist Tag vier meines Arizona-Roadtrips.

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Die bizarre Wildwest-Show. 

Arizona im Crashkurs

Das südwestlich gelegene Arizona ist seit dem 14. Februar 1912 ein Bundesstaat der USA, was ihn nach Alaska und Hawaii zum drittjüngsten macht. Er grenzt an Mexiko, New Mexico, Kalifornien, Nevada, Utah sowie punktuell an Colorado. Mit 295.234 Quadratkilometern Fläche ist Arizona zwar etwa so groß wie Italien, mit rund 7,2 Millionen Einwohner:innen leben dort aber weniger Menschen als in Österreich.

Es sind Zahlen, die ein Bild von Arizona als Bundesstaat mit endlosen Weiten vermitteln, durch den schnurgerade Asphaltbänder laufen. Stundenlange Autofahrten durch menschenleere, spektakuläre, aber eintönige Landschaften. Es ist nur ein halbwahres Bild, denn Tatsache ist: Der Bundesstaat bietet auf verhältnismäßig wenig Fläche unzählige Naturschauspiele und extrem kontrastreiches Terrain.

Flagstaff: Das Tor zum Grand Canyon

Wir starten in der Mitte, chronologisch wie geografisch: Die Stadt Flagstaff gilt als "Tor zum Grand Canyon". Mit ihrer Lage an der Route 66 und dem belebten Stadtkern mit vielen Restaurants und Bars sowie kleinen Shops ist sie an sich schon einen Besuch wert. Und ein echtes Highlight für Astronomie-Fans gibt es auch.

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Willkommen in Flagstaff.

Lowell Observatory: Pluto, bist du's?

Im Lowell Observatory wurde der Zwergplanet Pluto entdeckt. Das Teleskop, mit dem es gelang, kann besichtigt werden. Außerdem lassen sich durch moderne Teleskope Blicke auf ferne Himmelskörper erhaschen. Ich sehe Saturn samt seinen Ringen, Jupiter mit seinem "Great Red Spot" und den Mond, dessen Krater durch das Teleskop so gestochen scharf erscheinen wie kleinste Hautunreinheiten unter einem vergrößernden Kosmetikspiegel mit LED-Beleuchtung. Außerdem im Lowell Observatory ausgestellt: ein Teil des Meteoriten, der vor rund 50.000 Jahren keine Dreiviertelstunde Autofahrt östlich von Flagstaff einschlug.

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Ein Teil des Meteoriten, der vor rund 50.000 Jahren östlich von Flagstaff einschlug.

Besuch des Walnut Canyons

Wir lassen den durch ihn entstandenen Barringer-Krater aus Zeitgründen aber aus und visieren den noch näher gelegenen Walnut Canyon an. Der rund hundert Meter tiefe, walnussförmige und in einem großen Wald liegende Graben ist Heimat von zahlreichen Felsbehausungen, die von indigenen Völkern vor vielen Hundert Jahren erbaut wurden.

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Von der Wüste in den Wald. Und mittendrin ein Canyon, eh klar.

Antelope Canyon: Fantastisches Farbenspiel

Ein anderer Canyon liegt eine etwas mehr als zweistündige Fahrt weiter nördlich. Ich bin in der Ortschaft Page, fühle mich aber wie auf einem anderen Planeten. Zeichnete sich die Umgebung eben noch durch dichte Wälder aus, dominiert hier nahe der Grenze zu Utah rotes Gestein das Landschaftsbild. Mars-Vibes vom Feinsten und der Antelope Canyon trägt nicht dazu bei, der Umgebung einen irdischeren Anstrich zu verleihen.

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Life on Mars? Nein, nur der Eingang zum Antelope Canyon.

"Slow but steady" hat hier kein fix verlaufender Fluss, sondern eine nur bei Regen vorkommende Flut eine enge Schlucht in den Sandstein gegraben. Wenn durch die schmalen Öffnungen Sonnenlicht fällt und von den roten Wänden reflektiert wird, erzeugt das ein fantastisches Licht- und Farbspiel. Überaus "instagramable", würde Generation Z sagen. Recht hat sie – zumindest in der Theorie. Denn bei unserem Besuch regnet es in Strömen. Dennoch zählt die Tour durch den Antelope Canyon zu den Highlights der Reise.

Wüste mit einzigartigem Kaktus

Ein weiteres Highlight ist die Sonora-Wüste, die sich von Arizona über Kalifornien bis nach Mexiko erstreckt und in der ein Wahrzeichen des Wilden Westens wächst: der Saguaro-Kaktus. Diese Kakteen werfen lange Schatten, denn erstens werden die Pflanzen, die weltweit nur in dieser Wüste wachsen, gut und gerne 15 Meter hoch, zweitens ist es gerade sieben Uhr in der Früh.

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Die Sonora-Wüste lebt

Doch das Aufstehen lohnt sich, denn die Sonne ist noch gnädig. Während es in der Nacht in Flagstaff Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt hat, sind hier in Scottsdale, einem wohlhabenden Ort im Umland der Hauptstadt Phoenix, 40 Grad und noch mehr keine Ausnahme. Umso überraschter wandere ich über die Wege des McDowell-Sonoran-Reservats, die von grünen Sträuchern und den vielen Saguaro-Kakteen mit ihren charakteristischen Armen flankiert werden. Diese Wüste ist voller Leben. Kein Wunder, denn pro Jahr, das erzählt uns unser Guide Tim, kommt es hier zu gleich zwei Regenzeiten. Keine Sorge: Phoenix gehört dennoch zu den Städten dieser Welt mit den meisten Sonnenstunden.

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Zu gleich zwei Regenzeiten kommt es hier in der Sonora-Wüste, erzählt uns Guide Tim.

Mehr als Grand Canyon…

Der Zug fährt ein, ich steige aus (staubtrockene Stufen, Rutschgefahr gleich null). Es sind nur noch wenige Meter bis zum South Rim, dem südlichen Rand des Grand Canyons. Sie verlaufen Eichhörnchen-frei.

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Der Zug der Grand Canyon Railway im Grand Canyon Village. Liegt übrigens, Sie haben es wohl schon erahnt, am Grand Canyon.

… aber ohne geht auch nicht.

Dann stehe ich vor ihm. Man kennt den Ausblick von unzähligen Bildern – und ist dennoch geschockt. Von der kaum zu fassenden Weite. Der kaum zu fassenden Tiefe. Den prächtigen Farben. Ja, Arizona ist mehr als der Grand Canyon. Aber ohne halt auch: unvollständig.

Meine vier Tipps für Arizona

Welches Wildwest-Museum sehenswert ist, wie man die Gegend rund um Page am spektakulärsten erkundet, was man einpacken sollte und wo man außerdem noch unbedingt hin sollte. Meine fünf Arizona-Tipps!

1. Abstecher machen

Von Phoenix nach Page sind es nicht einmal fünf Stunden Autofahrt. Ich habe beim Roadtrip hin und zurück eine Woche gebraucht. Denn hier gilt der abgenudelte Spruch: Der Weg ist das Ziel. Entlang der Hauptroute möchte ich in der Bildergalerie unten drei vorstellen.

2. Das Western Spirit

Das Western Spirit in Scottsdale, einem noblen Vorort von Phoenix, ist ein Wildwest-Museum, das einen spannenden Mix aus klassischen Artefakten (Sheriffsterne, Revolver…) bietet und diese mit temporären Kunstausstellungen kombiniert. Als ich es besuchte, waren etwa Gemälde von Andy Warhol ausgestellt.

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3. Epic Adventure Rides

Spektakuläre Gegend, spektakuläre Fahrt: Die marsartige Landschaft rund um Page kann man bei einer UTV-Tour erforschen.

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Zwischenstopp mit Aussicht. Im Hintergrund: das "Horseshoe Bend".

4. Auf alle Temperaturen einstellen

Arizona ist von Gegensätzen geprägt – und das gilt auch für die Temperaturen. Während es 40 Grad in der Wüste hat, können später am Abend in Flagstaff, das auf über 2.000 Meter Seehöhe liegt, null Grad herrschen.

Und als abschließender Tipp: Unter visit-usa.at gibt es weitere Infos sowie kostenlose Prospekte.

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