Paris kann also für die Liebe stehen, die Côte d'Azur für das Vergnügen, das Loire-Tal für die Kultur sowie Normandie und Bretagne für die gelungene Symbiose von Land und Meer. Ins Burgund aber reisen wir, um das Leben an sich zu feiern – freilich in seiner urfranzösischen Ausprägung. Die einzelnen Zutaten zu dieser Mischkulanz erschließen sich dem Reisenden während einer oder zwei Wochen in diesen Landschaften, in denen das Herz Frankreichs schlägt, wie von selbst.
Die Dehnung der Zeit, oder genauer, eine gewisse Wurschtigkeit gegenüber ihrem unerbittlichen Verrinnen ist burgundische Lebensart nicht nur während eines scheinbar endlosen Mittagessens an den Ufern der Yonne. Zwischen den sanft ansteigenden und von einer wohlmeinenden Sonne verwöhnten Hügeln, Quellen der berühmtesten Weine der Welt, geht alles ein bisschen gemütlicher zu als im großen Rest der auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit getrimmten Welt. Es muss immer Zeit für ein gutes Gespräch mit dem lieben Gast oder dem werten Kunden sein. Und man darf auch ruhig einmal ein paar Minuten zu spät kommen, da wird schon niemand wirklich böse sein.
Dass die Liebe zu den burgundischen Ländereien aber vor allem durch den Magen geht, bleibt keinem Reisenden verborgen. Gut essen zu gehen, gehört hier zum Lebensstil – und man lässt es sich auch etwas kosten. Zumindest 30 Euro pro Person sollte man (ohne Weinbegleitung) für ein Abendmenü einkalkulieren, zu dem sich die Menschen so etwa um 19.30 Uhr einfinden. Denjenigen, die gerne auf spezielle Tipps zurückgreifen, sei hier neben dem "Péniche" in Auxerre die frisch umgebaute und trendige Brasserie "Le Pré aux Clercs by Georges" auf der Place de la Libération im Herzen Dijons empfohlen. In Beaune lohnt es sich, einen Tisch im stets gut besuchten "Cheval Noir" gleich außerhalb der Stadtmauer zu buchen. In Burgund wie in ganz Frankreich fährt man beim Essen am besten, wenn man sich auf die aktuellen Empfehlungen des Hauses verlässt.
An der "Route des Grands Crus"
Noch schwieriger ist es, exakte Weinempfehlungen auszusprechen, zu vielfältig ist das Angebot. Vielleicht die beste Möglichkeit, sich von Bedeutung und Vorzügen der weltberühmten burgundischen Weine zu überzeugen, ist eine Tour entlang der "Route des Grands Crus". Schnell, sicher und trendig ist man dabei unterwegs, wenn man dabei aufs Auto verzichtet und mit Elektro-Geländerollern von Kick 'n' Go drei Stunden lang auf Feldwegen durch die Weinberge gleitet.
Die Tour führt durch Bilderbuch-Dörfer unter anderem zum schlossartigen Clos de Vougeot und zur Grand-Cru-Lage von Montrachet, dem mit bis zu 9.000 Euro pro Flasche angeblich teuersten Weißwein des Planeten. Überall werden Verkostungen angeboten, die ab zehn Euro aufwärts kosten: Etwa auch in der Domaine Quivy im Dorf Gevrey-Chambertin, wo Pinot Noir in fünf verschiedenen Qualitäten angeboten wird.
Das leichte Leben, die anschmiegsame Landschaft, die außergewöhnlichen kulinarischen Genüsse und die phantastischen Weine – das alles zusammen bildet also den gelungenen Rahmen für die kulturellen Entdeckungen, die im Burgund während einer Rundreise warten.
Das erste Reich der Burgunder (sie stammten wahrscheinlich von Bornholm in Schweden) war 437 von den Hunnen vernichtet worden, der Rest des Volks zog über den Rhein. Hier bekamen sie es 534 mit den Franken zu tun – übrig blieb nur der Name Burgund. Fast tausend Jahre später erreichte die Macht der Herzöge von Burgund ihren Höhepunkt. Noch heute sichtbares Zeichen davon sind ihre monumentalen Grablegen im zum Museum umfunktionierten "Palais des Ducs" von Dijon – ein Meisterwerk spätmittelalterlicher Kunst. Doch Karl der Kühne fällt 1477 in der Schlacht bei Nancy, seine Tochter Maria heiratet Kaiser Maximilian. Ein Teil des historischen burgundischen Reiches fällt somit an das Haus Habsburg – und damit an Österreich.
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