Die Schatzküste
Hvar, Split und Trogir: eine Reise zu den Welterbe-Stätten Dalmatiens.
Wie kann man nur so ein mieses Schiff bauen? Draußen taucht eine milde Morgensonne die Wasser der Adria in gleißendes Licht, weht ein mildes Lüftchen den Geruch von Meer, Urlaub und Freiheit herbei. Doch, oh weh! Der Katamaran Karoline, der die 700.000-Seelen-Stadt Split mit der Insel Hvar verbindet, hat kein Außendeck, auf dem sonnenhungrige Passagiere die Fahrt genießen können. Und drinnen versprühen die Sitzreihen leider den Charme eines Billigfliegers.
Aber das war es auch schon mit den grantigen Bemerkungen zu dieser Reise. Denn die Fahrt dauert ja nur 50 Minuten. Und an ihrem Ende wartet mit der Insel Hvar eine von gleich mehreren Welterbe-Stätten, die Kroatien bzw. Dalmatien hier im Umkreis von ein paar Dutzend Kilometern zu bieten haben.
Hvar ist mit 297 Quadratkilometer Fläche etwas kleiner als Malta, hat aber nur 11.000 Einwohner (gegenüber 436.000). Wirklich viel los ist hier nur in Hvar-Stadt, wo um einen kleinen, geschäftigen Fischerhafen und den lang gestreckten Stephansplatz gemütliche Cafés, fantastische Restaurants und schicke Hotels angesammelt sind.
Jet-Set-Destination
Hvar-Stadt ist so "in", dass der neue Bürgermeister sich genötigt sah, jugendliche Sauf-Touristen, die sich ungebührlich benehmen, mit 700 Euro Strafe zu bedrohen. Inmitten dieses Sodom findet sich aber auch ein kleines Kloster der Benediktinerinnen, in dem aus Agavenfäden Spitze hergestellt (und verkauft) wird – ebenso erhoben zum immateriellen Welterbe der UNESCO wie die über 22 Kilometer weite Kreuzweg-Prozession über die Insel am Gründonnerstag bzw. Karfreitag. Wer die Ehre hat, das 15 Kilo schwere Kreuz zu tragen, geht dabei traditionell barfuß.
Touristisch freilich wird weiter aufgerüstet: Der ehemalige Dogenpalast oberhalb des Hafens soll in ein Sechs-Sterne-Hotel umgebaut werden, das Adriana Spa Hotel direkt an der Promenade ist nun ein frisch gestyltes Luxushaus, von dessen Bar im obersten Stockwerk man eine fantastische Aussicht genießen kann.
Begonnen hat der Tourismus auf Hvar mit Aristokraten aus den Zentren der Habsburger-Monarchie, die vor rund 150 Jahren zur Kur kamen. Es waren nur wenige Auserwählte, die sich eine solche Reise leisten konnten. Wer heutzutage im August kommt, bleibt mit Sicherheit nicht alleine: 22.000 Gäste werden sich dann an dieser Jet-Set-Destination drängen. Die besonders Betuchten unter ihnen zahlen sündhaft hohe Hafengebühren, damit ihre Luxusjachten direkt an der Promenade im glasklaren Wasser schaukeln dürfen. Demi Moore, Tom Cruise, Steven Spielberg – sie alle sind angeblich Stammgäste, die ihre Gesichter so gut wie möglich verbergen, um von der Plebs nicht erkannt zu werden.
Abseits des Trubels
Hat man die Partymeile Hvars verlassen, findet man sich in einem Naturparadies wieder, in dem ungefähr von Ende Mai bis Anfang Juli der Lavendel blüht, Ginster im Sonnenlicht erstrahlt und es nach Oregano und Rosmarin duftet. Und das alles mit traumhaften Aussichten auf die umliegende Inselwelt, die Tupfen in einem tiefblauen Meer bildet. Da der Lavendel wegen des unebenen Steinbodens nur per Hand geerntet werden kann und willige Arbeitskräfte dafür Mangelware sind, geht der Ertrag seit den 1970er-Jahren, als noch ein Zehntel der Weltproduktion von Hvar stammte, immer mehr zurück.
Erster Anlaufpunkt für alle, die weiter hinaus wollen, ist die ehemalige venezianische Festung oberhalb der Stadt. Der Name Hvar, erfahren wir hier, ist eine Ableitung des griechischen Wortes "Pharos", was Leuchtturm bedeutet. Nach Griechen und Römern kamen im 8. Jahrhundert im Zuge der slawischen Landnahme auf der Balkanhalbinsel die Kroaten. Über viele Jahrhunderte waren zuerst Byzanz und dann Venedig die alles beherrschenden Mächte in der Adria, bis Napoleon dem ein Ende machte. Schlussendlich ist es auch eine französische Festung, die ganz oben, auf 228 Meter Seehöhe, die Szenerie beherrscht. Der Platz mit phantastischer Rundum-Aussicht beherbergt heutzutage eine Sternwarte.
UNESCO-Welterbe-Stätte auf Hvar ist auch die Ebene von Stari Grad, die in griechischer Zeit erschlossen wurde. Die Griechen kultivierten hier den Wein. Dessen bekannteste (Rotwein-)Sorte, der Plavac, erfreut noch heute die Besucher. Kleine Orte wie Vrboska, Jelsa oder Stari Grad bilden die Kulisse für den gelungenen dalmatinischen Lebensstil: Pomalo! Langsam! Der Teufel soll die Schnelligkeit holen.
Über Split nach Trogir
Ganz anders verhält es sich mit Split. Hier wird (auch kulturell) so wie in Dubrovnik am ganz großen Rad gedreht. Zentrum des Geschehens ist der ehemalige Palast des römischen Kaisers Diokletian, der heute mit der Innenstadt zu einem weltweit wohl einzigartigen Ensemble aus Museum und Ausgehmeile verschmolzen ist. Die Promenade, auch als Wohnzimmer der Einheimischen bezeichnet, wurde erst vor kurzer Zeit modernisiert. Der Palast mit seinen gut erhaltenen Toren und Mauern, feuchten Kellergewölben, dem Mausoleum (zu einer Kirche umgebaut), einem Jupiter-Tempel und verwinkelten Gassen lockt Besucherscharen aus aller Welt an. Salona, die eigentliche Römerstadt fünf Kilometer weiter nördlich, war am Ende der Völkerwanderung von den Awaren zerstört worden. Die überlebenden Bewohner/-innen flüchteten in die befestigte Palastanlage in der Nähe: Das war die Geburtsstunde diese europaweit wohl einzigartigen Ensembles. Die Kirchenhistoriker haben aus dem Kaiser Diokletian den nach Nero wohl schlimmsten Christenverfolger gemacht. Angeblich geht rund die Hälfte der Heiligen unseres Kalenders auf seine Untaten zurück. Der gesamte historische Komplex von Split samt Palast ist als UNESCO-Welterbe geschützt.
Fährt man von Split Richtung Norden, passiert man zunächst (das von den Awaren zerstörte) Salona, dann den internationalen Flughafen und gelangt schließlich nach Trogir. Die Altstadt wird von einer Insel gebildet, geschützt durch Mauern und eine Festung. So kam es, dass sich dieser Komplex seit venezianischer Zeit kaum verändert hat und einen an der östlichen Adriaküste einzigartigen Mix aus Gotik und Renaissance bildet.
Noch zwei Tipps: Wer sich diese kulinarischen und kulturellen Genüsse zu Gemüte führen will, sollte im April oder Mai bzw. im Oktober kommen. Dann ist es hier nicht so heiß, nicht so überlaufen und auch preiswerter. Und wer die Mühen einer individuellen Autoreise mit doch manchmal nervenaufreibender Parkplatzsuche scheut, kann auch auf eine Flug-Bus-Kombination zurückgreifen.
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