Dann und wann bedarf es auch für einen, der gern spazieren geht und ab und zu an Wochenenden ein, zwei Stunden wandert, einer wirklichen Herausforderung. Eines Zieles, das anvisiert wird und dessen Erreichen das wohlige Gefühl bringt, etwas für Kadaver und Kondition getan zu haben. So ein Ziel war, den 27 Kilometer langen Weg rund um den Wolfgangsee an einem Tag zu bewältigen. Länger am Stück ging ich zuvor noch nie.
Warum gerade der Wolfgangsee? Am Anfang stand die Faszination für alte Eisenbahnstrecken, auf denen längst kein Zug mehr fährt, deren Schienen schon seit ewigen Zeiten abgebaut sind – die aber noch genau erkennen lassen, dass da einmal Lokomotiven, vorzugsweise Dampfloks, ihre Waggons zogen. Genau dieser Faszination erlag ich in Triest, wo ich unbedingt den auf einer ehemaligen Bahntrasse angelegten Cottur-Radweg befahren musste.
An den Wolfgangsee brachte mich ein Bildband über die legendäre Schmalspurbahn, die von 1893 bis 1957 durch die Bilderbuch-Landschaft hier fuhr: die Salzkammergut-Lokalbahn, viel besungen ("Zwischen Salzburg und Bad Ischl pfeift a kloane liabe Eisenbahn"), oft verfilmt ("Kaiserball" mit Rudolf Prack und Hans Moser). Sie fuhr das Südufer des Sees entlang, von St. Gilgen bis Strobl, und ihre Trasse ist heute ein Rad- und Wanderweg. Das Buch gehörte Radiolegende Reinhard Mildner, meinem allererstem Chef, als ich bei Ö3 mein Berufsleben begann. Eisenbahnfreak und passionierter Fernwanderer war er schon damals und ist er es auch heute – im Unruhestand – noch immer. "Warum umrunden wir nicht den See“, fragte er mich, "das ist an einem Tag machbar."
Wir saßen über der Wanderkarte, sahen uns das Höhenprofil an und konstatierten: Es gibt ein einziges Steilstück, das sollten wir gleich morgens hinter uns bringen, denn danach geht es nur noch brettleben dahin.
Gesagt, getan: Wir gingen strategisch vor, buchten zwei Nächte im Landhaus zu Appesbach auf einer kleinen Anhöhe am Ortsanfang von St. Wolfgang und starteten bei bedecktem Himmel um neun Uhr früh.
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