Vergiss die Semmeln

Abschalten, etwas für die Gesundheit tun und dabei gleichzeitig verzichten und genießen? Wir haben es im My Mayr Med Resort in Bayern ausprobiert.

Aufbruch nach Bayern mit einem erwartungsvollen Gefühl im Bauch. Es geht zu einem Kurzaufenthalt ins My Mayr Med Resort in Bad Birnbach. Dreht sich dort wirklich alles nur um die F.-X.-Mayr-Kur, bekannt als Fastenkur zur Darmsanierung mit Semmeln und Milch? Wie wird sich der Schnupperaufenthalt gestalten und werde ich hungern müssen?

Dreieinhalb Stunden später erreiche ich den Kurort Bad Birnbach. Im Hotel fällt sofort die angenehme Ruhe auf. "Wir spielen keine Musik, es wird bewusst ein reizarmes, reduziertes Umfeld geschaffen", erklärt die Rezeptionistin gut gelaunt. Sie hat übrigens, wie das gesamte Team, schon selbst einmal die Mayr-Kur im Hotel gemacht. "So können wir besser auf die Bedürfnisse unserer Gäste eingehen", sagt sie.

Schonungslose Messungen

Gleich zu Beginn des Aufenthalts stehen Messungen und ein Arztgespräch auf dem Plan. Auf Basis eines 3-D-Ganzkörperscans in Unterwäsche wird ein Abbild in Form eines Avatars erstellt. Die Darstellung ist erbarmungslos, ebenso die gemessenen Daten der eigenen Körpermaße. Ähnlich ernüchternd die Bioimpedanzmessung, um Körperfett, Wasser- und Muskelanteile festzustellen sowie die HRV-Stress-Messung (Herzraten-Variabilität).

Danach folgt das Gespräch mit Dr. Roger Eisen, der sich nicht nur mit der Verdauung auskennt, sondern als Anti-Aging-Experte auch Tipps für ein langes, gesundes Leben parat hat und den Sinn des Fastens erklärt: "Im Hunger repariert der Körper gut, wir müssen ihn also in den Hunger bringen." Zudem stellt er klar: ­"Unsere Küche hat mit der klassischen Mayr-Kur nichts mehr gemein." Im Gespräch erläutert der Arzt auch einige weitere Therapiemöglichkeiten wie ein Höhentraining oder Infusionen zur Energiesteigerung.

Kein klassischer Mayr

Obwohl die Küche die Mayr-Methode neu interpretiert und ohne Semmeln und Kuhmilch auskommt, steht nach wie vor eines im Fokus. "Jeder Bissen sollte 30 Mal gekaut werden", erklärt Küchendirektorin Sabine Rein. Monotones Semmelkauen ist passé, wichtig ist richtiges Essen, das fit hält und die Regeneration unterstützt. Dazu wird in sechs Kurstufen unterteilt.

Suppentanz

Nachdem mein Aufenthalt nur kurz ist, er­halte ich Stufe 2 – leichte Kost mit Hauptaugenmerk auf dem Kauen und langsamen Essen. Entsprechend gewöhnungsbedürftig ist das Dinner: gehaltvolle Gemüsesuppe, die auf Wunsch mit "Kau-Trainer" (kleine Dinkel- und Leinsamenweckerl) serviert wird. "Die Suppe hilft dem Körper, sich nicht der Verdauung, sondern der Regeneration widmen zu können", erklärt die ­Köchin und ergänzt: "Wir schulen unsere Gäste hier und helfen dabei, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Strenges Fasten ist im Ressort ­natürlich möglich, jedoch kein Muss."

Interessant ist der Mix der Gäste im Hotel. Bei den einen sind Gewichtsprobleme und Fasten das Thema, andere suchen den Weg zu einem gesünderen Lebensstil und gar nicht so wenige kommen aufgrund von Burn-out, Impfschäden oder Post-Covid-Behandlungen her. Eine davon ist Sarah*, eine junge Mutter, die gerade bei der Halbzeit ihres dreiwöchigen Aufenthalts angekommen ist. Sie erzählt von der ersten Woche des Suppenfastens und dass sie in der ersten Woche schon wieder aufgeben wollte. Sie hat durchgehalten und ist jetzt froh darüber, da sie eine deutliche Verbesserungen ihrer körperlichen Beschwerden bemerkt.
Auch die ältere Annemarie* ist wegen ihrer Gesundheitsprobleme hier. Für sie ist es bereits das zweite Mal im Resort. Ihren für eine Woche geplanten Aufenthalt hat sie bereits auf zehn Tage verlängert, da sie für sich festgestellt hat: "Eine Woche ist zu kurz."

Die Suppe hilft dem Körper sich nicht der Verdauung, sondern der Regeneration widmen zu können

Sabine Rein, Küchendirektorin

Wellness & Sport

Nachdem ich mich beim Essen ganz der Darmgesundheit und dem reduzierten Genuss gewidmet habe, stehem am Nachmittag und Abend Sport und Wellness am Programm. Im hauseigenen Fitnesscenter sowie im Spa-Bereich ist beides möglich. Zusätzlich werden auch noch Yoga, Qigong, Tai-Chi, Meditationen sowie weitere Bewegungsprogramme angeboten. Diese sind im Package enthalten.

Im Spa-Bereich gibt es neben einer Finnischen Sauna und einem ca. 60 Grad heißem Sanarium auch eine Microsalt-Kabine mit Infrarot-Sitzen, Infrarotstühle sowie eine Wärmebank mit Kneipp-Fußbädern. Im Spa findet auch das Fuß-Detox-Bad statt. Dabei werden die Füße in ein spezielles Becken mit warmem Salzwasser getaucht. Das Ganze wird mittels einer elektrischen Spirale ionisiert, was zur Ausleitung der Schadstoffe führen soll. Ich bin durchaus skeptisch, wie das funktionieren soll, allerdings ist nach rund 45 Minuten von dem einst klaren Wasser nur mehr eine eklige Brühe übrig.

Detox

Wie im Mutterleib

Nach dem ganzen Detoxen freue ich mich noch auf echte Wellness. Dafür wird die Soft-Pack-Liege mit der Alpenkräuter-Cremepackung getestet. Spoiler: ein tolles Gefühl.

Aber von Anfang an: Der Raum ist unspektakulär, im Zentrum steht etwas, das aussieht wie ein Hochbeet.
Fast nackig, nur mit Wegwerfhöschen bekleidet, geht es auf die Liege. Dann kommt ein wenig Hamam-Feeling hinzu, während die Spa-Mitarbeiterin den ganzen Körper mit Creme einreibt. Zum Schluss werde ich komplett eingepackt, danach wird die Liegefläche unter mir aktiviert und mit Wasser gefüllt. Ein Gefühl des Schwebens entsteht.

Jede Bewegung sorgt für einen leichten Wellengang, ähnlich wie auf einer Luftmatratze im Meer. Nach wohlig warmen 45 Minuten ist das angenehme Nicht-Bad schon wieder vorbei. Als ich wieder ausgewickelt werde, muss ich daran denken, wie sich so eine Geburt wohl für ein Baby anfühlt. Auch ich hätte am liebsten geschrien und wollte wieder in diese Geborgenheit und Wärme zurück, die meinen Körper sanft umhüllt hat.

Die Umgebung entdecken

Nachdem die Wochentage meist mit mehreren Programmpunkten gefüllt sind, steht der Sonntag zur freien Verfügung. Hier zahlt sich ein ausgedehnter Spaziergang durch den großen Kurpark von Bad Birnbach aus. Dort gibt es mehrere Stationen, die entdeckt werden wollen vom Meditationsweg, der Löwenquelle oder dem Bauerngarten über einen großen Mammutbaum oder die Pferdekoppel. Ideal zu vereinbaren ist dies mit einem Sportprogramm: Ich leihe mir die Nordic-Walking-Stöcke vom Hotel aus und erkunde den Park sowie die umliegenden Wanderwege.

A walk in the park…

Aufgrund der angebotenen Packages wird ein auf den Gast abgestimmtes Programm ermöglicht: Von Kurmedizin über Anti-Aging bis Wellness ist alles dabei. Inkludiert sind zu meiner Freude auch die Nutzung des Fitnessstudios und des Wellnessbereichs sowie Leberwickel am Zimmer und Gruppentherapien wie der Morgenspaziergang, Yoga, Qigong und vieles mehr.

Fazit: Das Konzept funktioniert. Nach nur vier Tagen Aufenthalt kaue ich fleißig, esse langsam und bin schneller satt – ganz ohne Hungern!

Tipps und Infos

Gespräche mit den Profis: Im Restaurant kochen und servieren die Köch:innen. Hier lohnt sich ein Gespräch, vor allem mit Sabine Rein: Sie gibt tolle Tipps.

Nordic Walking: Stöcke im Hotel ausborgen und den großen Kurpark erkunden. Nebenbei den Löwenbrunnen entdecken.

HEAL-Bus: Witzig zum Ausprobieren: Ein fahrerloser Bus bringt die Kurgäste zu verschiedenen Stationen im Ort.

Rottal-Terme: Nur rund drei Gehminuten vom Hotel entfernt befindet sich die Rottal-Therme. Hier kann ausgiebig im warmen Thermalwasser geschwommen werden. Auch ein Salzwasserbecken und Solebad gibt es hier. Je nach Hotel-Package ist ein Thermen-Eintritt inkludiert.

* Namen von der Redaktion geändert.

Anreise: Bequem mit dem Auto oder Zug von Wien aus.
Zug: Wien – Passau – Bad Birnbach: Dauer ca. 4 Stunden (Aufgrund der schweren Überschwemmungen im Herbst 2024 war die Strecke Wien–Passau leider für längere Zeit gesperrt. Ist der normale Bahnverkehr wieder aufrecht, ist die Zugverbindung eine gute Alternative zum Auto.)
Auto: rund 3,5 Stunden über die A1. Achtung: Die A3-Abfahrt Pocking in Bayern wird gerade erneuert und ist gesperrt. Nehmen Sie die Umleitungs-Ausfahrt kurz davor.