Die Antarktis ist der einsamste, kälteste, trockenste, im Schnitt höchste und windigste Kontinent unseres Planeten. Weshalb sollte man also ausgerechnet dorthin reisen? Wahrscheinlich genau wegen dieser Extreme. Es gibt nur noch wenige Plätze, an denen die Erde in ihrem Urzustand vor der globalen Umwidmung durch die Menschen erhalten geblieben ist. Antarktika, so eigentlich der richtige Name, ist somit etwas ungeheuer Wertvolles und Einzigartiges. Vor kurzem wurde ein neuer Temperaturrekord für die Antarktis bekannt. Auswertungen von 2010 gesammelten Daten ergaben minus 92,2 Grad auf dem zu 98 Prozent von Eis bedeckten Kontinent, auf dem Stürme mit bis zu 320 km/h toben können. Von solchen Bedingungen ist man als Tourist auf der südlich von Südamerika gelegenen antarktischen Halbinsel von Dezember bis Februar, also im Sommer, weit entfernt. Auf unserer Reise fällt das Thermometer kaum einmal unter null Grad.
Dieses letzte Paradies ist an den wenigen eisfreien Küstenabschnitten und auf den Inseln rund um die Antarktis voller Leben. Auf unserer Route zum Kontinent steigen wir an einem klaren Morgen vor St. Andrews Bay von der MS Bremen in die Zodiacs. Die Bedingungen sind günstig, die Brandung schwach. Unser Besuch gilt der größten Kolonie von Königspinguinen auf Südgeorgien. Mehr als 300.000 der geselligen Tiere haben sich hier versammelt, deren Verhalten wir – mit dem vorgeschriebenen Respektabstand von fünf Metern – ganz aus der Nähe bestaunen können. Über uns kreisen Riesensturmvögel, Albatrosse und Raubmöwen, neben uns rittern Pelzrobben und Seeelefanten mit ohrenbetäubendem Gebrüll um die besten Plätze am Strand. Wir folgen der vom Expeditionsteam ausgesteckten Route hinüber zu dieser riesigen Pinguin-Stadt unter einem gleißenden Gletscher, der von Zweitausendern umringt ist. Mehr als eine Stunde haben wir hier Zeit, um zu hören und zu sehen, wie die Welt ohne Menschen und ihre Errungenschaften einst ausgesehen hat.
Doch noch mehr Leben ist unter Wasser. Algen und Krill sind die Basis der Nahrungskette, die im Südmeer über Krebse, Fische, Tintenfische und Robben bis hinauf zu den Giganten der Meere, Blau-, Finn- und Buckelwalen sowie den Orcas reicht, deren Populationen sich seit dem Verbot des kommerziellen Walfangs wieder erholen.
Wale sind die ständigen unsichtbaren und sichtbaren Begleiter dieser Reise. Sie erscheinen den Bremen-Passagieren als "Mittagswal" pünktlich während des Essens draußen am Lido-Deck. Oder als "Pausenwal" während der Kaffeestunde im Klub: Pianist Alejandro erspäht den Giganten des Südmeeres so nebenbei durchs Fenster beim Klimpern von "Im Prater blühen wieder die Bäume".
Sturmvögel und Albatrosse sind unsere unermüdlichen Wächter. Stunde und Stunde können wir sie an den Seetagen beobachten, wie sie achtern am Schiff majestätisch, elegant und mühelos ihre Schleifen ziehen. Und natürlich die Pinguine: Sie springen rund ums Schiff und um die Boote eifrig durchs Wasser, an Land stehen sie wie Begrüßungsabordnungen in Reih’ und Glied am Strand oder zeigen ihren aufrechten Watschelgang, der sie neben ihrer Geselligkeit für uns Menschen so interessant und amüsant macht.
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