Kroatien, Halbinsel Istrien, eine Lichtung nahe dem Ort Livade. Es ist vier Uhr früh, stockfinster, der Nebel liegt noch tief im Tal der Mirna. Plötzlich sind Motorengeräusche zu hören. Kurz darauf tauchen aus allen Richtungen Autos aus dem Eichenwald hervor, alte Golfs und noch ältere Zastavas bilden einen Kreis um einen fetten, fabriksneuen Geländewagen. Aus dem steigt eine stämmige Gestalt aus, ein Mann mit breiten Schultern und Zigarette im Mundwinkel. In der linken Hand ein Geldbündel, in der rechten eine Briefwaage, geht er von von Auto zu Auto. Die Insassen bleiben sitzen, reichen ihm die Objekte seiner Begierde, die er zuerst wiegt und sie dann gegen ein paar Scheine tauscht. Nach und nach verlässt ein Fahrzeug nach dem anderen die Lichtung.
Der Spuk dauert kaum eine Viertelstunde. Danach herrscht wieder Stille wie zuvor. Stunden danach sind nur mehr Reifenspuren zu sehen. Die Autos, die sie verursacht haben, stehen mit gatschigen Reifen vor den Häusern ihrer Fahrer, die Hunde, die im Fond saßen, dösen in ihren Hütten dem Morgengrauen entgegen.
Dieses stille Spektakel läuft Nacht für Nacht ab – immer an einem anderen Ort, dessen Koordinaten via Smartphone aktuell verbreitet werden. Es ist die die Basis für die lange Wertschöpfungskette vom Waldboden bis auf die Teller von Feinschmeckern.
Es geht um Trüffel. Die kleinen Autos gehören jenen, die die Trüffel finden, mit Hilfe von Hunden, vorzugsweise in der Nacht. Der dicke SUV gehört dem Einkäufer.
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