Lebhafte Brise aus Ost-Nord-Ost. Feucht-heiße tropische Luft klebt auf der Haut, riecht salzig. Frühstück im Freien auf achtern: Auf der Hose Croissant-Brösel, am Gaumen noch eine Restnote Earl Grey. Dazu krosser Speck, Spiegelei, Mango Juice. Ganz langsam gleitet der riesige Schmollmund am Bug der Aida auf eine Meerenge zu. Die schmale Durchfahrt zwischen zwei Inseln, bewacht von trutzigen Fortalezas, spanischen Festungen. Aufregung. Hektik. Rasant füllen sich die Außendecks. Kaffee-Tassen bleiben halbleer zurück. Handys sind gezückt, Kameras im Anschlag. Die Bucht da drüben heißt Boca Chica, Mädchen-Mund. Und wie aufs Stichwort sind sie da: Chicas! Kreischend, wild winkend, in schrillen Bikinis rasen sie backbord auf Motorbooten vorbei. Pralles Leben – Südamerika eben. Und aus dem morgendlichen Dunst taucht eine Stadt auf: Cartagena. Wir sind in Kolumbien.
Meer & More
Cocktail mit Wirkung. Eine Karibik-Kreuzfahrt an Bord der AidaDiva zu den Kleinen und Großen Antillen, nach Mittel- und Südamerika.
Cartagena gleicht auf den ersten Blick einem Mini-Manhattan mit gleißend weißen Hochhäusern. Doch statt Lady Liberty ragt nur eine zwergenhafte Marien-Statue aus der Hafenbucht. Hinter dem Villenviertel Manga führt eine Brücke hinüber in die Altstadt: ein wunderschön renovierter Häuserhaufen, eingezwängt hinter der mächtigen Festungsmauer.
Cartagena war zu allen Zeiten Schauplatz blutiger Schlachten. Und immer ging es um Gier und Gold. Denn von hier haben die Conquistadores geraubte Inka-Schätze nach Spanien verschifft. Heute sind Cartagenas Altstadt-Bezirke El Centro, San Diego und Getsemani Weltkultur-Erbe – und sie sind sicher. Touristen flanieren unbehelligt durch die Gassen. Fasziniert von der Pracht bunter Fassaden und eines herrlich hölzernen Balkoniens.
Die Casa Drake, einst Sitz des englischen Piraten Francis Drake, ist heute Boutique-Hotel, erstrahlt in kräftigem Orange. Kraftvoll wie die Bilder der Straßenmaler in der Calle de los Santos de Piedra. Pura Vida unter den Arkaden an der Plaza de lo Coches – dem Platz des Sklavenhandels: Hier wird geflirtet, gefeilscht, gekocht, genascht – und in der Bar von Fidel, dem Salsa-König von Cartagena, leidenschaftlich getanzt.
Gemischte Gefühle unter den mächtigen Bäumen auf der Plaza Bolivar: Das Reiterdenkmal des Freiheitskämpfers Simón Bolívar leidet unter dem Fluch der Tauben. Und hinter der barocken Fassade des Inquisitions-Palasts erinnern Folterkammern an Gräuel im Zeichen des Kreuzes. Trotz oder Blasphemie? Heute zieren die Konterfeis kolumbianischer Schönheitsköniginnen den Gehsteig der Straße davor. Schönheiten wie einst die Kreolin Joséphine de Beauharnais aus Martinique: Napoleon war ihr verfallen, nahm sie zur Frau, krönte sie zur Kaiserin. Und sie ließ auf ihrer Insel die Sklaverei wieder einführen. Bis heute wird sie dafür gehasst.
Martinique, karibisches French Quater
Bleiben wir auf Martinique im kleinen Hafen von Fort-de-France, dem French Quarter der Karibik. Ein Schwarm grüner Papageien zieht kreischend von Fort Louis herüber. In den engen Gassen zwischen alten Kolonialbauten duftet es frühmorgens nach frischem Baguette und Café au Lait.
Wild und schroff ein Koloss im Norden: Der Mont Pelé wirkt furchteinflößend. Die flinken Kolibris im Jardin de Balata, dem botanischen Garten, sind zwar völlig unbeeindruckt, aber dieser Stratovulkan vernichtete 1902 mit einer Feuerwalze die damalige Hauptstadt St. Pierre. Nur das Gefängnis blieb verschont, wo sich der einzige Überlebende der Katastrophe in Haft befand.
Guadeloupe
Auch Guadeloupe gehört zur Grand Nation, ist somit auch Euro-Land. Ein Eiland in Form eines exotischen Schmetterlings mit zwei Flügeln, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Basse-Terre, der Westflügel, mit Urwäldern und Wasserfällen, die den wildromantischsten Naturpark der Karibik bilden. Und Grand-Terre, der Ostflügel, mit seinen puderzuckerweißen Stränden und türkisblauem Meer.
Direkt am Strand von Sainte Anne ist Markttag: Lautstark, mit derben Witzen, versuchen die Spice Girls unter den Marktfrauen ihre Scharfmacher – potenzsteigernde Wunderwaffen – an den Mann zu bringen. Scharf auch die Gewürze: wie das Curry-artige Colombo, Piment und frische Kurkuma-Wurzeln. Gefährlich, die Verkostung von T-Punch, ein Mix aus Rum, Zuckersirup und frischer Limette. Aber Achtung: Für Ungeübte besteht Absturzgefahr.
Bordleben
An Bord der Aida fließt Schweiß: Beim Spinning auf Deck 12 wird heftig gestrampelt. In Rossinis Gourmet-Restaurant wird das sechsgängige Surf & Turf-Dinner mit anschließender Küchenführung vorbereitet. Und zur Happy Hour, der Stunde des wunderbar weichen Lichts und lebhaft erzählter Geschichten, mixen Offiziere ihre Lieblings-Cocktails für heimkehrende Ausflügler.
It's Showtime
Alles wartet gespannt auf das Highlight des Abends, den Auftritt der Aida-Stars. Eine weltweit gecastete Truppe aus Tänzern und großartigen Solostimmen, die eine fulminante Show aus Abba-Hits performen.
Die Entscheidung "Wo zu Abend essen?" fällt auf der AidaDiva nicht immer leicht. Stehen doch neben Steak House, Sushi Bar, Pizzeria und Gourmet-Tempel auch vier All-inclusive-Restaurants zur Auswahl. Darunter der Klassiker, das Markt-Restaurant, und des Schreibers Liebstes, das Bella-Vista. Aida-typisch, also leger, der Dress Code: Niemand muss zum Dinner Sakko und Krawatte tragen. Lange Hose sollte aber schon sein.
Kreuzfahrer-Tage sind ein Dahingleiten zwischen Wellen und täglich neuen Welten: Wie die Insel Sint Maarten, aufgeteilt zwischen Holland und Frankreich, mit einem völlig verrückten Hotspot. Dieser Wahnsinn hat einen Namen – Maho Beach! Gleich neben dem Flughafen. Heiße Rhythmen aus plärrenden Lautsprechern, tanzende Latinas in kitschig-knappen Ethno-Outfits, Alkohol in Strömen; und über krebsroten Sonnenbränden Flugzeuge im Landeanflug.
St. Maarten
Oder das beschauliche Tortola, die größte der britischen Jungferninseln. Einer Gruppe willkürlich ins Blau gestreuter Pralinen, mit Buchten voll weißer Segelschiffe. Mit Traumstränden wie dem Cane Garden Bay Beach ist Tortola auch ein Hideaway für Honeymooners. Und sollte es mit der Liebe einmal nicht klappen, dann hilft – so schwören zumindest die Insel-Bewohner – der aphrodisierende Rum aus der urigen Callwood Distillery. Als touristisches Muss gilt die Fahrt über die Ridge Road, die Panoramastraße mit spektakulärem Fernblick, und Wandmalereien des Insel-Künstlers Ghost, der mit der Kraft der Farben die Geschichte seiner Insel erzählt.
Tortola
Sex on the Beach und Rumba. Cocktail und wiegende Hüften. Beides eine perfekte Einstimmung auf die dominikanische Halbinsel Samana. Während die Aida vor der Küste auf Reede liegt, setzen wir über in schaukelnden Tenderbooten. Drüben an Land erwartet uns ein ländlicher Landstrich im Palmrausch. Überall knallbunte Hütten der Campesinos, der Bauern. Und Abend für Abend wird lasziv getanzt: Bachata und Merengue. Klänge, die anscheinend auch die Buckelwale inspirieren: Denn jedes Jahr im Frühjahr kommen die 40-Tonner in die Bucht von Samana: Vollführen wilde Balztänze, springen, singen, schmusen, um sich schlussendlich…
Good Vibrations am Pier von Montego Bay: Bob Marley am Morgen. "Could you be loved…", dazu ein Pseudo-Rastafari und
Samuel, mein Guide mit dem Zahnpasta-Grinsen, der jeden Satz mit einem lässigen "Jaahh, man!" beginnt. Er führt mich zu Stränden wie Doctors Cave und Fletcher Beach. Klar, dass auch das Denkmal des sprintenden Nationalhelden Usain Bolt nicht fehlen darf.
Samuel zeigt mir auch die Schattenseiten von Montego, die Blech- und Bretterbuden der Squatters, der Ärmsten: "Jaahh, man! They are really poor people." Und weil heute Sonntag ist, halten wir in der Payne Street vor der St. James Parish Church. Die Messe ist längst vorbei. Zwei Ladys im pastellig-luftigen Outfit tratschen mit verklärtem Blick unterm Brotfruchtbaum im Kirchgarten. Der Priester nagt derweil an einer Hühnerkeule. Jerked Chicken, die Jamaika-Version eines Brathendls. Stolz und mit fettigen Fingern zeigt Hochwürden seine 250 Jahre alten, von Hand verzierten Holzbänke, die Buntglasfenster und die Steel Drums neben der Orgel.
Jamaika
Costa Rica. Ein mystischer Morgen. Das Land dampft nach heftigem Tropenschauer. Regen im Regenwald, das hat was. Dunkle Grün- und Grautöne, modriger Geruch, quakendes Frosch-Konzert und ein grimmig blickender Leguan am Pier. Dann am Weg nach Cahuita, Fahrzeuge kreuz und quer, Menschen auf der Fahrbahn. Alle deuten nach oben. "Sloth!" Ein braunes Zweifinger-Faultier hängt kopfüber im Geäst. "Faultiere sind nicht faul", erklärt mir ein Bauer zahnlos grinsend: "Zum Kacken kommen sie immer herunter!"
Alles nur ein Vorgeschmack auf die bevorstehende Regenwald-Wanderung: Wo rote Riesen-Ameisen Blätter wie Segel herumtragen, wo freche Waschbären auch gern ein bissl zu nahe kommen. Und dann der Gänsehaut-Moment – markerschütternde Schreie. Ein Sound-Mix aus rostiger Autohupe und Kreissäge: Brüllaffen! Eine ganze Horde hockt hoch oben in den Baumkronen. Costa Rica ist noch so herrlich naturbelassen. Und zum ersten Mal auf dieser Reise überkommt mich das Gefühl des Länger-bleiben-Wollens.
"Aber den Pazifik siehst du sowieso morgen", lächelt Luis, der Barkeeper. Während er einen spritzigen Pacifico aus Wodka und 7up mixt. Als Einstimmung auf das Morgen: den Panamakanal und den Pazifik.
Verschreckt gleitet ein Dreimeter-Krokodil ins Wasser. Kapuziner-Affen toben keifend davon. Ein riesiges Container-Schiff, vollbeladen, gleitet aus dem Gatun See in die Schleuse von Aquaclara. Dieser neue Teil des Panamakanals wurde ausschließlich für solche Giganten gebaut. Wer noch einen Hauch vom Charme des alten Kanals spüren will, muss früh aufbrechen nach Miraflores, dort wo die Pötte noch wie vor 100 Jahren von vier japanischen Mitsubishi-Loks durch die Schleusen gezogen werden.
Auch mich zieht es weiter an die Pazifikküste in die Altstadt nach Casco Viejo. Das moderne Panama City genügt mir als Skyline. In einer Seitengasse der Plaza Mayor läuft mir ein Händler nach, stülpt mir ein weißes Ding über den Kopf. Nach kurzem Handel bin ich stolzer Besitzer eines Panama-Huts. Belehrend deutet der Händler auf die Innenseite, auf das Etikett "Made in Ecuador", von wo ein echter Panama-Hut immer herkommen sollte.
Der letzte Abend an Bord
Shake, Shake, Shake. Es duftet nach Limetten, Orangen, Minze. Es ist wieder Happy Hour. Unter den Klängen der Auslauf-Melodie "Sail Away" legt die Aida ab. Die untergehende Sonne taucht die Bucht von Cartagena in dunkles Gelb. Auf dem Pool-Deck ist Hüttengaudi angesagt. Von "Hulapalu" bis "Herzbeben". Aber ich bin wieder auf achtern in der Anytime-Bar. Dort spielt ein letztes Mal die Reggae-Band. Sanfte Headbangs, letzte Selfies, getauschte Handynummern und zerdrückte Tränen. "Stir it up…"!
Gefühle "On The Rocks": Gerührt wegen des nahenden Abschieds, geschüttelt beim Gedanken an die Kälte daheim.
"Hier spricht der Kapitän"
Interview mit Nikos Nitschai, Kapitän der AIDAdiva
Durch eine unscheinbare Tür, einen dunklen Gang entlang, einmal ums Eck und dann bin ich da – auf der Brücke. Hier treffe ich Kapitän Nikos Nitschai. Nikos ist Grieche, auf Chios geboren, in Kanada aufgewachsen, lebt er heute mit Frau und zwei Töchtern in Deutschland.
– War die Seefahrt Ihr Traum?
NIKOS NITSCHAI: In der Geschichte meiner Heimat-Insel waren Männer aus Tradition Seefahrer. Sie arbeiteten als einfache Seeleute, Ingenieure, einige schafften es zum Kapitän. Der Spirit der Seefahrt war daher immer in mir. Daher entschied ich mich nach der Mittelschule für eine Marine-Karriere.
– Auf welchen Schiffen waren Sie unterwegs?
NIKOS NITSCHAI:Zehn Jahre habe ich als erster Offizier auf Fracht- und Tankschiffen gearbeitet. Der Job hat mir gefallen, aber ich konnte nicht viel von der Welt sehen. Auf einem Frachter arbeiten maximal 15 Leute. Die Seetage waren sehr einsam, das gefiel mir nicht. Und so entschloss ich mich vor 26 Jahren auf Kreuzfahrtschiffe zu wechseln. Ich wollte mehr von der Welt sehen und mit vielen Menschen zu tun haben.
– Vermissen Sie die Familie, wenn Sie unterwegs sind?
NIKOS NITSCHAI:Das ist ein Problem, das wir alle haben. Du gründest eine Familie und dann bist du ziemlich lange weg. Auf Frachtschiffen war ich oft acht Monate fort, auf einem Kreuzfahrtschiff sind es maximal drei Monate am Stück. Also arbeite ich sechs Monate im Jahr, die übrige Zeit bin ich daheim.
– Was ist speziell in der Karibik?
NIKOS NITSCHAI:In der Karibik ist es immer windig. Aus nautischer Sicht: Nordost-Winde zwischen 20, 30, manchmal auch 40 Knoten. Die Häfen sind sehr klein und bei starkem Wind ist das Anlegemanöver eine Herausforderung. Dazwischen gibt es immer wieder Traumtage. Diese Inselwelt ist so vielfältig, so faszinierend.
– Wie ist es, ein 200-Meter-Kreuzfahrtschiff einzuparken?
NIKOS NITSCHAI:Das ist mein Beruf (lacht), das hab ich in vielen Jahren gelernt. Wenn du Kapitän wirst, dann bist du auch Manager, aber am interessantesten als Kapitän ist das Einparken, wir sagen dazu Anlegen. Die Navigation machen die anderen Offiziere, das ist heute nicht mehr so schwer wie in den alten Zeiten, wo du dich noch an den Sternen orientieren musstest. Zum Anlegen gehören zwei Dinge: die Erfahrung und das Gefühl für das Schiff. Ohne Gefühl kann man weder ein Auto noch ein Kreuzfahrtschiff einparken.
– Sie spüren so ein riesiges Schiff?
NIKOS NITSCHAI:Es ist vielleicht schwer zu glauben – aber ja, ich kann es spüren. Das lernt man nicht an einem Tag. Heute, nach so vielen Jahren, erkenne ich auf den ersten Blick die Umgebung und die Situation. Manchmal mache ich beim Anlegen nur die Oberaufsicht. So können auch andere Offiziere, wie etwa der Staff-Kapitän, diese Erfahrung sammeln.
– In Anlehnung an den Film-Klassiker „Pirates of the Caribbean“: Sind Piraten noch ein Thema auf den Weltmeeren?
NIKOS NITSCHAI:Ja, leider, die gibt es noch. Nicht in der Karibik, sondern hauptsächlich in Indonesien und vereinzelt auch im Roten Meer. Aber dort werden wir von Kriegsschiffen überwacht. Und unsere Geschwindigkeit ist ein großer Vorteil. So kann niemand an Bord kommen.
– Wo ist für Sie der schönste Platz auf der Welt?
NIKOS NITSCHAI:Es klingt diplomatisch, aber es ist wahr: Jedes Land hat etwas Besonderes zu bieten. Hier in der Karibik gefallen mir Tortola und Cartagena am besten. Griechischen Passagieren empfehle ich immer nach Norwegen zu fahren, dort finden sie etwas, was wir in Griechenland nicht haben. Persönlich liebe ich Island. Ein Stück junge Erde, das so total anders ist als all die Plätze, wo ich gelebt habe.
Rum & Rumba: Karibik-Kreuzfahrt mit Aida
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