Das Land im Vulkan
Obwohl La Réunion im Indischen Ozean gute elf Flugstunden von Österreich entfernt ist, wirkt die Insel wie ein kleines Stück Europa mitten in den Tropen. Nur paradiesischer.
Immer höher windet sich die Straße durch den dichten Regenwald. Zuerst geht es durch ein enges Tal, begrenzt von Hunderte Meter hohen Felsabhängen, an denen gigantische Wasserfälle wie weiße Pinselstriche des Schöpfers inmitten dieser fantastischen Landschaft wirken. Später folgt eine Serpentine nach der anderen, auch enge, finstere Tunnel, vor denen unsere kundige Céline, Reiseleiterin und Chauffeurin in Personalunion, per Hupe den Gegenverkehr warnen muss.
Schon die Anreise in den Cirque de Cilaos, frei übersetzt "Talmulde von Cilaos", ist ein Erlebnis für sich. So wie die beiden anderen großen Täler im Zentrum von La Réunion ist der Cirque de Cilaos der eingestürzte Rest eines gigantischen Vulkans, der diese Insel im Indischen Ozean hat entstehen lassen. Die entflohenen madagassischen Sklaven, die hier einen Rückzugsort fanden, nannten die Insel "den Ort, den wir nicht verlassen".
Eine abgeschiedene Welt entdecken
Bald nach dem letzten Tunnel öffnet sich der Blick auf den Ort Cilaos. Nicht viel mehr als 5.000 Menschen leben hier in einem riesigen Blumenmeer vom Tourismus und der Landwirtschaft. Inmitten der ohnehin schon abgeschiedenen Insel La Réunion bildet Cilaos ein kleines Reich fernab von den Wirrnissen der Welt. Ein eigenes kleines Paradies, das wie ein tropischer Schrebergarten mitten in den Weiten des Indischen Ozeans wirkt. Das paradiesische Gefühl trügt nicht.
Es ist ein ausgesprochen sicherer Ort. La Réunion – der Name bedeutet "der Zusammenschluss" hat seinen Ursprung in der Französischen Revolution und ist heute ein französisches Übersee-Département und somit Teil der Europäischen Union. Hier gilt der Euro, und übers Daten-Roaming muss man sich in elf Flugstunden Entfernung von zu Hause ausnahmsweise auch keine Sorgen machen. Zur Nachbarinsel Mauritius, die als Urlaubsparadies wesentlich bekannter ist, gibt es freilich einige gravierende Unterschiede. Mauritius ist geologisch älter, die Vulkangipfel sind schon fast verschwunden, die Riffe ausgedehnter und breiter. Diese sind auch der Grund, warum nur Mauritius eine Bade-Destination ist. In den warmen Gewässern rund um beide Inseln wimmelt es nämlich von Haien, die von den Riffen auf Mauritius ferngehalten werden. Auf Réunion ist das Baden und Schnorcheln hingegen nur in wenigen Lagunen und in mit Netzen abgesicherten Strandbereichen erlaubt.
Wanderparadies
Dem tropischen Flair der Küsten Réunions tut das allerdings keinen Abbruch. In den Restaurants und Bars etwa rund um Saint-Gilles-les-Bains an der Westküste kann man wunderbar bei einem Glas französischen Rotwein den Sonnenuntergang genießen. Ihre Stärke spielt die Insel aber in den Bergen aus, den erloschenen Vulkankegeln von Cilaos, Salazie und Mafate, allesamt Wander- und Outdoor-Paradiese der Extraklasse.
Doch ist nicht die ganze Insel endgültig zur Ruhe gekommen. Von Saint-Pierre windet sich eine schmale Straße in scheinbar endlosen Kurven hinauf in Richtung des über 2.600 Meter hohen Piton de la Fournaise. Dieser Vulkan ist noch immer aktiv, allerdings sind die Ausbrüche eher sanfter Natur, weshalb sich der Krater zu einem beliebten Ziel für Wanderungen entwickelt hat. Vom Parkplatz bis zum Ziel dauert die Tour durch die Marslandschaft hin und retour fünf bis sechs Stunden, der Höhenunterschied beträgt 500 Meter. Wem das zu anstrengend ist, der kann den spektakulären Sonnenaufgang über dem Vulkangipfel auch vom Parkplatz beobachten, alleine das ist ein unvergessliches Erlebnis.
Video: Unterwegs in La Réunion
Lavatunnel & Séga-Tanz
Der stets vor sich hin grummelnde Piton de la Fournaise ist auch der Grund dafür, dass der Süden der Insel kaum bewohnt ist und als "Wilder Süden" gilt. Wer davon einen Eindruck gewinnen will, kann sich einem ganz besonderen Ausflug anschließen: Robyn Soriano kennt die Tunnel unter den Lavamassen, die hier auf ihrem Weg zum Meer erstarrt sind, wie seine Westentasche. Gemeinsam mit ihm (und eben nur mit einem zugelassenen Guide!) kann man in diese finstere Welt eindringen und ihre Geheimnisse erkunden. Voraussetzung ist, dass man keine Platzangst hat und sich ab und zu auch auf den Knien rutschend fortbewegen kann – beziehungsweise will. Ganz in der Nähe führt eine Straße, die aufgrund der Ausbrüche des Vulkans immer wieder ausgebessert werden muss, in den kleinen Ort Saint-Anne. Hier erkalteten und stoppten die Lavamassen einst genau vor dem Eingang der Kirche Notre-Dame-des-Laves, was natürlich als Wunder gilt. Beliebtes Fotomotiv im Kircheninneren ist eine Madonna mit einem blauen Regenschirm.
Wirklich kennen lernt man eine fremde Insel aber wohl nur, wenn man mit den Einheimischen Kontakt aufnimmt. Also kurven wir die Abhänge des Vulkans wieder hinauf, diesmal nach Le Tampon. Hier hat sich bei atemberaubender Aussicht auf den scheinbar endlosen Indischen Ozean die Familie von Julie niedergelassen. Im "Le Yabar" lernen wir nicht nur den biologischen Anbau von Gewürz- und Heilpflanzen kennen, sondern können uns gemeinsam mit der Familie auch an kreolischen Gerichten versuchen, die stilecht auf einem Bananenblatt serviert und mit den Fingern der rechten Hand gegessen werden. Höhepunkt ist das anschließende kleine Fest bei Tanz und Musik, bei dem wir uns zu den Séga- und Maloya-Rhythmen viel unbeholfener bewegen als die geschmeidigen Einheimischen – auch egal, Hauptsache es macht allen Spaß.
Video: Hubschrauber-Flug über La Réunion
Und das Meer?
Nach den zahlreichen Touren ins Landesinnere sind wir nun wieder am Meer angelangt. Entlang der Westküste von Saint Pierre bis Saint-Gilles-les-Bains gibt es immer wieder kleine Riffe bzw. Lagunen sowie mit Netzen gegen die Haie geschützte Plätze, an denen das Schwimmen und Baden gefahrlos möglich ist. Hier finden sich auch klassische Strandhotels wie etwa das Hotel Ness in Saint-Gilles, in dem man die Reise entspannt ausklingen lassen kann.
Wer noch näher ans bzw. ins Meer will, dem sei hier eine der Katamaran-Touren ab dem Hafen im nahen Saint-Paul empfohlen. Mit etwas Glück sieht man dabei Delfine oder sogar Wale. Doch schon die Szenerie, die man mit einem Drink in der Hand und mit dem Tropenwind in den Haaren bis zum spektakulären Sonnenuntergang genießen kann, reicht aus, damit der Abschied von dieser wunderbaren Insel richtig schwerfällt.
Tipps für Réunion
Wanderschuhe & Badehose: Beides muss in den Koffer, denn nach einer ausgedehnten Bergtour kann man sich abends im Indischen Ozean erfrischen.
Reisezeit: Réunion bietet ganzjährig angenehme Tropen-Temperaturen. Wenn in Frankreich Ferien sind, steigen die Flugpreise. Von Paris bietet Air France Nonstop-Flüge.
Vanille: Réunion ist berühmt dafür ("Bourbon-Vanille"). Die günstigen Angebote im Regal sind meistens Vanilleschoten aus Madagaskar.
Geld, Handy, Pass: Darüber muss man sich keine Gedanken machen. Es gilt der Euro, Daten-Roaming fürs Handy ist inkludiert, da Réunion zur EU gehört. Der Reisepass muss aber dennoch mit, denn in Paris wird er bei Abflug und Rückkehr kontrolliert.
Piton de la Fournaise: Die Wanderung über Lava zum aktiven Krater ist anstrengend. Vor allem, da der Rückweg zum Parkplatz bei Tageshitze erfolgt. Sonnenaufgang und Szenerie kann man auch dort genießen.
Information & Buchung
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ÖAMTC-Länderinformationen: Réunion.