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Dezember 2022

Bunte Lebenslust

Städte, Küsten, Weltkulturerbe: In kaum einem anderen Land Europas gibt es so viel zu entdecken wie in Portugal – den Seefahrern sei Dank.

Die Eindrücke prasseln nur so auf mich ein. Vor mir der breite Douro mit seinen im Wasser schaukelnden Rabelos, den kleinen Schiffen, die für den Transport der Weinfässer aus dem Dourotal genutzt wurden. Am gegenüberliegenden Ufer das wuselnde Treiben in Ribeira, dem bunten Altstadtviertel von Porto mit seinen engen gepflasterten Gassen, das 1996 sogar in die Unesco-Weltkulturerbe-Liste aufgenommen wurde.

Hinter mir, an der Uferpromenade entlang, reihen sich wie an einer Perlenschnur die Portwein-Kellereien aneinander, für die die Stadt berühmt ist. Doch damit nicht genug. Schräg über mir thront die 68 Meter hohe Ponte de Dom Luís I., eine beeindruckende Stahlbrücke, die das ruhigere Douro-Ufer Vila Nova de Gaia mit dem quirligen Altstadtviertel Ribeira verbindet.

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Hoch über dem Fluss

Wer schwindelfrei ist und über den Douro schweben möchte, macht das mit der Seilbahn Teleférico de Gaia. Die bietet eine ­großartige Aussicht auf die Brücke und die auf der anderen Uferseite liegende historische Altstadt. Wer lieber auf festem Boden steht, der wandert zum Jardim do Morro am oberen Ende der Brücke. Dort ist man dann zwar selten allein, der Blick auf die Skyline ist aber einzig­artig.

Im Sommer wird die Brücke übrigens zum Schauplatz einer außergewöhnlichen Mutprobe. Waghalsige Jugendliche stürzen sich nämlich vom unteren Teil, immer noch schwindelerregende 25 Meter hoch, in die Fluten des Douro.

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1 Rabelo heißen die Boote am Flussufer des Douro, die für den Transport von Weinfässern verwendet wurden. Die Boote fuhren vom Anbaugebiet am oberen Douro zu den Produktionsstätten des Portweins in Porto und Vila Nova de Gaia. Meistens trieben die Rabelos nur mit der Flussströmung, gesegelt wurde selten. © Christian Stich

2 Was wäre ein Trip nach Porto ohne Besuch in einer der unzähligen Portwein-Kellereien am Ufer des Douro? © Christian Stich

3 … und natürlich mit anschließender Verkostung. © Christian Stich

Zug um Zug

Sehenswert ist der Bahnhof im Zentrum der Stadt. Er ist zweifellos beeindruckend, ich trau mich sogar zu behaupten: ­einer der schönsten weltweit. Sein besonderes Merkmal und typisch für das Stadtbild Portos: Wie die beiden Kirchen Capela das Almas und auch die Igreja dos Carmelitas ist der Bahnhof Porto São Bento mit blau-weiß bemalten Fliesen verziert. Allerdings nicht wie die beiden Kirchen außen an der Fassade, sondern ganz prunkvoll in der großen Vorhalle.

Nostalgisch ist die Fahrt mit einer der drei historischen Straßenbahnen Portos, die nur noch touristisch genutzt werden. Während sie in anderen Städten im Museum verschwinden, quietschen und rattern die alten Tramways hier noch durch die Stadt. Den landschaftlich schönsten Streckenverlauf entlang des Douro hat man definitiv in der "Linha 1".

Übers Meer

Gestartet haben wir unsere einwöchige Portugal-Rundreise drei Tage zuvor in der Hauptstadt Lissabon. Dort, wo im 15. Jahrhundert das Zeitalter der Entdecker seinen Lauf nahm. Nirgendwo anders sind Land und Meer wahrscheinlich mehr verbunden als auf der "Brücke des 25. April" und der gut 17 Kilometer langen Vasco-da-Gama-Brücke östlich von Lissabon.

Alleine die Fahrt über diese gigantischen Bauwerke auf dem Weg nach Süden in die Stadt Évora im Alentejo ist ein Erlebnis. Die Stadt Évora selbst ist eine Art freundliches lebendiges Freilicht-Museum der portugiesischen Geschichte von der Römerzeit bis zu den Entdeckungen.

Älteste Stadt Europas

Lissabon gilt als die älteste Stadt West-Europas und soll 1200 v. Chr. durch das Seefahrervolk der Phönizier als Stützpunkt gegründet worden sein. Allgegenwärtig im Stadtbild: der Rabe im Wappen von Lissabon. Laut Legende begleiteten zwei Raben das Schiff mit dem Körper von São Vicente, dem Schutzheiligen von Lissabon.

Nicht entgehen lassen sollte man sich bei einem Besuch der Baixa, dem Zentrum der Stadt, den Rossio. Am Boden dieses großes Platzes ist das unübersehbare Wellenmuster der schwarz-weißen Ziegel eines von vielen Beispielen für die sogenannte Calçada, das typisch portugiesische Mosaikpflaster, das uns immer wieder begegnet.

Über Jahrhunderte entdeckten portugiesische Seefahrer die Welt. Spuren davon findet man im heutigen Portugal auf Schritt und Tritt.

Christian Stich, Redakteur

Flanieren & Naschen

Hier erinnert es an die goldene Zeit der Seefahrt. Ein Abstecher auf den unweit entfernten Praça da Figueira lohnt ebenso. Allerdings nicht nur wegen der vielen Tuk Tuks, die auf dem Platz für Stadtrundfahrten bereitstehen. Nein, hier findet man auch die Confeitaria Nacional, Lissabons älteste Bäckerei – und den genialen Bolo Rei, einen kandierten Früchtekuchen.

Über die schöne Flaniermeile Rua Augusta gelangt man schließlich zum dritten großen Platz Lissabons, der Praça do Comércio. Vor dem verheerenden Erdbeben 1755 stand hier der alte Königspalast, am nahe gelegenen Hafen hatte bis dahin reger Handel stattgefunden.

Auf den Spuren der Entdecker

Genau wie Rom ist auch Lissabon auf sieben Hügeln erbaut. Hektisches Treiben wie in Italiens Hauptstadt kennt man hier aber nicht. Selbst in den quirligen Stadtvierteln nicht: Alfama – das ehemalige Rotlichtviertel mit seinem Labyrinth aus engen Gassen ist heute ein modernes Handwerksviertel mit viel Charme –, Graça, Mouraria und Bairro Alto mit ihren zahlreichen spektakulären Aussichtspunkten, den Miradouros.

Nicht wirklich in Gehweite, aber nach kurzer Fahrt mit der Metro definitiv einen Abstecher wert: der Stadtteil Belém, rund sechs Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt am Ufer der Tejo-Mündung. Dort lässt es sich herrlich flanieren, vorbei am Torre de Belém, einem früheren Wachturm, hin zum berühmten wie eindrucksvollen Denkmal Padrão dos Descobrimentos, das an das Zeitalter der Entdeckungen erinnert.

Unbedingt nutzen sollte man den Aufzug im Inneren, um auf die gut 50 Meter hohe Aussichtsplattform zu gelangen: Der Ausblick ist fantastisch und die Sichtung einer Delfin-Schule im Tejo (fast) immer garantiert.

Letzter Halt in Belém sollte die Confeitaria Pastéis de Belém sein, wo seit fast 200 Jahren die berühmten Pastéis gebacken werden: Blätterteig-Törtchen mit köstlicher Pudding-Füllung.

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Pflicht-Besuch

Ein Highlight abseits des Großstadt-Gewusels in Lissabon und Porto ist die Universitätsstadt Coimbra. Sehenswert: durch die Porta Férrea ("Eisernes Tor") in den großen Innenhof spazieren, um die berühmte "Alte Bibliothek" zu bestaunen. Die phantastisch-prachtvollen Räume wurden 1717 bis 1723 nach dem Vorbild der Wiener Hofbibliothek geschaffen – Anna Maria, die Gemahlin von König João V., war Österreicherin.

Entspannt am Meer

Und wenn man schon im westlichsten Land Europas seinen Urlaub verbringt, darf ein Spaziergang an einem der endlos langen Atlantik-Strände nicht fehlen – schon gar nicht im Surfer-Hotspot Nazaré. Dort, wo sich Wagemutige im November von bis zu 35 Meter hohen Monsterwellen stürzen.

Karte

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