Jenseits von Balmoral Castle, wo die Königin den schottischen Spätsommer genießt, windet sich die Straße hinauf ins Hochland. Hochland, das sagt sich so einfach. Jetzt, am späteren Nachmittag, türmen sich Wolken rundum zu drohenden Gebirgszügen auf. Einzelne Sonnenstrahlen zeichnen Landkarten auf lilafarbenes Erikakraut, das ganze Berghänge erobert hat. Die Straße ist zu einem schmalen Band geworden, auf dem man plötzlich völlig alleine ist. Halt an! Steig aus! Gute Geister haben Parkplätze geschaffen. Wenn der Motor des Mietwagens erstorben ist, spricht nur noch der Wind. Das Meer, das Schottland an drei Seiten umarmt, ist von diesem Hochsitz im Hochland nicht zu sehen. Aber man glaubt, es zu riechen.
Die neue Sehnsucht, die Reisende in Europas Norden und damit auch nach Schottland treibt, hat viele Ursachen. Die heißen Sommer in Österreich lassen „Sonne tanken“ als Urlaubsmotiv in den Hintergrund treten. Der Norden wird intuitiv als sicherer eingeschätzt als der Süden. Man will sich unterwegs geborgen fühlen, nicht bei jedem Schritt nachdenken müssen. Die Anziehungskraft, die eine gut erhaltene, geschützte Umwelt auf Reisende ausübt, wird immer stärker. Schottland kommt das entgegen: Es ist – in großen Teilen – Natur pur. Aber vor allem: Das Königreich, das mit seiner englischen Entsprechung nun schon seit Jahrhunderten verschränkt ist, kann mit einzigartiger Kultur auftrumpfen, die nicht Marketing-Masche ist, sondern im Alltag zwischen Edinburgh und den Äußeren Hebriden gelebt wird.
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