Sicherheit ist ein Reisetrend

Wohin geht die Reise 2016? Eine Spurensuche zwischen Trend-Destinationen und Terrorangst.

Listen mit Trend-Reisezielen gibt es wie Sand am Meer, die Auswahlkriterien sind jedoch oft zweifelhaft. Heimische Aufstellungen spiegeln gerne die Produkt-Schwerpunkte von Reiseveranstaltern oder Internet-Buchungsplattformen wider. Wenn es sich denn überhaupt um heimische Daten handelt. Die Zeitschrift "News" veröffentlichte etwa im Dezember ihre "Trend-Reiseziele 2016" und reihte Porto (Portugal) vor Moskau (Russland) und Brighton (Großbritannien). Basis dafür bildete freilich das "Buchungsinteresse" (also nicht wirklich durchgeführte Buchungen) der "Reise-Community" auf der weltweit agierenden Internet-Plattform "Tripadvisor": Ein vor allem im angelsächsischen Kulturraum verbreitetes Tool, das naturgemäß wenig über die Vorlieben der reisefreudigen Österreicher/-innen verrät. 

Auch bei anderen internationalen "Top Ten" wie jenen von Lonely Planet stellt sich die Frage, ob sie tatsächlich den heimischen Geschmack treffen. Die Gurus des Kult-Reiseführers erkoren jedenfalls für heuer Botswana, Japan, die USA, Palau (das ist im Pazifik), Lettland, Australien, Polen, Uruguay, Grönland und Fidschi zu Trend-Zielen – eine wahrlich farbenprächtige Mischung. Doch damit nicht genug. Gekürt wurden für 2016 auch die Top-Ten-Städte (Kotor/Montenegro, Quito/Ecuador, Dublin/Irland, George Town/Malaysia, Rotterdam/Niederland, Mumbai/Indien, Fremantle/Australien, Manchester/England, Nashville/USA und Rom/Italien) und sogar die Top-Ten-Regionen, unter anderem Transsilvanien in Rumänien, das Friaul in Italien und die Auvergne in Frankreich. Wer diesen Trends folgen will, hat also ein anstrengendes Programm vor sich.

Auch die Reisesuchmaschine Skyscanner ist auf den Public-Relations-Zug "Trenddestination" aufgesprungen, der durch aller Herren Länder dampft. Hier hat man angeblich Fluganfragen aus den vergangenen drei Jahren analysiert und ist so auf Ziele gekommen, "die auf der Wunschliste der Österreicher ganz oben stehen", wie Unternehmenssprecher Thomas Homolka Anfang Dezember der Online-Ausgabe der Kronenzeitung erläuterte. Während es noch einleuchtend ist, dass Kuba und vor allem der Strand von Varadero "zum Touristenmagneten" werden könnten, ist es auf den ersten Blick nicht ganz so einsichtig, dass es "immer mehr Österreicher in Japans Hauptstadt Tokio" ziehen soll. Auf der Kurzstrecke macht Skyscanner Rom, Rotterdam, Ancona, Dresden und Porto als Trendziele der Österreicher aus, auf der Fernstrecke Ottawa/Kanada, Osaka/Japan, Buenos Aires/Argentinien, Tokio/Japan und sogar das doch eher exotische Dhaka, die Hauptstadt von Bangladesh, über dessen Sehenswürdigkeiten hierzulande eher noch wenig bekannt ist.


Was sagt die New York Times?

Die New York Times, von allen geliebt, hat gleich "52 places to go in 2016" auserkoren, für jede Woche ein Ziel. Begründung: Die Welt sei so groß da draußen, daher seien die Redakteure ans Werk gegangen und hätten sie ein bisschen zusammengeschrumpft. Heraus gekommen ist bei diesen Bemühungen – Überraschung! – Mexico City auf Platz eins. Hier gebe es eine der besten Küchen der Welt, großartige Museen und vorausdenkendes Design. Weiters unter den "Top Ten" der New-York-Times-Redaktion: Bordeaux (Frankreich), Malta, Coral Bay (St. John, Britische Jungferninseln), der Theodore Roosevelt National Park (North Dakota, USA), Mosambik, Toronto (Kanada), Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate), Skane (eine Region in Südschweden) und das Viñales-Tal auf Kuba. 


Kulturhauptstadt-Inflation?

Auch wer seine Reisepläne an angesagten europäischen Kulturdestinationen ausrichten will, nimmt sich viel vor. Für heuer wurden ja San Sebastián im spanischen Baskenland und Breslau (Wrocław) in Polen zur "Europäischen Kulturhauptstadt" erkoren. 2017 werden es Aarhus in Dänemark und Paphos in Zypern, 2018 werden es Leeuwarden in den Niederlanden und Valetta auf Malta sein. Darüber hinaus rufen große Urlaubs- und Ferienmessen Jahr für Jahr sogenannte Partnerländer zu Trendzielen aus – mit dem entsprechenden medialen Tamtam als Begleitmusik. Bei der Wiener Ferienmesse ist das heuer das Nachbarland Tschechien; bei der ITB Berlin, der größten Freizeitmesse der Welt, wird es im März die Mongolei sein.


Was machen die Österreicher?

Wohin soll man sich also wirklich wenden, will man tatsächlich einen Reisetrend folgen? Hört man sich bei heimischen Reiseveranstaltern und -büros um, kristallisiert sich eine wenig überraschende Richtung heraus. "Alles, was als sicheres Ziel erscheint, wird wohl heuer zu den Gewinnern gehören", erklärt Jörg Redl von Raiffeisen Reisen. Dazu zählten neben vielen europäischen Zielen auch Ost- und Südostasien und sogar Südamerika. Thomas Oppenheim vom ÖAMTC-Reisebüro sieht den gesamten skandinavischen Raum, Italien für Selbstfahrer abseits der großen Städte und Festland-Griechenland als Trend-Ziele für das Reisejahr 2016.

Im Vorjahr ermittelte die ÖAMTC-Touristik in einer repräsentativen Umfrage die beliebtesten Auslands-Reiseziele der Österreicher/-innen. Dabei lag Italien vor Kroatien, auf den weiteren Plätzen folgten Spanien und Griechenland. Darin wird sich im Prinzip heuer nicht viel ändern. Zahlreiche Trendlisten sind also eigentlich viel Lärm um nichts. 

Abtauchen in der Heilen Welt

Das eigene Land ist laut Reiseveranstalter Ruefa für die Österreicher/-innen heuer ein "begehrtes Ziel", vor allem für die Älteren. Innerhalb von Europa ziehe es die Österreich/-innen heuer verstärkt nach Kroatien (plus 10 % gegenüber 2015), Italien (plus 7 %) und Deutschland. Bei den europäischen Städtezielen können Berlin, Hamburg, Rom, Prag und Venedig zulegen. Obwohl die Umfrage nach den Terroranschlägen in Paris durchgeführt wurde, gaben elf Prozent der Befragten an, dass sie 2016 nach Paris reisen wollen, das ist Platz neun im Städteranking. In der Ferne seien die Trendziele die USA, Thailand und Kuba. In der repräsentativen Befragung, für die 1.000 Österreicher/-innen interviewt wurden, gaben fast drei von fünf Befragten an, dass sie im Urlaub in einer "heilen Welt" abtauchen wollten. 

Flexibilität sei das Schlagwort für Reisen in diesem Jahr, erläutert die touristische Geschäftsführerin von TUI Österreich Lisa Weddig. "Fünf Tage Griechenland, vier Tage Barcelona, zehn Tage Thailand: Feiertage werden schnell für ein verlängertes Wochenende am Meer genutzt. Durch gute Flugverbindungen sind auch Ferndestinationen schnell erreichbar und werden daher auch schon für eine Woche gebucht." Als Top-Flugdestinationen im heurigen Sommer kristallisierten sich bei der TUI bisher auf der Mittelstrecke die Türkei, Spanien (Mallorca), Griechenland (Heraklion/Kreta, Rhodos) und Italien auf der Mittelstrecke heraus sowie Nordamerika, Thailand, die Malediven, Indonesien sowie die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) auf der Fernstrecke.