Denn die Gruselgeschichte vom Blutsauger ist nur ein Mythos, gespeist vor allem von Bram Stokers Roman "Dracula" aus 1897, der mit Francis Ford Coppolas Verfilmung 1992 auch dank der phantastischen Schauspielkunst Gary Oldmans den endgültigen Durchbruch in die Popkultur schaffte. Viele Rumänen sind hingegen davon überzeugt, dass der rumänische Fürst Vlad Tepeș ("Pfähler") in Wahrheit ein bei seinen Untertanen beliebter Herrscher war, der freilich den Dauerkampf gegen die Osmanen besonders grausam führte.
Es ist nicht einmal sicher, dass der Fürst tatsächlich im Casa lui Vlad Dracul am Burgberg von Sighișoara geboren wurde. Macht aber auch nichts, denn ein Besichtigungs-Vormittag ist auch so interessant genug. Auf den Spuren der Siebenbürger Sachsen, die hier Jahrhunderte lang das Leben prägten, steigt man den Stundturm, das Wahrzeichen der Stadt, hinauf und genießt die prächtige Aussicht. Dann spaziert man die 176 hölzernen Stufen hinauf Schulberg samt Burgkirche mit ihren prächtigen Fresken, an die sich der Sächsische Friedhof anschließt.
Sighișoara ist gemeinsam mit dem rund 90 Kilometer entfernten Sibiu (Hermannstadt) ein fixer Programmpunkt fast jeder Siebenbürgen-Rundreise. Welche der beiden schmucken Städte "schöner" ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Tatsache ist, dass Sibius Altstadt schon vor zehn Jahren als Europäische Kulturhauptstadt zu einem Schmuckkästchen renoviert wurde.
Daran hat sich nichts geändert. Auf den Plätzen und Gassen, die von gemütlichen Cafés gesäumt und von spielenden Kindern belebt werden, fühlt man sich sofort wohl und irgendwie auch wie zu Hause. Viel dazu beigetragen hat Klaus Johannis, langjähriger Bürgermeister der Stadt, den die Rumänen 2014 als Hoffnungsträger im Kampf gegen die im Land grassierende Korruption zu ihrem Präsidenten wählten.
Der dritte große, glänzende Stern unter den Städten Siebenbürgens, das ist Brașov (Kronstadt) mit ebenfalls schön renoviertem Zentrum und der Schwarzen Kirche, dem größten gotischen Gotteshaus Südosteuropas. Ihren merkwürdigen Beinamen verdankt sie einem Brand im 17. Jahrhundert. Heute noch zu sehen sind auch Einschusslöcher von Gewehrkugeln aus dem Jahr 1989, als die Securitate (Staatssicherheit) des Diktators Nicolae Ceaușescu während der Revolution durch Kirchenfenster auf Menschen schoss, die ins Innere geflüchtet waren.
Nach so viel Geschichte geht man am besten hinunter zum Großen Marktplatz, der mit schönen Cafés lockt. Ein besonderer Tipp ist das gemütliche Café Bibliothek gleich ums Eck – ein gelungener Mix aus Bar, Bibliothek und Lounge.
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