China im Kopf: traditionell, kommunistisch, exotisch, Millionen von armen, fleißigen Menschen. China live hingegen: atemberaubend modern, quirlig, lebendig und ganz schön kapitalistisch.
Ich stehe vor einem Eissalon in Pudong, einem der jüngsten Stadtbezirke von Shanghai, der allein knapp drei Millionen Einwohner zählt (ganz Shanghai ungefähr 24 Millionen). Das Café ist ein Häagen-Dazs, der Espresso vorzüglich. Vor mir die Rückseite jener Skyline, die das Bild von Shanghai prägt; sie wird Tausende Male pro Tag vom gegenüberliegenden Ufer des Huangpu-Flusses aus fotografiert.
Seit 1994 der Fernsehturm fertig wurde, damals noch als einziges hohes Bauwerk dort, sind in Pudong die Wolkenkratzer wie die Schwammerln aus dem Boden geschossen. Der Bezirk ist eine Sonderwirtschaftszone, das Wirtschaftswachstum beträgt seit 1990 im Schnitt 20 Prozent pro Jahr.
Eigentlich wollte ich ja auf die höchstgelegene Aussichtsplattform der Welt. Sie befindet sich im 119. Stock des zweithöchsten Gebäudes der Welt: des Shanghai Tower. Doch dessen Spitze in 632 Meter Höhe verliert sich im Grau. Die Aussicht von dort oben kann ich mir vorstellen; ebenso gut könnte ich mir die Augen verbinden lassen.
Als sich endlich die Wolken lichten, geht's erst einmal in den Keller. Freundliche junge Damen führen durch die Ausstellung im Untergeschoß, wo ich 3-D-Modelle der höchsten Gebäude der Welt und Schnittzeichnungen der einzelnen Stockwerke dieses High-Tech-Öko-Wolkenkratzers bewundere. Erst dann geht es im Expresslift nach oben. Das ist ja einmal ein anderer Blick auf die Hochhäuser des Finanzdistrikts Pudong und den Bund jenseits des Huangpu.
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