Zeichnung eines PKW an einer Ladestation
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März 2025

Der Weg zur eigenen Ladestation

Wer in einem Mehrparteienhaus eine Wallbox anbringen möchte, muss eine Reihe bürokratischer Hürden meistern. Doch sie sinken. Ein Überblick zu rechtlichen Rahmenbedingungen, Vorschriften, Ablauf und Kosten. von karin mairitsch.

Rund die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher lebt in Wohnungen, die sich in Mehrparteienhäusern befinden. Diese sind mit bis zu 350.000 Kfz-Stell­plätzen ausgestattet. Allerdings verfügen lediglich 4.000 Stück davon über eine Ladestation für Elektrofahrzeuge. Tatsache ist, dass bundesweit rund 200.000 E-Autos auf Österreichs Straßen unterwegs sind. Sie alle müssen geladen werden, was die Fahrerinnen und Fahrer wenig überraschend am liebsten zu Hause tun wollen. Und sie werden mehr. An dieser Stelle klaffen Wunsch und Wirklichkeit also gehörig auseinander. Woran liegt das?

Während der Einbau von Elektro-Ladeinfrastruktur im großvolumigen Neubau zunehmend zum Standard wird, geht deren Ausbau in bereits bestehenden Mehrparteienhäusern nur sehr schleppend voran. Und das, obwohl mit der Wohnungseigentumsgesetznovelle 2022 ein „Right-to-Plug“ ­(siehe Kasten) im Wohnungseigentumsrecht implementiert wurde. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Nachrüstung von Ladestationen vor technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Hürden steht. Manche wurden allerdings zum Teil ausgeräumt. Ein Überblick zu den wichtigsten Begriffen, Rechten, Trends und Möglichkeiten.

Einzelladelösungen: Ein Bewohner, eine Wallbox

Unter einer Einzelladelösung versteht man die Installation ­einer Heimladestation an einem im individuellen Eigentum stehenden oder vom Wohnungseigentümer angemieteten Abstellplatz. Die technische sowie rechtliche Umsetzung ist ­Sache des Wohnungseigentümers. Dieser trägt auch die Kosten sämtlicher Arbeiten und ist für deren ordnungsgemäße Durchführung verantwortlich.

Bis zur Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes 2022 musste für eine solche Einzelladelösung die Zustimmung aller anderen Mit- und Wohnungseigentümer eingeholt werden. Das war oftmals ein Ding der Unmöglichkeit. Darum wurde mit der Novelle die sogenannte „Zustimmungsfiktion“ eingeführt. Ihr zufolge gilt die Zustimmung dann als erteilt, wenn alle anderen Wohnungseigentümer über die geplante Änderung ordnungsgemäß und nachweislich schriftlich verständigt wurden und niemand binnen zwei Monaten schriftlich widersprochen hat.

Der Wermutstropfen dabei: Die Zustimmungsfiktion gilt lediglich für „Langsamladen“. Diesen Begriff definiert das Gesetz nur schwammig. Gemeint sind vermutlich Einzellade­lösungen, die über eine Leistung von 5,5 Kilowatt (kW) nicht hinausgehen. Bei leistungsstärkeren Lösungen muss der ­änderungswillige Wohnungseigentümer also auch weiterhin die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer aktiv ein­holen oder beim Bezirksgericht den Antrag stellen, dass diese Zustimmung im sogenannten Außerstreitverfahren ersetzt wird. Zu bedenken gilt es darüber hinaus, dass die Installation von vielen nicht gemanagten Einzelladestationen zu ­einer Erhöhung der Anschlussleistung des Gesamtgebäudes führen kann. Dieser Umstand macht eine Verstärkung der elektrischen Zuleitung notwendig – eine oftmals kostspielige Angelegenheit.

Zukunftsfähiger gestaltet sich eine gemeinschaftliche ­Ladeinfrastruktur samt dynamischem Lastmanagement. In Mehrparteienhäusern birgt diese Lösung deutliche technische, organisatorische und rechtliche Vorteile gegenüber Einzelladelösungen.

Gemeinschaftliche Ladeinfrastruktur: Wenn alle etwas davon haben

Bei einer Gemeinschaftsanlage handelt es sich um Ladeinfrastruktur, die grundsätzlich allen Hausbewohner:innen zur Verfügung steht. Ihr Betrieb erfolgt durch die Eigentümergemeinschaft, womit die rechtliche Zuständigkeit bei der Hausverwaltung liegt.

Bis zum Inkrafttreten der WEG-Novelle 2022 benötigte man zur Umsetzung einer Gemeinschaftsanlage einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft. Seit Jahresbeginn 2022 gilt der „Drittelsockel“: Wenn sich zwei Drittel der Eigentümer an der Abstimmung beteiligen, reicht hiervon ­eine einfache Mehrheit, sofern diese mindestens ein Drittel der Eigentumsanteile darstellt.

Die Zustimmung zur Duldung der Gemeinschaftsanlage bedeutet allerdings nicht automatisch, dass sich auch alle finanziell beteiligen müssen. Im Beschluss kann auch festgelegt werden, dass die Grundausstattung nur die Infrastruktur bis zur Wallbox beinhaltet, nicht aber die Wallbox. In diesem Fall kommt jeder Nutzer für die Kosten der Ladestation selbst auf, und diese wird nur dort installiert, wo sie benötigt wird.

Für die Bereitstellung der erforderlichen elektrischen Leistung ist der Netzbetreiber verantwortlich. Die Anfrage, wie hoch die aktuelle Anschlussleistung eines Gebäudes ist, kann aktuell nur von dem mit der Errichtung einer Gemeinschaftsanlage betrauten Elektroinstallationsunternehmen gestellt werden. Wolfgang Amann, CEO des Institutes für Immobilien, Bauen und Wohnen (IBWW) sieht hier eine der großen Hürden für die Errichtung von Gemeinschaftsanlagen. Er meint, dass die Rolle der Hausverwaltungen gestärkt werden muss, indem ihnen beispielsweise per Gesetz die Vollmacht einer direkten Anfrage beim Netzbetreiber zugestanden wird. „Den Hausverwaltungen sollte bei der Errichtung von Ladestationen allgemein deutlich mehr Kompetenz eingeräumt werden. Derzeit haben sie mit dem Thema nur Arbeit und keinen Mehrnutzen für ihr Geschäft. Das ist der Sache nicht dienlich“, kritisiert Amann.

Dynamisches und netzdienliches Lademanagement

In einer Immobilie ist das Elektroauto bei Weitem nicht der einzige Verbraucher. Im großvolumigen Wohnbau kommt es zudem häufig vor, dass mehrere Elektrofahrzeuge zur gleichen Zeit oder gerade dann laden, wenn andere Stromverbraucher ihren Maximalverbrauch haben, etwa tagsüber, wenn die Klimaanlagen, oder abends, wenn die Backöfen und Bildschirme laufen. Hier kommt das dynamische Lademanagement zum Einsatz. Es teilt die zur Verfügung stehende elektrische Leistung möglichst optimal auf alle Verbraucher auf und stellt ­sicher, dass a) die Verbraucher der Wohnungen vorrangig bedient werden, b) möglichst viele Ladestationen gleichzeitig genutzt werden können und c) die Netzanschlussleistung des Gebäudes nicht überschritten wird.

Dem Experten Guntram Preßmair des Ingenieurbüros e7 zufolge könnten allerdings mehr als die Hälfte der Stellplätze eines Mehrparteienhauses auch mittels einfachem statischen Lastmanagement mit Ladeinfrastruktur ausgestattet werden, ohne dass es zu einer Überschreitung der Netzanschlussleistung kommt.

Zusätzlich kann im Rahmen einer intelligenten Steuerung des Lademanagements und bei Nutzung von variablen Strompreisen („Floating-Tarife“) auch der Parameter „niedriger ­aktueller Strompreis“ als Entscheidungsgrundlage für den ­Ladeprozess herangezogen werden. Das ist ein Indikator für die im Stromnetz verfügbare Menge an elektrischem Strom – je niedriger der Strompreis, desto voller die Stromnetze. In diesem Sinne dient ein derart bewusst gesteuerter Ladevorgang also auch der Stabilisierung der Stromnetze und wird als „netzdienlich“ bezeichnet – ein wahres Zukunftsthema.

EVU, Energiegemeinschaft oder gemeinschaftliche Erzeugungsanlage?

Egal, welche Lösung angepeilt wird: Irgendwo muss auch der elektrische Strom für die Beladung des Elektrofahrzeuges herkommen.

Sehr häufig kommen an dieser Stelle die Energieversorgungsunternehmen (EVUs) ins Spiel. Als zusätzliche Alternative gehen die lokalen und regionalen Erneuerbaren Energiegemeinschaften (EEGs) ins Rennen. Bei diesen muss für den elektrischen Strom kein Erneuerbarer Förderbeitrag und keine Elektrizitätsabgabe bezahlt werden. Zudem erhalten Kunden in dieser Variante eine veritable Reduktion auf den Netzarbeitspreis. „Mit einer EEG kann man in Summe je nach Form der EEG und in Abhängigkeit von den Konditionen des zuständigen Netzbetreibers zwischen 4 und 8 Cent pro Kilowattstunde einsparen,“ sagt Stephan Heidler, Leiter der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften des Klima- und Energiefonds. Wir rechnen nach: Bei Vollladung eines gängigen Elektroautos bedeutet das eine Ersparnis von 2 bis 6 Euro (Annahme: Akkukapazität 50 bis 80 kWh).

Und als dritte Möglichkeit gibt es dann noch die möglicherweise vorhandene gebäudeeigene Photovoltaik-Anlage. Diese kann als „Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage“ (GEA) definiert und von jeder Teilnehmerin des Mehrparteienhauses genützt werden. Die Tarife für den Strombezug aus der GEA werden von der Eigentümerinnenschaft selber festgelegt. Auch Nulltarife sind möglich. Netzentgelte und Steuern, die beim Strombezug aus dem Netz anfallen würden, gibt es für den Strom aus der Gemeinschaftsanlage nicht – es wird ja auch kein öffentliches Stromnetz benützt. Jede Partei in einem Gebäude mit einer GEA hat die freie Wahl, sich an dieser zu beteiligen.

Die gemeinschaftliche Erzeugungsanlage besteht ebenso wie die EEG zusätzlich zur Energieversorgung über das öffentliche Stromnetz. Für den Reststrombezug kann jede Endverbraucherin den Versorger weiterhin frei wählen.

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Link zur Studie „Right-to-Plug | E-Ladeinfrastruktur im Wohnbau 2023“ inklusive 10 Seiten kompakte Information für Hausverwaltungen.

Der Weg zur Ladestation im Mehrparteienhaus

Einzelladelösung (max. 5,5 kW)

  •  alle anderen Wohnungseigentümer über das geplante Projekt ordnungsgemäß und nachweislich schriftlich verständigen
  • wenn niemand binnen zwei Monaten dagegen schriftlich widerspricht, gilt die Zustimmung als erteilt
  • falls nicht vorhanden, eine elektrische Leitung zum Stellplatz verlegen lassen.
  • Wallbox installieren
  • Kosten: Wallbox ab € 400, Installation ab € 500

Gemeinschaftliche Anlage (max. 22 kW)

  • Hausverwaltung informieren
  • Netzanschlussleistung überprüfen
  • Angebotseinholung und grobe Ausführungsplanung
  • Mehrheitsbeschluss nach Wohnungseigentumsgesetz einholen („Drittelsockel“)
  • Beauftragung des Elektrofachbetriebes durch Hausverwaltung
  • Errichtung
  • Kosten: sehr variabel in Abhängigkeit vom Umfang der Anlage und den räumlichen Gegebenheiten

Begriffsdefinitionen

Right-to-Plug

Unter dem Right-to-Plug versteht man das Recht, ein Langsamladesystem auf einem Stellplatz im Eigentum einer Privatperson zu installieren ohne komplizierte Genehmigungshürden durchlaufen zu müssen. Es trat am 1. Jänner 2022 mit der Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes in Kraft.

Dynamisches Lademanagement

Die in einem Gebäude zur Verfügung stehende elektrische Leistung wird über eine gemeinschaftliche Lösung möglichst optimal auf alle Ladestationen und andere Verbraucher eines Mehrparteienhauses verteilt, ohne dass die Netzanschlussleistung des Gebäudes überschritten wird.

Netzdienliches Laden

zielt darauf ab, das Stromnetz zu unterstützen und zu stabilisieren. Bei diesem Ansatz werden Ladevorgänge in jene Zeiten verlagert werden, in denen im Netz ein Überschuss an erneuerbarer Energie vorhanden ist. Ein grober Indikator für diese Zeiten ist ein niedriger Strompreis.

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