Rutsch über Wien
Am 15. November eröffnete in Wien mit der Donauturm-Rutsche die höchste Rutsche Europas. Wir waren dabei und testeten das neue Kunstprojekt am höchsten Bauwerk Österreichs.
Auf jeder Silhouette der Stadt ist er zu sehen: Der Donauturm gehört wohl zu einem der wichtigsten Wahrzeichen in Wien. Hier kann fein gespeist, die klassische Wiener Kaffeehauskultur genossen oder auch Geburtstag gefeiert werden – und das auf bis zu 170 Metern Höhe.
Ein wenig mobil war der Turm schon immer, denn bis vor ein paar Monaten wurde der eindrucksvolle 360° Blick auf den kulinarischen Ebenen durch eine stetige Drehung ergänzt. Heute stehen die beiden sonst so mobilen Stockwerke nach einem Defekt zwar still, kürzlich eröffnete aber eine ganze neue Attraktion, die wieder Schwung in den Donauturm bringt.
Auf der Ebene über dem Turm Café können Besucher:innen seit dem 15. November statt über Stiegen oder dem Aufzug einfach zwei Stockwerke in einer halb-transparenten Rutsche hinunter flitzen.
165 Meter hoch
Der Anblick der Rutsche, die sich wie eine Schlange an der Außenseite des Turms wand, machte selbst uns Abenteuerlustige ein wenig schwindlig. Zur Hälfte verglast, lässt die rund 40 Meter lange Röhre Besucher:innen bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18 km/h, zumindest für ein paar Sekunden, die Aussicht über die Stadt genießen.
Auch wenn mein inneres Kind bei dem Anblick jubilierte, drängte sich nach vielen überschwänglich lobenden Worten über das Kunstprojekt von Carsten Höller eine Frage auf: Warum das Ganze?
Die Frage nach dem Sinn und inwiefern eine silberne Rutsche, die optisch auch aus dem Freibad stammen könnte, Kunst sei, wurde überraschend beantwortet: Die Kunst ist nicht die Rutsche selbst, auch nicht unbedingt die veränderte Silhouette des Donauturms.
Es geht um eine neue Mobilität, die Kunst der Bewegung, die durch diese Rutsche versinnbildlicht wird. Denn jeder Turm hat Treppen oder blitzschnelle Aufzüge – aber welcher hat schon eine Rutsche, um sich zwischen den einzelnen Ebenen zu bewegen?
Schneller als gedacht
Nach ein wenig innerer Vorbereitung ging es mit dem Aufzug nach oben, wo der Einstieg in den flotten Ritt wartete. Kameras mussten aus Sicherheitsgründen draußen bleiben, was in mir als Journalistin, die stets alles festhalten möchte, beinahe nervöse Zuckungen auslöste. Aber gut, dann mussten wohl meine Augen und Worte reichen, um das Ereignis wiederzugeben.
Der Rutschsack lag für mich bereit, ein Ampelsystem zeigte Grün, sobald der Start erlaubt war. Mit beiden Händen auf der Schlaufe und zurückgelehnten Oberkörper wurde ich dann recht unelegant ins Ungewisse geschoben – und mir rutschte das Herz in den Hals.
18 km/h sind schneller, viel schneller, als sie klingen. Die Augen aufgerissen und mit leichter Schnappatmung düste ich 165 Meter über den Boden dahin und versuchte irgendwie die Aussicht zu genießen, die mir geboten wurde. Ich sah hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen, und war plötzlich froh, dass ich keine Kamera in der Hand halten musste. Außerdem hätte sowieso keine Videoaufnahme mein wildes Herzklopfen oder die kribbelnde Aufregung einfangen können.
Unten angekommen wartete nur mein grinsender Kollege mit Kamera in der Hand auf mich. Obwohl ich noch ein wenig zitterte, war klar: Das ist definitiv cooler als Treppen steigen.
Gerne für immer
Nur drei Jahre bleibt die Rutsche fix Teil des Donauturms, doch angesichts des beachtlichen Aufwands, auch finanziell, und des eindeutigen Spaßfaktors hat dieses Unterhaltungsprogramm einen Fixplatz verdient.
Preislich ist es mit 5 Euro pro Rutsch und noch zusätzlich 18 Euro Eintritt für Erwachsene zwar wuchtig, trotzdem aber ein einmaliges Erlebnis, das bei einem Donauturm-Besuch nicht ausgelassen werden sollte.
Klar, notwendig ist was anderes. Aber Zeugin zu sein, wie in all diesen seriösen und außerdem sehr erwachsenen Menschen der Medienwelt mit einem Rutsch das innere Kind jauchzend erwachte, war für mich ein Bild der puren Lebensfreude. Und ist nicht auch das Finden von solch unschuldigem Spaß eine Kunst für sich?
Donauturm Facts
Der Donauturm ist mit insgesamt 252 Metern Gesamthöhe das höchste Bauwerk Österreichs
Das Gewicht des Turms: 17.600 Tonnen
Der Donauturm hat 779 Stufen
Die Aufzüge sind 6,2 Meter pro Sekunde schnell
Es gibt 420.000 Besucher:innen im Jahr
Die Plattformen bieten 80 Kilometer Fernsicht bei Schönwetter
Pro Woche gibt es durchschnittlich 6 Heiratsanträge im Donauturm
Für ÖAMTC Mitglieder gibt es vergünstigten Eintritt