Als mich meine Eltern Ende der 1980er-Jahre zum ersten Mal nötigten, mit ihnen nach England auf Urlaub zu fahren, war meine Freude darüber enden wollend. Mein Alter hatte zu diesem Zeitpunkt nämlich seit kurzem den niedrigen zweistelligen Bereich erreicht, und die ersten Anflüge meiner Pubertät waren zwar für Außenstehende schon schmerzlich spürbar, ich selbst konnte vermeintlich klare innere Gedankengänge wie "Eltern sind blöd" aber freilich noch nicht korrekt einordnen, weil der Chemie-Haushalt der jungen Physis in diesem Lebensabschnitt ja stets ein wenig durcheinander gerät.
Dieser erste England-Urlaub würde für mich auch einen fürchterlichen Rückfall im sozialen Gefüge bedeuten, dachte ich: Nach den Sommermonaten traf man in der Klasse schließlich die Schulkollegen wieder, und alle, wirklich alle, würden von tollen Strand-Erlebnissen im heißen Süden berichten können. Alex, Gerhard und Jürgen waren in Italien, Griechenland oder Spanien, zwar auch noch mit den Eltern, aber sie würden alles sehen und spüren, was einem Buben im Teenager-Alter wichtig ist: Sonne, knappe Bikinis und Musik aus offenen Bars in schwülen Nächten.
Und wo würde ich hinfahren? In den Norden. In den Regen. Nach England.
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