Erlebnis Schulweg
Ob Schulneuling oder Schulwechsler – wer allein zur Schule geht, übernimmt Verantwortung für sich selbst. 20 Tipps für Eltern und Kids helfen, den Schulweg sicher zu bewältigen.
Die erste Schulwoche rückt immer näher und somit auch ein großer Meilenstein für das aufgeregte Kind und die stolzen Eltern. Die Herausforderung beginnt schon mit dem Schulweg.
Der Straßenverkehr bringt viele Unsicherheiten mit sich. Es ist wichtig, dem Kind den Schulweg positiv zu zeigen und erlebbar zu machen. "Kinder wollen nicht dauernd hören, was gefährlich ist", weiß ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
Ein kleiner Werkzeugkasten mit Tipps hilft Ihrem Sprössling dabei: Den Zebrastreifen mittig überqueren. Mit den Fahrer:innen Blickkontakt aufnehmen. Auf die Räder des Autos schauen: Rollen sie noch oder steht das Auto bereits? Erst dann die Fahrbahn überqueren. Hat mich der Autofahrer auch wirklich gesehen?
"Gezielt in beide Richtungen schauen", betont Seidenberger. Denn oft bewegen Kids nur den Kopf, machen quasi einen "Headbanger", ohne wirklich zu sehen, was auf der Straße los ist, wer sich annähert.
Zur Erinnerung an Fahrrad- und Autofahrende: Kinder sind vom Vertrauensgrundsatz ausgeschlossen!
Marion Seidenberger, ÖAMTC-Verkehrspsychologin
Die Unfallstatistik zeigt eine Verbesserung zum Vergleichsjahr 2019: Im Vorjahr ereigneten sich um rund 20 Prozent weniger Unfälle, nämlich 418, mit Schulkindern am Schulweg. (Laut ÖAMTC-Unfallforschung können die Corona-Jahre 2020 und 2021 aufgrund von Home Schooling nicht zum direkten Vergleich herangezogen werden.)
Fast die Hälfte dieser Unfälle passierte zwischen 7:00 und 7:59 Uhr. "Zeiteinteilung ist für Kinder besonders wichtig. Rechtzeitig aufstehen, sich ruhig und organisiert vorbereiten. Gerade in der Früh sollten Eltern nicht zu hektisch sein, denn Stress überträgt sich auf die Kinder, ihre Unaufmerksamkeit steigt", erklärt die Verkehrspsychologin.
Geht ihr Kind bereits allein in die Schule? Wichtig ist, diesen Weg alle paar Wochen erneut gemeinsam zu prüfen. Gibt es eine Baustelle oder neue Sichthindernisse auf der Strecke oder muss Ihr Kind an einem Garten mit einem bellenden Hund vorbeigehen und hat Angst?
Oft ist es hilfreich, mit dem Kind "Was ist, wenn…"-Szenarien durchzugehen, damit es weiß, wie es mit unerwarteten Situationen umzugehen hat. Ein Beispiel dafür wäre: Was ist, wenn ich an der Kreuzung plötzlich nichts mehr sehe, weil ein Lkw im Sichtfeld parkt?
"Niemals zwischen zwei parkenden Autos hervorlaufen und plötzlich die Fahrbahn queren", warnt Seidenberger. "Besser einen anderen Zebrastreifen wählen, auch wenn das Kind einen Umweg gehen muss und dadurch zu spät kommt."
Der Schulweg fördert die Selbstständigkeit von Kindern. Trainieren Sie ihn gemeinsam und verzichten Sie darauf, Ihr Kind mit dem Auto in die Schule zu bringen.
Marion Seidenberger, ÖAMTC-Verkehrspsychologin
Manche Eltern setzen das Kind direkt mit dem Auto vor der Schule ab. "Elterntaxis stärken nicht die Verkehrssicherheit der Kinder. Wenn Schulkinder mit gutem Training alleine gehen, lernen sie Eigenverantwortung zu übernehmen", erklärt die Expertin.
Jugendliche, die bereits mit dem Fahrrad in die Schule fahren, sollten sich nicht ihre Ohren mit Kopfhörern zustöpseln. Auch wenn es keine ausdrückliche Rechtsvorschrift gibt, die das Musikhören mit Kopfhörern beim Radfahren verbietet, müssen auch sie ihre Umgebung akustisch wahrnehmen können.
20 Tipps für Eltern und Kids
Wir haben mit ÖAMTC-Expertin Marion Seidenberger 20 Tipps aufgelistet, damit der Weg zur Schule nicht nur Spaß macht, sondern auch sicher ist.
1. Trainieren. Bevor der Schulweg allein gemeistert werden kann, ist es wichtig, ihn zunächst gemeinsam mehrmals abzugehen. Dabei kann gut auf Gefahrensituationen wie etwa Lkw oder andere Fahrzeuge, die die Sicht versperren, hingewiesen werden. Zuletzt dem Schulkind die Führung überlassen und kontrollieren, ob es sich alles gemerkt hat.
2. Blickkontakt. Immer überprüfen, ob das Auto wirklich stehen bleibt. Dazu Augenkontakt mit den Lenkenden aufnehmen. Auch darauf achten, ob sich die Räder noch bewegen.
3. Augen auf. Richtig über die Straße gehen: Links-Rechts-Links schauen. Gezielt in beide Richtungen blicken. Oft bewegen Kids nur den Kopf, machen quasi einen "Headbanger", ohne wirklich zu sehen, was auf der Straße passiert.
4. Schutzweg. Kinder neigen oftmals dazu, etwas schräg über die Straße zu gehen. Den Zebrastreifen immer in der Mitte und nicht am Rand überqueren. So wird ihr Kind gut gesehen. Warten, bis Autos anhalten und nicht einfach über den Schutzweg laufen.
5. Perspektive. Kinder sind kleiner als Erwachsene. Gehen Sie beim ersten Mal am Schulweg in die Hocke, nehmen Sie die Perspektive des Kindes ein, so können Sie mögliche Gefahrenquellen besser erkennen.
6. Ohren auf. Keine Kopfhörer beim Radfahren/Gehen tragen! Die Umgebung muss akustisch wahrgenommen werden können. Helm nicht vergessen!
7. Eltern-Taxi. Auch wenn es praktisch ist, sollten Eltern ihre Kids nicht mit dem Auto bis vor die Schule bringen und so den Schulbereich blockieren. Oftmals wird in zweiter Reihe oder im Halteverbot geparkt, das führt zu Staubildung und/oder zu gefährlichen Situationen. Zudem ist es gefährlich, das Kind auf der Straßenseite aussteigen zu lassen.
Besser: Den Kindern auch Eigenverantwortung geben und sie, wenn möglich, zumindest ein Stück den Schulweg alleine meistern lassen. Sehen Kinder den Straßenverkehr nur als Passagiere, lernen sie nicht selbst aktiv mit Verkehrssituationen umzugehen und diese zu meistern.
8. Zusammen gehen. Geschwisterkinder gehen oft gemeinsam in die Schule. Dem älteren Kind sollte jedoch keinesfalls die alleinige Verantwortung für das jüngere übertragen werden, denn man darf nicht vergessen: Das Ältere ist ja selbst noch ein Kind. Der Sicherheitsgedanke setzt bei Kindern schnell aus. Es wird geblödelt, gestoßen, Handy gespielt. Daher mit den Kindern darüber sprechen und ihnen das richtige Verhalten bewusst machen.
9. Kein Stress. In der Früh rechtzeitig aufstehen und fertigmachen, zeitgerecht von daheim weggehen. Das hilft, Stress zu vermeiden, denn unter Stress passieren leichter Unfälle.
10. Roller & Co. Nicht am Roller oder Rad die Straße überqueren, sondern absteigen und schieben. Darauf hinweisen, dass immer nur ein Kind auf dem Fahrzeug fahren darf. Immer daran denken, einen Helm aufzusetzen. Achtung: Kinder dürfen erst mit acht Jahren allein mit dem Roller fahren bzw. ab 12 Jahren mit dem Rad. Ausnahme: Sie haben die Radfahrprüfung erfolgreich abgelegt, dann dürfen sie bereits mit 10 Jahren ohne Begleitung im Straßenverkehr Rad fahren.
11. Ampel. Rot ist Rot! Überqueren nur bei Grün. Hierbei ist auch die Vorbildfunktion der Eltern wichtig.
12. Handy. Weg mit dem Handy am Schulweg. Hier können die Eltern ihrem Sprössling zeigen, wie es geht, und selbst das Handy in der Tasche lassen. Generell gilt: Den Kindern nichts in die Hand geben, denn sie richten während des Gehens den Fokus auf den Gegenstand.
13. Konstruktiv sein. Keine Vorträge darüber, was alles gefährlich sein könnte. Gehen Sie mit Ihrem Kind den Schulweg gemeinsam und erklären Sie ihm mit positiven Worten, worauf es achtgeben soll.
14. Abholen. Eltern sollten nicht auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf ihre Kinder warten. Das Kind könnte blindlings auf sie zu laufen und nicht auf den Verkehr achten.
15. Mittelinsel. Bei Verkehrsinseln darauf achten, dass ab der zweiten Straßenhälfte das Auto von der anderen Seite kommt. Die Kinder darauf hinweisen.
16. Bushaltestelle. Die Straße nicht vor oder hinter dem Bus überqueren. Besser: Die Kinder sollten darauf warten, bis der Bus die Haltestelle verlassen hat und die Sicht wieder frei ist. Erst dann die Straße überqueren.
17. Sichtbarkeit. Gerade im Herbst sehr wichtig: Reflektoren an Schultasche und Kleidung sorgen für eine bessere Sichtbarkeit in der Dämmerung.
18. Angst am Schulweg. Muss Ihr Kind täglich an einem Haus mit einem bellenden Hund vorbeigehen oder dunkle Durchgänge passieren? Gibt es einen alternativen Weg für Ihr Kind? Gibt es eine Baustelle? Manche Empfindungen können wir als Erwachsene nicht wahrnehmen. Daher mit dem Kind über die Erlebnisse reden und, falls notwendig, den Weg anpassen.
19. Größer bedeutet nicht groß. Ist die Volksschule vorbei, ändert sich zumeist auch der Schulweg. Auch hierbei die "Großen" unterstützen, denn es gibt andere, wieder neue Gefahrenquellen. Sie benutzen mehrere Verkehrsmittel. Sprechen Sie auch hier das Verhalten durch und üben Sie gegebenenfalls den Weg.
20. Loslassen. Wenn Sie schließlich das Gefühl haben, das Kind kann den Weg alleine meistern, dann müssen auch Sie als Eltern loslassen und ihm das nötige Vertrauen entgegenbringen.
Mehr Infos zum Thema gibt's hier sowie hier.